Kunstprojekt

Was tut man in Kuba, wenn sich die Autobahn-Raststätte auf der gegenüber liegenden Seite befindet? Man hält auf der linken Sur an, setzt auf dieser ein Stück zurück, parkt den Bus auf dem Pannenstreifen und überquert einfach zu Fuß die beiden Fahrbahnen, denn Leitplanken gibt es keine, und die Kubaner nehmen die Verkehrsregeln ohnehin recht locker.

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Unsere Panne des Tages ist organisatorischer Art: das Museo des Bellas Artes in Havanna hat heute überraschend geschlossen, denn es ist Karfreitag, und wie mit solchen Sondertagen verfahren wird, entscheidet sich in Kuba oft kurzfristig. Als Ausweichprogramm besuchen wir ein angesehenes Kunstprojekt und werden mit allerlei zeitgenössischen Werken und deren Hintergründen vertraut gemacht. Der weltweit arrivierte Künstler, der es gegründet hat, unterstützt hier seine Heimatstadt. Wir sehen eine Mauer aus schiffsförmigen Ziegelsteinen, ein kinetisches Drahtgestell, Fotos von Fidel Castro, ein Kreuz aus Paddeln und allerlei andere hochkarätige Kunst, die allerdings recht lieblos präsentiert ist. Das Projekt ist eben kein Museum im klassischen Sinn, sondern in erster Linie ein Hilfsprojekt für die einheimische Bevölkerung. Und so finden sich auch in den benachbarten Straßen allerlei Werke der verschiedensten Art.

Und dann erreichen wir den Ort, wo unser Mittagessen wartet. In Kuba spielt sich die Gastronomie oft in Privatwohnungen („Paladar”) ab, und so fahren wir hinauf in die elfte Etage eines typischen sozialisitischen Plattenbaus. Durch die Fensterritzen pfeift der Wind, aber das Ambiente ist einfach großartig und das Essen wirklich ausgezeichnet.

Spätnachmittags treffen wir im Hotel Parque Central ein, das uns ja bereits vertraut ist, und haben den Rest des Tages zur freien Verfügung.

Manches ist einem so vertraut, daß man es erst bemerkt, wenn es mal nicht da ist. Die abends beleuchteten Schaufenster einer frequentierten Straße zum Beispiel. Man nehme eine breite Hauptstraße mit Flanierzone, denke sich die zahllosen Läden im Erdgeschoß samt ihrer Leuchtreklame weg, gepflegte Fassaden ersetze man durch welche, denen bereits einige Teile fehlen, dann lösche man in den oberen Etagen sämtliche Lichter – und schon hat man das Bild des Hauptboulevards von Havanna. Gespenstisch ist wohl die treffendste Beschreibung. Allein das Nationaltheater und die wenigen Hotels sehen so aus, wie man es von anderen Ländern kennt: anheimelnd beleuchtet, so daß man gerne daran entlang flaniert.

Category: Allgemein, Kuba 2017
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