Die heutige Tour führt uns in den Norden von Lanzarote. Da waren wir zwar schon, aber quasi nur auf Meereshöhe. Man kann dort aber auch unter die Erde steigen, und zwar in die „Cueva de los Verdes”. Das sind natürliche Tunnel, die entstanden sind, als der Lavastrom an der Oberfläche bereits erkaltet war, während weiter unten immer noch glutflüssiges Magma strömte.
Zuerst einmal werden wir wie bei jeder Tour am Hotel abgeholt. Der Bus mit der Nummer 419, den wir schon von der Vulkantour kennen, trifft auch pünktlich ein, aber der Fahrer bleibt seelenruhig im geschlossenen Bus hinter dem Steuer sitzen und beschäftigt sich mit seinem Smartphone. Eigentlich ist die Abfahrtszeit bereits überschritten, als jemand den Gehweg entlang kommt, den wir bereits kennen: es ist Bernardo, unser Tourguide von vorvorgestern. Alles ist gut und der Tourguide einer von der Sorte, die man sich wünscht.
Das Einsammeln dauert wieder eine gewisse Zeit, und die letzten Fahrgäste, eine junge Frau und ihr fünfjähriger Sohn, wollen erst einmal aufgespürt werden. Dann aber geht es schnurstracks zum ersten Ziel, dem Roten Haus am Ortsausgang von Arrieta. Ein wohlhabender Bürger hat es vor rund hundert Jahren für seine an Schwindsucht leidende Tochter Juanita erbauen lassen, damit die frische Seeluft ihr Leiden lindern hilft. Das einem Puppenhaus gleichende Gebilde ist nur von außen zu besichtigen, die frische Luft gibt es gratis dazu. Wenig später treffen wir bei den Grotten ein.
Der erste Höhlenraum wird noch vom Tageslicht erhellt. Dann aber führen enge Treppen weiter hinab in die Tiefe. Für Menschen mit Klaustrophobie ist dieser Ausflug definitiv ungeeignet. Der zweiten, dezent beleuchteten Höhle folgt nach einer nur gebückt zu bewältigenden Passage eine dritte, und so geht es noch eine ganze Zeit weiter, bis wir in den Konzertsaal gelangen. Hier gibt es eine Bühne mit einem Klavier, von dem man sich fragt, wie es wohl hierher heruntergebracht wurde, 50 Meter unter der Erde, und eine beträchtliche Anzahl von Stuhlreihen. Die Tropfsteine aus erkalteter Lava, die überall von der Decke hängen und die Köpfe unvorsichtiger Besucher gefährden, sorgen für eine phantastische Akustik. Hier möchte man Klassik oder Folklore hören.
Dem Abstieg folgt ein ebenso enger Aufstieg, der auf halbem Weg mit einer Überraschung aufwarten kann. Welcher Art diese Überraschung ist, soll aber nicht verraten werden.
Eigentlich stünde nun die andere Lavahöhle auf dem Programm, ein gutes Stück näher am Meer und zum selben Stollen gehörig, denn er ist 7 Kilometer lang, wovon aber nur etwa ein Kilometer erschlossen ist. Auf dem Parkplatz steht aber bereits eine bunte Reihe von Tourbussen, und vor dem Eingang hat sich eine lange Warteschlange gebildet. Das läßt eine Planänderung angebracht erscheinen: das Mittagessen im Tal der 1000 Palmen wird zeitlich vorgezogen und die „James del Agua” auf den hoffentlich ruhigeren Nachmittag verschoben.
Der lanzarotinische Wirt hat ein Büffet für uns vorbereitet, so dass niemand lange warten muss und wir nach dem Essen noch auf eigene Faust eine Runde durch den malerischen Ort mit seinen vielen Palmen und den engen Gassen wagen können, denn es gibt hier mit dem „Palmenhaus” ein weiteres lohnendes Manrique-Museum. Für einen Besuch ist die Zeit zu knapp, aber einen Blick auf das Auto des Künstlers erhaschen wir gerade noch, ehe die Uhr zur Umkehr in Richtung Bus ermahnt.
Derselbe Künstler hat einen Aussichtspunkt oben auf dem Bergrücken mit einem bemerkenswerten Restaurant ausgestattet, dem „Mirador del Rio”. Mit Rio ist die Meerenge zwischen Lanzarote und der vorgelagerten Insel La Graziosa gemeint, die wir Anfang der Woche besucht haben. Im gesamten Gebäude mit seinen breiten Panoramafenstern und den vielen Kunstwerken gibt es keinen einzigen rechten Winkel und keine einzige gerade Kante. Sogar die Treppenstufen hinauf zur Aussichtsplattform haben unregelmäßige Formen.
Die Landschaft hier oben mag zwar karg sein, die Landbevölkerung schafft es aber trotzdem, dem trockenen Boden Mais und ähnliche Nutzpflanzen abzutrotzen. Oder auch Aloe Vera, wie uns ein Stück weiter unten so verkaufstüchtig erläutert wird, dass sich die ersten Mitreisenden schon fragen, wann denn wohl die heute besonders günstigen Heizdecken hervorgeholt werden.
Beim nunmehr zweiten Anlauf auf die „James del Agua” zeigt sich der Busparkplatz erfreulich leer, und wir lernen die einzigartigen Bewohner des natürlichen Wasserbeckens in der Grotte kennen. Es handelt sich um blasshäutige und völlig blinde kleine Krebse, die nur hier vorkommen und sehr empfindlich sind. Ihretwegen dürfen auch keine Münzen, deren Metall mit dem Wasser giftige Verbindungen bilden könnte, ins Wasser geworfen werden. Der Tourleiter empfiehlt, stattdessen Scheckkarten zu werfen.
Die Grotte samt krebshaltigem Wasser ist Teil eines einzigartigen Restaurants, das – wie sollte es auch anders sein – auf César Manrique zurückgeht. Deshalb gibt es auch hier wieder einen unregelmäßig geformten und von allerlei Steinen und Gewächsen umgebenen Swimming Pool.
Viel zu schnell endet unsere vorerst letzte Ausflugstour mit der Verteilung der Mitreisenden auf ihre jeweiligen Hotels. Wir sind als letzte an der Reihe. Schon morgen werden wir wieder im Flieger nach München sitzen.