Unsere Landeshauptstadt München verfügt nicht nur über ein attraktives kulturelles Angebot, sondern auch über einen hervorragenden Nahverkehr, der allerdings einen großen Nachteil hat: nach dem Ende der Vorstellung erreicht man den letzten Regionalzug zurück nach Nürnberg nicht mehr. Da man andererseits aber ja auch nicht mit dem Auto ins Stadtzentrum fahren will, steigt man idealerweise in eine U-Bahn um, die einen vom nördlichen Stadtrand direkt bis vor das gewünschte Ziel bringt. Für das Gärtnerplatztheater wäre das die U2, die in Feldmoching ihre nördliche Endstation hat. Man könnte sich dann, so man wollte, tagsüber auch noch der einen oder anderen Attraktion von Schleißheim widmen und hätte somit ein optimales Tagesprogramm.
Allerdings wollen wir tags drauf auch noch in den Ammergau, um im Graswangtal die frisch restaurierte und vor kurzem neu eröffnete Venusgrotte von Schloss Linderhof zu besuchen. Hierfür sucht man sich dann doch besser eine Operationsbasis im Süden von München, um von dort möglichst frühzeitig beim Schloss Linderhof einzutreffen, in dessen Park sich die Grotte befindet. Schön und gut, aber dann entfiele ja Schleißheim?! Samt Flugwerft und Schloss! Das kommt natürlich nicht in Frage, und so lautet der Plan schließlich: von Schleißheim mit dem Auto zum Motel One Campus München, abends dann mit der U1 zum Gärtnerplatz und nach der Vorstellung wieder zurück, am nächsten Morgen per Auto nach Linderhof und ebenfalls wieder zurück, am dritten Tag schließlich das Auto an der U2 parken, mit dieser und der U5 zum Verkehrszentrum und wieder zurück zum Auto und nach Schleißheim, um dort in angenehmer Nähe zur heimwärts führenden Autobahn das Besichtigungsprogramm abzuschließen. Kompliziert? Mitnichten.

Die kleine Straße zu Flugwerft in Schleißheim unterquert zunächst zwei Torbögen, die Teil des Alten Schlosses sind, und endet an einem Parkplatz, auf dem nur gerade eine Handvoll Autos steht. Es ist ein heißer Sommertag, der erste in diesem Jahr, und wir sind froh, noch einen Parkplatz im Schatten zu ergattern. In der Flugwerft, einer Außenstelle des Deutschen Museums München, ist heute ausgesprochen wenig Publikumsverkehr. Die Verwaltung hat die Halle gut aufgeräumt, der rote Fokker-Dreidecker und seine insgesamt 6 Tragflächen stehen alle ordentlich nebeneinander. Am Flugsimulator hängt ein Schild „außer Betrieb“. Es scheint in dieser ersten Halle um die Pionierzeit der Fliegerei zu gehen, mit allerlei Schulungsflugzeugen wie der Udet Flamingo oder der Etrich-Rumpler Taube, dem rumpflosen Nurflügel-Segelflugzeug Horten IV, bei dem der Pilot bäuchlings im Mittelsegment unterkam, und einem Fluggerät der Gebrüder Wright, das auf den ersten Blick seltsam asymmetrisch aussieht: warum hat man den Motor denn nicht mittig plaziert? Nun, so ein Flugzeug braucht ja auch einen Piloten, und schon stimmte die Masseverteilung wieder.
Der deutlich größere Teil der Ausstellung befindet sich im Hangar, den man über ein Verbindungsgebäude mit allerlei Kleinexponaten, vorwiegend Modelle, erreicht. Hier drüben stehen so wuchtige Maschinen wie die als Berliner Rosinenbomber bekannte DC-3 oder die Heinkel He 111, aber auch Hubschrauber aller Art, der berühmte Senkrechtstarter DO-31, das Experimentalflugzeug VFW ATTAS mit der ungewohnten Anordnung der Strahltriebwerke über den Tragflächen statt darunter, einige Hubschraubern wie die Bo 105 und am hinteren Ende der Halle eine Versammlung von Kampfjets wie Starfighter oder Alphajet. Bei der großen alu-verkleideten Walze mit den vier gigantischen Trichtern am einen Ende handelt es sich um die erste Stufe der letzten gebauten Europarakete F15, die dann aber nicht mehr zum Einsatz kam. Und auch die zweite Stufe hat ihren Weg hierher in die Halle gefunden. Das größte Exponat des Museums aber steht draußen auf der Freifläche: es ist eine olivgrüne Transall, also ein Militärtransporter.
Schade, dass das Museum über keinerlei Gastronomie verfügt, aber drüben beim Parkplatz hatten wir den Aushang einer Pizzeria gesehen. Sie befindet sich nur hundert Schritte entfernt und lockt mit schattigen Tischen und freundlicher Bedienung. Vom Flugzeugbesichtigen schon etwas ermattet, ordern wir je eine Pizza, ehe wir schließlich zu unserem Hotel aufbrechen.
Wie immer, wenn man mit dem Auto anreist, stellt sich die Frage: wo parken? Das Motel One preist natürlich seine Tiefgarage an, aber der Parkschein oben an der Straße, wo das Auto jetzt steht, ist um ganze vier Euro günstiger. Man kann den Apparat mit Münzgeld füttern, aber wer trägt schon 11 Euro in klein mit sich herum? Scheine nimmt er nicht, Karten auch nicht. Man kann ihm auch keine SMS mit der Autonummer und der gewünschten Parkzeit schicken. Und so bleibt nur noch die Möglichkeit, die zugehörige App herunterzuladen – und sich darin erst einmal zu registrieren. Eingeweihte ahnen schon, was jetzt passiert: man vergibt einen Benutzernamen und ein Passwort, muss dann auf einer zweiten Seite weitere Daten über sich preisgeben und ebenso auf einer dritten. Adresse, Geburtsdatum, Handynummer, Schuhgröße – inwiefern bitte ist das alles fürs Parken relevant? Und bin ich jetzt fertig? Nein, jetzt muss noch das Auto registriert werden. Und jetzt? Zahlungsdaten! Natürlich, die App muss das Geld ja von irgendwo einziehen. Also Visa-Karte herauskramen und alles eingeben, samt Karteninhaber, Ablaufdatum und Prüfziffer. Abgelehnt! Habe ich mich vertippt, oder hakt es technisch wieder mal irgendwo? Aha, es wird auch Lastschrift angeboten, sprich: Kontoinhaber und IBAN, also jene 18 Ziffern, für die man eigentlich drei Hände bräuchte, um sie ins Smartphone zu übertragen. Jetzt fertig? Nein, ein Fehler ist aufgetreten. Wahrscheinlich hat das alles viel zu lange gedauert, und ich stehe ja auch schon seit einer Viertelstunde quasi illegal auf dem Parkplatz. Aber dann funktioniert es plötzlich doch, ich kann den Bezahlvorgang starten und habe nun Ruhe bis morgen früh um 9 Uhr. Zudem können wir jetzt überall in München, wo diese Automaten stehen, das Parken direkt vom Auto aus per Knopfdruck starten. Wir werden darauf zurückkommen.

Wie kommen wir denn nun von hier zum Gärtnerplatz? Der übrigens nicht so heißt, weil er so schön mit Blumenrabatten gestaltet ist, sondern weil damit der Architekt Friedrich von Gärtner geehrt werden soll, Erbauer des Aschaffenburger Pompejianums und der Kelheimer Befreiungshalle. Wie dem auch sei, es ist ein wunderschönes Theater und eine ebenso schöne Operette, wie bei Johann Strauss nicht anders zu erwarten war. Vorher aber müssen wir anhand der Reihen- und Platznummer unsere Stühle finden. Nur beginnt die zweite Reihe nicht mit 18 und 20 wie die dritte, sondern mit 26 und 28, und ein Stück weiter rechts wären ja schon im Bereich von Tür 2. Die Saaldienerin verweist uns auf die Reihe 3, wir lehnen natürlich ab. Des Rätsels Lösung ist, dass die zweite Reihe über deutlich mehr Plätze verfügt als die dritte, daher die Diskrepanz. Und wer sitzt nun genau zwischen uns auf der 19? Niemand, denn genau wie bei den Hausnummern gibt es rechts nur gerade und links nur ungerade Zahlen.
Ob Johann Strauss es so geplant hatte, dass seine Waldmeisterbowle-Besoffenen sich im dritten Akt, spärlich bekleidet, erotisch so nah kommen wie gezeigt? Nun, wie sagte doch der bekannte Juror eines RTL-Tanzwettbewerbs so schön: dran ist nicht drin. Zum Abschluß gab es viel Applaus, denn es war wirklich eine sehr gelungene Aufführung.
Bei der Rückfahrt zum Hotel heißt es aufpassen, denn von der Fraunhoferstraße gehen mehrere Linien ab, von denen nur die U1 den Ast befährt, an dem auch unser Ziel liegt: der Wettersteinplatz.