Der Weg zum warmen Wasser führt über das kalte. So könnte das Motto einer Atlantik-Schiffslinie lauten, es trifft aber auch auf die Duscharmaturen des Hyatt Hotels in Miami zu. Was hier nämlich auf den ersten Blick wie ein üblicher Zwei-Wege-Hebel aussieht, kennt ähnlich einem Uhrzeiger nur eine Drehrichtung: von der 6 (geschlossen) über die 3 (kalt) zur 9 (warm), eine Mengenregelung gibt es nicht.
Das Hotel hat seine besten Jahre bereits hinter sich, wie unschwer an den verschlissenen Sitzmöbeln des Frühstücksraumes zu erkennen ist. Aber es ist alles sehr sauber. Gegessen wird mit Einwegbesteck von Einwegtellern, und auch die Speisenauswahl ist alles andere als üppig. Aber es schmeckt, und das ist ja die Hauptsache. Bevor wir das Hotel verlassen, brauchen wir noch kurz die Hilfe des Rezeptionisten, denn wir müssen unsere papierenen MSC-Kofferbänder an die Koffer heften. Was heißt Kofferanhänger auf englisch? Suitcase Trailer! Und die Heftklammern heißen Staples.
Wer sich zu einem Flughafen bringen läßt, will in der Regel irgendwohin wegfliegen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: unser Ziel ist heute der Meeting Point für den Transfer zum MSC-Terminal. Aber wo sich dieser Treffpunkt befindet, wissen wir selber noch nicht so genau. Wie soll man da einem Uber-Fahrer ein Ziel vorgeben? Die App schlägt diverse Airlines vor, wir wählen einfach diejenige, die vom Terminal D fliegt, wo wir uns am Carousel #25 melden sollen.
Erfahrungsgemäß sind Uber-Fahrer nicht sonderlich erfreut, wenn der abreisende Gast auf eine andere Ebene gebracht werden will als der nachfolgende Fahrgast abgeholt. Sie müssen dann nämlich eine zeitraubende Ehrenrunde um den ganzen Flughafen drehen. Und so stehen wir wenig später vor den Abflugschaltern der American Airlines. Was meint die MSC denn nun mit Carousel #25? Zum Glück sind die meisten Amerikaner sehr hilfsbereit, und man schickt uns eine Ebene nach unten, zu den Kofferbändern. Ach so, die sind gemeint! Tatsächlich wartet gegenüber von Band 25 die MSC-Truppe auf ihre Transfergäste.
Zum Hafen dauert es mit dem Bus etwa eine halbe Stunde, mit dem ganzen Drumherum eine Stunde. Die Stadt scheint auf den ersten Blick nur aus Wolkenkratzern zu bestehen, zwischen denen vielspurige Highways verlaufen. Und sollten die letzteren nicht mehr ausreichen, baut man einfach eine zweite Ebene über die erste. Auf den zweiten Blick sehen wir aber auch viele kleine Häuser mit Gärten, die von einer weniger verbauten Epoche künden.
Das Kreuzfahrt-Terminal wurde eigens für die MSC World America gebaut und ist den gewaltigen Dimensionen des Schiffes angemessen. Unsere Boarding Time wäre eigentlich erst um 16 Uhr gewesen, aber wir dürfen auch um 11 Uhr schon aufs Schiff. Natürlich ist die Kabine 11532 noch nicht fertig, so dass wir erst einmal die verschiedenen Decks erkunden. Die Koffer haben wir beim Bus zurückgelassen, sie werden vom Personal an die jeweilige Kabinentür gebracht. Wie wir nun aber so das Schiff durchstreifen, sehen wir mit einem Mal irgendwo unsere beiden Koffer stehen. Die nehmen wir doch gleich mit! Der zuständige Steward wundert sich vermutlich noch immer, warum sie plötzlich nicht mehr da standen.
Im Restaurant wurde uns der Tisch 301 zugewiesen. Das ist glücklicherweise ein Fensterplatz. Während wir nun also leckere Shrimps, ein wunschgemäß durches Steak und als Nachtisch Ananas-Sorbet – das erste in meinem Leben – genießen, setzt sich draußen die Uferlandschaft in Bewegung. Aha, wir haben abgelegt!
Für unseren ersten Abend an Bord haben wir uns in die Vorstellung von Patricia Bernier eingebucht. Die schwarzhaarige Frankokanadierin schafft es zwar, eine perfekte Show abzuliefern, einige Mitreisende beschäftigen sich aber dennoch lieber mit ihren Smartphones oder unterhalten sich mit den Sitznachbarn. Es ist zum Fremdschämen. Zum Glück sind es keine Deutschen, von denen es ohnehin nur sehr wenige gibt auf dem Schiff.