Hängepartie

Erneut passieren wir, diesmal in östlicher Richtung, jenes Meer, das früher einmal Golf von Mexiko hieß und jetzt bekanntlich Golf von Amerika genannt werden soll. Dabei ist eigentlich keines von beiden richtig, denn ein Mexiko in derselben Aussprache wie beim Taxi – also Meksiko oder Taksi – gibt es nicht: hierzulande spricht man von Mechiko. Und Golf von Amerika ist im Grunde genommen auch unsinnig, denn welches Amerika soll damit gemeint sein? Etwa die USA? Oder ganz Amerika einschließlich Mittel und Süd? Dann wäre ja auch das Karibische Meer ein Golf von Amerika, und ein viel größerer noch dazu.

A propos Taxi: wir treffen zufällig die New Yorkerin wieder, der wir immer noch 20 Dollar fürs Taxi schulden, und berichten ihr von unseren bisher vergeblichen Versuchen, an Bargeld zu kommen. Was wir hätten tun können ist: einen Hunderter abheben und an der Kasse des Casinos wechseln lassen. Das muss einem aber ja gesagt werden, die Servicekräfte an den MSC-Schaltern jedenfalls wußten es nicht. Nun, sie nimmt unser Bemühen erfreut zur Kenntnis und schenkt uns die 20 Dollar.

Auf dem Schiff gibt es ganz oben einen Klettergarten, sie nennen ihn „Adventure Trail“. Man muss, bevor man sich an den abenteuerlichen Brücken und Seilen in schwindelnder Höhe versuchen darf, vorab einen „Waiver“ unterschreiben, also einen Haftungsausschluss. Zwei freundliche Servicekräfte helfen einem anschließend in einen Klettergürtel, das heißt sie zeigen einem kurz, wie man das Ungetüm anlegt, und ziehen, wenn man es so weit richtig gemacht hat („Don‘t mess it up!“), die Gurte auf allen Seiten schön fest, so dass man das Probehängen mit angehobenen Beinen schadlos übersteht. Das Sicherungsseil läuft oben in einer Schiene und muss, wenn man sich für eine bestimmte Strecke entschieden hat, einfach nur in den zugehörigen Schlitz weitergeschoben werden. Ich entscheide mich erst einmal für eine eher harmlose Brücke mit Holzpanelen und beiderseitigem Handlauf: Klettersteig für Rentner. Dann werde ich mutiger und passiere die Hängebrücke ohne Handlauf. Zu meiner Verblüffung fällt mir das sogar leichter als wenn ich mich hätte festhalten können. Natürlich hat man über sich immer noch seine Sicherungsleine, aber die ist ja nur für den Fall eines Falles – und das im Wortsinn – gedacht und nicht zum Festhalten. Erleichtert stehe ich nun also auf der Plattform sieben und frage mich, warum auf die 1 nicht die 2 folgt? Tut sie ja auch, aber das wäre die andere Richtung gewesen. Es gibt nämlich eine Reihenfolge. Sei‘s drum, jetzt die Seilbrücke! Ich setze meine Füße auf das Seil, aber das gefällt dem Seil nicht. Und so führen wir beide einen seltsamen Tanz auf, den ich schließlich mit einem mutigen Rückwärtsschritt und mit der Erkenntnis beende: ein fester Tritt, und sei er noch so klein und ausgesetzt, stellt für mich kein Problem dar, ein schwingendes Seil hingegen schon. Es gibt aber noch eine dritte Variante, nämlich frei hängend an einer Schiene mit leichtem Gefälle, so dass man ganz ohne Anstrengung die gegenüber liegende Plattform erreicht. Huiii, was für eine Fahrt! Und das auch noch, völlig unbeabsichtigt, mit dem Rücken voraus! Aber wie geht es von hier jetzt weiter? In alle Richtungen gibt es ausschließlich nur noch Seilbrücken. Nun, es hilft nichts, ich muss es wagen, wenn ich nicht den Rest meines Lebens hier oben verbringen will. Und siehe da, es klappt. Mutig erklimme ich jetzt die zweite Etage: noch ausgesetzter, noch kleinere Standflächen, noch weniger Möglichkeiten sich festzuhalten. Vor der Brücke, die nur noch aus einem dicken Tau besteht und sonst nichts, kapituliere ich schließlich, passiere zum Abschluss noch zweimal die obere Hängepartie und beende sodann mein Abenteuer.

Category: Allgemein, MSC 2025
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