Die Königin und ihr Geliebter haben zusammen den König vergiftet. Etwa zur gleichen Zeit verschwand der Sohn der Königin spurlos. Viele Jahre später tritt ein fremder Mann in Erscheinung, den die Königin sogleich ehelichen will. Opernfreunde ahnen sicher, welches Problem die beiden schon bald haben werden, aber man will ja nicht vorgreifen. Die Oper heißt Semiramide, dauert gut vier Stunden und ist von Rossini.
Das Teatro della Fenice, also Phönix, liegt so nah beim Hotel, daß wir die Pause – für uns ein Novum – quasi „zuhause“ verbringen können. Es ist nach einem verheerenden Brand in den 1990er Jahren wieder auferstanden, hieß aber auch schon vorher so. Ausgerechnet in Venedig hatte die Feuerwehr damals kein Löschwasser und kam mit den Löschbooten auch nicht an die Brandstelle, denn der Kanal nebenan war wegen Bauarbeiten trockengelegt.
Heute morgen besuchten wir die Tintoretto-Ausstellung im Dogenpalast. Mit einem Kombiticket kann man beides sehen, den Palast und die deutlich preiswertere Sonderausstellung. Zum Eingang der letzteren wird man erst einmal durch den ganzen Palast geführt, treppauf und durch herrliche Prunkräume, dann wieder treppab, noch einmal hinauf, und am Ende muß man auch noch über eine Absperrung klettern. Oder aber, man folgt von Anfang an dem richtigen Wegweiser. Dann hätten wir aber den Palast nicht versehentlich kostenlos besichtigt und auch nicht das große, die venezianischen Kirchen deutlich überragende Kreuzfahrtschiff vor den Fenstern vorbeiziehen sehen.
Tintoretto hat die figürliche Kunst eines Michelangelo mit der Farbgewalt eines Tizian kombiniert und auf diese Weise der Nachwelt eindrucksvolle Gemälde, bevorzugt solche mit mehr oder weniger spärlich bekleideten jungen Damen, hinterlassen.
Als wir wieder ind Freie treten, steht der Markusplatz unter Wasser. Nicht hoch zwar, aber man muß, um sich keine nassen Füße zu holen, außen herum unter den Arkaden entlang laufen. Den Weg zum Hotel kennen wir ja nun schon, und ebenso den Standort des Pizzabäckers, dessen Stücke doppelt so groß sind wie die bei San Marco, dafür aber nur die Hälfte kosten.
Wir erleben Venedig so, wie es kein Tagestourist sieht: morgens in nebliger Stimmung, und abends sind wir mit nur wenigen Schritten weg vom Trubel, der jetzt im Spätherbst ohnehin erträglicher sein dürfte als im Sommer.