Chinesische Mauer, 21. Jahrhundert

Die Xiling-Schlucht und der Fluß sind kein Ort wie jeder andere. Während wir stromaufwärts fahren, ziehen hohe Felsen an uns vorbei, auf denen ab und zu ein Tempelchen steht, und deren Gipfel im Nebelgrau verschwimmen. Dazu fällt sanfter Regen. Aber wir sitzen ja trocken und lassen im Speisesaal die Schluchtwände beschaulich an uns vorüberziehen.

P1080250Für den Vormittag steht ein fakultativer Ausflug auf dem Programm. Wer nicht teilnehmen will, muß auf dem Schiff bleiben, denn Unternehmungen auf eigene Faust sind in China nicht vorgesehen.

Der typische chinesische Tourist will geführt werden. Ziel des Ausflugs ist eine inszenierte Hochzeit, dieses überaus authentische Erlebnis schenken wir uns lieber und bewundern vom Schiff aus die in den Hang gebauten Rolltreppen, wohin sie auch führen mögen. Wahrscheinlich zu einem Tempel, der möglicherweise sogar echt ist.

Hauptattraktion des heutigen Tages ist natürlich der Drei-Schluchten-Damm. Ausgerüstet mit einer Bordkarte entern wir zusammen mit der anderen deutschen Gruppe einen Bus samt lokaler Reiseleitung und erleben, wie ein Chinese einem anderen Chinesen auf englisch das Staudammprojekt erklärt, damit der es für uns auf deutsch übersetzt. Sie hätten sich die doppelte Übersetzung eigentlich sparen können.

Überhaupt, diese Chinesen. Auf den Hügel zwischen dem Staudamm und der Schleusenanlage führt, man glaubt es kaum, eine Rolltreppe. Leute, die zum ersten Mal in ihrem Leben auf so einem Ding stehen, werden per Lautsprecher eingewiesen: rechts stehen, links gehen, am Handlauf festhalten statt an den Seitenwänden … und die Kinder vom Spielen abhalten. Die 10 Gebote des Rolltreppenfahrens. Wer sich dazu nicht in der Lage fühlt, möge das Personal um Hilfe bitten, es steht auch tatsächlich immer jemand bereit.

Lautsprecher sind überhaupt der große Schrei in China. Jeder Guide hat einen, wenn drei oder vier gleichzeitig ihre jeweilige Gruppe beschallen, bleibt einem nur noch die Flucht in ruhigere Gefilde.

Aber der große Damm ist und bleibt trotz allem eindrucksvoll, allein schon die beiden Schleusenstrecken überwinden in 5 Stufen jeweils über 100 Meter Höhendifferenz. Und als ob das nicht genügte, sprechen die Chinesen gerne von 175 Metern, die der Damm angeblich hoch sein soll. Tatsächlich ist das aber die Höhe über dem Meeresspiegel. Und vom Meer sind wir 2000 Kilometer entfernt, was die Chinesen nicht davon abhält, hier Schiffe hochzuschleusen, die mit über 100 Standard-Containern beladen sind. Wir haben sie nämlich nachgezählt. Die Container, nicht die Chinesen.

Bei der nächsten Schleusung sind wir selber an der Reihe. Die „MS Century Sun“ hat zwar keine Container an Bord, dafür aber rund 300 Passagiere.

Category: Allgemein, China 2014
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