Das Tor zum Donaudelta

Hatten wir gestern noch etwas Streß mit der völlig unterdimensionierten und technisch wackeligen Kaffeemaschine am Frühstücksbuffet, ging es heute deutlich entspannter zu. Leider bietet die Fahrtstrecke nach Tulcea, dem „Tor zum Donaudelta“, außer schier endlosen Straßendörfern nur wenig Abwechslung. Ein Höhepunkt ist freilich die Überquerung der Donau auf der brandneuen Hängebrücke bei Brăila: noch vor ein paar Monaten hätte man hier die Autofähre nehmen müssen. Weil das Projekt von der EU finanziert wurde, ist die Benutzung erst einmal fünf Jahre lang mautfrei, aber die noch leeren Kassenhäuschen stehen bereits.

Dass die Donau auf ihrem Weg ins Delta ein gutes Stück weit nach Norden fließt, liegt am Herzynischen Gebirge, das geologisch älter ist als die Alpen und nur noch wenige hundert Meter hoch. Schon bald erreichen wir aber das Städtchen Tulcea mit dem Delta Hotel, von dem aus wir morgen per Schiff ins Donaudelta starten werden.

Vorher interessiert uns aber noch die sehenswerte Kirche der Lipowaner: Angehörige einer russischen Minderheit, die hier vor langer Zeit als Glaubensflüchtlinge untergekommen sind. Leider hatten wir vorhin nicht das Glück, uns nach dem Weg dorthin erkundigen zu können, und so sind wir auf das Ergebnis einer Recherche im Internet angewiesen. Es stimmt auch alles: Bild, Name der Kirche, Kartenpunkt. Etwa eine Viertelstunde haben wir zu laufen. Allerdings erwartet uns am Ziel nicht etwa die erwartete, in blau und weiß gedeckte Kathedrale, sondern ein ziemlich unscheinbares Gebäude, das nur an einem orthodoxen Kreuz als Kirchlein zu erkennen ist: das war ja wohl ein Schuß in den Ofen!

Und jetzt geht auf dem Smartphone auch noch ein schriller Alarmton los, verbunden mit der Aufforderung auf dem Display, sofort einen Schutzraum aufzusuchen oder sich zumindest in ein Gebäude zu begeben. Muß man das ernst nehmen? Greift Russland etwa die NATO an? Die Menschen ringsum gehen weiter ihren Geschäften nach, also laufen wir etwas angespannt und mit gelegentlichem Blick nach oben zum Hotel zurück. Dergleichen haben wir hier öfter, sagt Mihal, das hat mit dem Ukrainekrieg zu tun.

Wollen wir nach dem Abendessen noch ein wenig am Ufer der Donau promenieren? Eigentlich haben wir den besten Blick doch vom Balkon aus! Und wo kommt eigentlich die schöne Klaviermusik her? Wir machen als Schallquelle blau-gelb-rot beleuchtete Wasserspiele aus und lauschen dem ganzen mehrere Minuten lang, bis das Programm schließlich mit dem Donauwalzer endet – wie passend!

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