Martinique und der Mt. Pelee

Als Kind habe ich in einem von Papas Büchern die Geschichte von einem Vulkanausbruch gelesen, der eine ganze Stadt vernichtete und alle Einwohner tötete bis auf einen, der gerade im Gefängnis in einer Einzelzelle saß. Auf dieser Insel sind wir jetzt, sie heißt Martinique, der zerstörerische Vulkan ist der Mont Pelée, und er sieht eigentlich ganz friedlich aus, denn die dicke weiße Wolke über dem Gipfel ist nur eine gewöhnliche Quellwolke, von der keine Gefahr ausgeht.

Im Mai 1902 war das vollkommen anders. An diesem Tag wälzte sich eine Glutwolke vom Berg herab und zerstörte  alles, was ihr in die Quere kam. Die Stadt St. Pierre ist längst wieder aufgebaut, aber einige Ruinen kann man noch heute besichtigen. Von der Hauptstraße aus steigen wir hinauf zum ehemaligen Theater, von dem nur noch die Mauerreste der untersten Etage stehen. Im Inneren kann man noch den Orchestergraben ausmachen und dahinter den Kulissenkeller. Und auch vom bewußten Gefängnis existiert noch jener Kellerraum, der dem Gefangenen damals zum Überleben verhalf.

In einem kleinen Museum ganz in der Nähe des Theaters ist das alles dokumentiert, ein Besuch ist allerdings nicht vorgesehen, obwohl er in der MSC-Tourbeschreibung steht. Wir werden uns wohl beschweren müssen.

Wenn man von dem berühmten schiffsförmigen Haus des Dichters Bellefontaine (?) absieht, auf das wir aber nur im Vorbeifahren einen Blick erhaschen können, ist die vom Vulkan zerstörte Stadt die letzte Station des heutigen Ausflugs. Vorher besichtigten wir eine Rum-Distillery, und noch vorher erlebten wir auf einer Fahrt über schmale und kurvenreiche Straßen durch die gebirgige Inselmitte den natürlichen Bergregenwald in seiner ganzen Pracht, mit Palmen und Baumfarnen, Bromelien und Lianen, und das alles so dicht an dicht, dass ein Durchkommen völlig unmöglich wäre.

Die Distillery ist eigentlich ein Sammelsurium alter Großgerätschaften, deren Funktion im Brennprozeß aber unklar bleibt. Ob und wie hier heute noch Rum gebrannt wird, erschließt sich uns nicht so recht. Am Ende des Weges steht jedenfalls die Verkostung, und es werden Proben von drei verschiedenen Verkaufsprodukten gereicht. Erfreulicherweise zeigt sich der nahe Mont Pelée inzwischen ohne seine Wolkenmütze, wenn auch immer nur kurzzeitig.

Auch der erste Stopp heute morgen will noch erwähnt sein: wir besichtigten eine Kirche auf einem Hügel, die nach dem Vorbild von Sacre Cœur in Paris erbaut wurde. Von draußen hat man einen faszinierenden Tiefblick auf die Stadt, drinnen steht in einer seitlichen Nische eine Weihnachtskrippe ohne Jesuskind. Ken Wunder, steht seine Geburt ja auch erst noch bevor. Ochs und Esel sowie ein paar Schafe sind allerdings schon da.

Unser House Keeper, der zweimal täglich unsere Kabine in Ordnung bringt, ist ein gewissenhafter dunkelhäutiger Mann, dessen Philosophie es ist, den Gästen einen möglichst angenehmen Aufenthalt zu bereiten, schließlich hätten sie ja den weiten Weg um den halben Erdball auf sich genommen, um hier seine Heimat kennenzulernen. Ich finde, er hat recht.

Ins Schiffstheater dürfen wir heute nicht mehr, weil wir die Show bereits gestern gesehen haben. Aber wir dürfen uns an der Seaside Bar einen Cocktail genehmigen: für Thea einen Mojito, eine Piñacolada für mich. Aber der Mojito schmeckt heute seltsam, denn statt mit frischen Minzeblättern ist er mit getrockneten zubereitet, die im Glas zerbröseln. Die Bar habe heute keine frische Minze zugeteilt bekommen, heißt es. Kein Wunder, stand doch ein Gericht mit frischen Minzeblättern auf der Speisekarte des Abendrestaurants.

Das Restaurant verfügt über Speisekarten in jeder der sechs Bordsprachen: englisch, französisch, italienisch, spanisch, portugiesisch und deutsch. Das ist bequem, aber wenn man um der besseren Verständigung willen dem Kellner seinen Bestellwunsch auf englisch vortragen will, muss man die Namen der Gerichte und Getränke ja ohnehin wissen.

Heute morgen mussten wir auf dem Weg zum Tourbus einen sonderbaren Umweg laufen: wir hatten nämlich auf der Suche nach einem Fleck mit gutem Handyempfang – man telefoniert und surft hier zu denselben Konditionen wie in Frankreich – eine Zone außerhalb des Sicherheitsbereiches betreten und mussten nun auf dem Rückweg die ganze Sicherheitskontrolle samt Gepäckdurchleuchtung und Metalldedektor durchlaufen, ehe wir aus eben diesem Bereich ein zweites Mal auf den Vorplatz hinaustreten durften, wo wir kurz vorher schon einmal die Reiseleiterin getroffen hatten.

Bei der Rückkehr zum Schiff gestaltete sich die Kontrolle sogar noch aufwendiger, und ich musste sogar meine Armbanduhr ablegen.

Category: Allgemein, Karibik 2023
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