Schwimmende Gärten

S1100106Heute steht eine Bootsfahrt durch die schwimmenden Gärten von Xochimilco auf dem Programm, aber vorher noch besuchen wir den zentralen Platz von Mexico City, die Plaza de la Constitucion, mit der großen Kathedrale, die uns mit Glockengeläut begrüßt.

Die ganze Stadt hat sich weihnachtlich geschmückt. An den Fassaden der Häuser rings um den Zentralplatz prangen riesige Weihnactsstern-Blüten aus Glitzerpapier, und in der Kathedrale selbst ist eine Krippenlandschaft aufgebaut, mit bunt blinkenden Lämpchen dazwischen.

Wie schon die alte Wallfahrtskirche, die wir gestern besuchten, sieht auch dieser Bau irgendwie scheps aus, nicht weil die spanischen Conquistadores das Lot nicht gekannt hätten, sondern des nachgiebigen Untergrundes wegen. Denn die aztekische Stadt, die sich früher an dieser Stelle befand, lag mitten in einem riesigen See, den die Spanier dann trocken legten. Seitdem sinken die Gebäude stellenweise ein und geraten in Schieflage. Die Reste der aztekischen Pyramide, die die Spanier für den Bau der Kathedrale als Steinbruch benutzten, befinden sich ein Stück nebenan.

Die Mexikaner tun sich schwer, ihre kulturelle Identität zu finden. Zu reich und zu hoch entwickelt ist das aztekische Erbe, zu viel davon ist noch heute im Volk präsent, um in den präkolumbianischen Vorfahren nur dumpfe Wilde zu sehen, die von den Spaniern zivilisiert werden mußten. Und so hat der Staat Mexiko, der übrigens zu Nordamerika zählt, seinem Volk ein Nationalmuseum geschenkt, das all diese Kulturen dokumentiert und auch bei uns einen bleibenden Eindruck hinterläßt.

Und dann geht es endlich zu den schwimmenden Gärten. Zwei bunt geschmückte Kähne stehen für uns bereit und werden, nachdem alle darin Platz genommen haben, vom Bootsführer mittels einer langen Stange vorwärts geschoben. An einem Bootsteg legen wir an, und das Essen wird gebracht. Es gibt Gemüsesuppe und Hähnchen mit Reis und Bohnen. Und es schmeckt ganz vorzüglich.

Die Gärten ringsum aber schwimmen schon lange nicht mehr, die Bäume schlugen ihre Wurzeln bis in den Seegrund hinab, die schwimmenden wurden zu festen Inseln und die Zwischenräume zu Kanälen.

Unsere beiden Stocherkähne sind nicht die einzigen. Darf man jemanden einen „fliegenden Händler“ nennen, wenn er dabei ein Boot benutzt? Wir wissen es nicht. Aber daß wir weder gehäkelte Decken noch Silberschmuck kaufen wollen, wissen wir ganz genau.

Und dann komt die Musikkapelle an Bord, sechs Leute und jede Menge Töne, die das Ohr beleidigen. Der schräge Klang gehört aber offenbar dazu, und auch die enorme Lautstärke, in der das Sextett sein „La Cucharacha“ und „Cielito Lindo“ vorträgt. Zum Glück reichte das Trinkgeld nur für genau sechs Lieder, dann lassen die Herren von uns ab und suchen sich neue Opfer. Und auch wir suchen etwas, nämlich unser Hotel auf. Der einzige schwimmende Garten, der uns begegnete, war der Kahn des Bonsai-Verkäufers.

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