Das Museum in den Wolken

Gäbe es einen Wettbewerb um die spannendste Anreise zu einem Museum, dem MMM Dolomites gebührte der erste Platz. Mit Abstand. Vertikalabstand sozusagen. Aber beginnen wir von vorne.

Wer noch nie von dem Ort Cibiana gehört hat, ist mit diesem Nichtwissen nicht allein. Man erreicht ihn, indem man vom mondänen Wintersportort Cortina d‘Ampezzo zuerst nach Süden fährt und dann kurz vor Venas auf die schmale Straße nach Zoldo einbiegt. Sie schlängelt sich hinter dem kleinen lombardischen Ort hinauf zum Passo Cibana, aber man ist hier auf 1500 Meter Höhe noch lange nicht am Ziel. Eigentlich sollte man jetzt hier Schusters Rappen schnüren, um in knapp zwei Stunden weitere 650 Höhenmeter zu überwinden, aber bei strömendem Regen ist auch der Shuttle erlaubt. Das steile, ausgesetzte Schottersträßchen ist gerade breit genug für den Kleinbus. Und damit niemand auf das Erlebnis des Gipfelsieges verzichten muß, endet die Fahrt deutlich unterhalb der Festung, die einst zur Verteidigung auf den Monte Rite gebaut wurde und knapp hundert Jahre später dann von Reinhold Messner zum Museum umfunktioniert wurde.

Ein Museum, dessen faszinierendstes Ausstellungsstück die Aussicht über die gewaltige Bergwelt rund um Cortina d‘Ampezzo ist. Sogar an einem Tag wie heute, da man die Massive des Monte Pelmo, der Tofana und des Antelao mehr erahnen als sehen kann. Gut, daß den einstigen Geschützständen beim Umbau ein prägnantes Lichtdach aufgesetzt wurde, das nun ganz nebenbei auch vor Wind und Regen schützt.

Das Innere der alten Festung ist schnell beschrieben: ein schier endloser Hauptgang mit einem Dutzend fensterlosen Kammern, in denen heute die Ausstellung untergebracht ist. Leitmotiv sind die Eroberer der Gipfel und Wände der Dolomiten. Dem Wanderer sind ihre Namen von Berghütten, Felstürmen und Kletterführen bekannt, ihre Ausrüstung und allerlei persönliche Gegenstände bereichern zusammen mit Gemälden typischer Dolomitenberge den Kern der Ausstellung.

Über alledem schwebt ein leichter Geruch von Holzfeuer, wie er wohl schon den einst auf dem Monte Rite stationierten Alpini vertraut war, während aus dem Museumskino leise die Musik aus dem Film „Love Story“ erklingt. Sie gehört zum Amateur-Schmalfilm „Ritorno ai Monti“ von 1971, der Reinhold Messner als jungen Burschen beim Erklettern der Sellatürme zeigt. Kameraführung und Schnitt verdienen, das sei hier ausdrücklich erwähnt, das Prädikat Kunst. Filmkunst auf 8 Millimeter, gezeigt in einem Weltkriegsbunker auf einer Meereshöhe von 2183 Meter.

Fasziniert tritt man schließlich wieder hinaus in die rauhe Wirklichkeit der Bergwelt. Ein Museumsbesuch, der bleibenden Eindruck hinterläßt.

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