Auf die Deutsche Bahn ist Verlaß: irgend etwas geht immer schief. Dabei fing alles recht gut an heute morgen, der Zug war, als wir ans Gleis 5 kamen, soeben eingelaufen, die erste Etappe nach Augsburg startete pünktlich und verlief angenehm, und auch den Anschlußzug nach Oberstdorf erreichten wir wie geplant. Zwar gab es Gerüchte, dass wegen einer Weichenstörung an der eingleisigen letzten Etappe nur jeder zweite Zug bis Oberstdorf durchfahren könne, in einem solchen wähnten wir uns aber, denn auf dem Kopfdisplay des Zuges stand „RE17 Oberstdorf”, und auch die DB App wies lediglich eine Verspätung von wenigen Minuten für die letzten drei Halte auf, ein bei der DB völlig normaler Zustand also.
Die Wende kam, als wir uns Immenstadt näherten und Heerscharen von jungen Leuten unser Abteil stürmten, um sich in nunmehr drangvoller Enge lautstark fürs Sonthofener Malle-Volksfest in Bierlaune zu trinken. Die schon länger im Abteil sitzenden mussten mitsamt Gepäck ganz eng zusammenrücken. Für die Fahrgäste nach Oberstdorf sei ab Sonthofen ein SEV (Schienenersatzverkehr) eingerichtet, war trotz des Lautstärkepegels herauszuhören und wurde vom Zugbegleiter auch nochmal bestätigt. Wahlweise stünde aber auch ab Fischen, der temporären Endstation des Zuges, ein Ersatzbus zur Verfügung. Und so stand es ja auch in der Bahn-App: Fischen SEV ab 14.45 Uhr.
Dieser Plan sagte uns zu, also blieben wir bis Fischen im Zug, der jedoch durch das mehrfache Warten auf Gegenzüge die Zeitreserve bis zur Abfahrt des Ersatzbusses mehr und mehr aufzehrte. Ob der Bus wohl auf den Anschluß, für den er vorgesehen war, warten würde? In Fischen, es war inzwischen 14.46 Uhr, war jedenfalls weit und breit nicht die Spur eines SEV zu sehen, jedoch traf wenig später der reguläre Linienbus ein. Ob er denn nach Oberstdorf fahre? Schon, allerdings über den langen Weg. Die 44 ist nämlich, muss man wissen, eine Ringlinie. Lieber aber einen Umweg fahren als eine halbe Stunde an der Haltestelle herumstehen, dachten wir uns, und kamen folglich in den Genuß einer Rundfahrt über Bolsterlang, Aumühle, Obermaiselstein und den Eingang zur Breitachklamm, ehe wir schließlich fast zeitgleich mit dem in Gegenrichtung zirkulierenden 44er am Bahnhof Oberstdorf eintrafen. 10 Minuten später erreichten wir dann endlich samt Koffern unser temporäres Quartier in der Gartenstraße 18.
Das Haus Hindelang erwies sich als ein sehr angenehmes Quartier mit einer geräumigen und gut ausgestatteten Ferienwohnung, in der wir uns nun bereits recht gemütlich eingerichtet haben, nicht ohne vorher noch dem laufnahen Supermarkt und der ebenfalls nahen Eisdiele je einen Besuch abgestattet zu haben.
Was tut man an so einem Abend? Man probiert den Fernseher aus. Dieser hier ist ein gutes Gerät, denn er hat eine Oper im Programm: „Der Freischütz” von Carl Maria von Weber, unterhaltsam präsentiert von der Bregenzer Seebühne. Deren Darsteller standen zwar knietief im Wasser, aber das war sicher alles beabsichtigt, und sie schienen sich auch nicht vor den schauerlichen Skeletten zu gruseln, die im zweiten Akt der nassen Tiefe entstiegen