Die Wüstennacht mit Sirtaki

Die Hafenstadt Aqaba empfing uns stürmisch. Schon die Strecke durch das Wadi Arab herunter – oder besser gesagt hinauf, denn wir kamen ja von unterhalb des Meeresspiegels – ließ für den kommenden Tag nichts Gutes erahnen, es war stürmisch und die Luft vom Wüstensand geschwängert. Der Bootsausflug, den einige aus der Gruppe für den Tag in Aqaba gebucht hatten, fiel denn auch buchstäblich ins Wasser. Der wetterbedingte Verlust eines halben Urlaubstages war jedoch gut zu verschmerzen, da ohnehin keine Highlights auf dem Programm standen. Noch nicht.

Das änderte sich, als wir das Wadi Rum erreichten. Die Sieben Säulen der Weisheit – so heißt der markante Berg, der das Tor zum Nationalpark beherrscht – standen in seltener Klarheit vor uns. Auch das Licht fiel günstig um diese Tageszeit und arbeitete die Felspfeiler plastisch heraus. Welch ein Auftakt!

Die Beduinen bereiteten derweil schon ein schmackhaftes Gericht aus Hammelfleisch zu. Das heißt, eigentlich warteten sie, bis die im Sand vergrabenen Köstlichkeiten gar waren, um sie sodann wieder ans Tageslicht zu holen, das in unserem Fall aber längst schon den ersten funkelnden Sternen Platz gemacht hatte. So eine Nacht in der Wüste hat etwas Erhabenes. Dachten wir. Bis die Musik einsetzte, zunächst noch mit arabischem Einschlag, dann jedoch das internationale populäre Liedgut rauf und runter. Sirtaki statt Wüstenromantik am Lagerfeuer. Immerhin aber schmeckte der Hammel großartig, und wann je hatte man schon einmal in einem Zelt mit Toilette und Dusche gewohnt?

Den Sonnenuntergang hatten wir gestern verpaßt, für Hartgesottene stand jedoch ein Kameltrip zum Sonnenaufgang auf dem Programm, pünktlich um 5 Uhr 45 setzte sich die kleine Karawane in Bewegung. Wir verzichteten auf den Ritt, nicht aber auf das Erlebnis, und erklommen einen kleinen Felshügel in der Nähe. Leider war der Morgenhimmel alles andere als klar, ein Erlebnis war’s trotzdem. Denn die Felsformationen ringsum sind wirklich einzigartig.

Was man wiederum vom Kaffee nicht behaupten konnte, denn die Araber hatten sich praktischerweise für die Instant-Methode entschieden. Die großartige Landschaft, quasi ein arabisches Monument Valley, entschädigte uns aber reichlich für all die Zugeständnisse an den modernen Wüstentourismus. Auch drüben im Ort Rum, wo heute eine Wanderung durch die einsame Stille der Wüstenlandschaft auf dem Programm stand, alternativ dazu eine Tour im Geländewagen. Wir entschieden uns für die Wanderung. Ziel unserer fünfköpfigen Gruppe sollte ein nabatäischer Tempel sein, etwa zwei Kilometer entfernt. Der Sandweg endete schon bald in einem trockenen Flußbett, aber es waren Fußspuren zwischen den Felsbrocken zu sehen. Das mußte unser Weg sein! Wie die Pfadfinder arbeiteten wir uns zwischen den steil aufragenden Felsen zur Linken wie zur Rechten empor und entdeckten dabei so manches, was denen vorbehalten bleibt, die zu Fuß gehen: eindrucksvoll erodierter Sandstein, kleine sandbeige Echsen, weiß blühende Kleinsträucher, vorwitzige gelbe Blütenköpfchen, eine uns bisher völlig unbekannte Brennesselart, alles. Nur kein Tempel. Schließlich kehrten wir um.

Fast schon wieder zurück im Dorf, entdeckten wir das archäologische Kleinod schließlich doch noch. Welch ein Glück, daß am Anfang der Tour keiner von uns die Mauern und Säulenbasen bemerkt hatte, denn ohne das am falschen Ort vermutete Ziel wären wir sicher um ein großartiges Erlebnis ärmer geblieben.

Nach einer längeren Busfahrt befinden wir uns nunmehr am Ausgangspunkt für die Besichtigung eines Weltwunders. Doch davon dann morgen.

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