Wolkenspiele

Die Dolomiten sind einzigartig. Das zeigt sich nirgendwo deutlicher als an den Drei Zinnen. Vorausgesetzt, sie zeigen den Bewunderern ihre Schauseite. Ob sie sich überhaupt zeigen, hängt allerdings von der Wetterlage ab, denn wie alle exponierten Berge regen auch die Zinnen die Wolkenbildung an. Man steht dann morgens am Ufer des Lago di Misurina oder des Lago d‘Antorno und kann sich nur mit viel Phantasie vorstellen, wie der Berg hinter dem dicken Wolkenknäuel da oben wohl bei schönem Wetter aussehen mag.

Die Straße hinauf zur Auronzohütte, dem Ausgangspunkt für die Umrundung der Zinnen, kostet 30 Euro Maut – eine Investition, die man sich bei instabilem Wetter mit Hang zum Niederschlag zweimal überlegt. Erst recht, wenn da oben gerade ein Wolkenband den Weg umspielt, den man gehen muß, um zur Schauseite zu gelangen. Und tatsächlich erweist sich die Wolkensuppe als so dicht, daß es bereits schwer fällt, einen geeigneten Parkplatz zu finden, geschweige denn den Ausgangspunkt des Wanderweges. Zudem regnet es in Strömen. Ob die Zinnen sich der Schlechtwetterfront so massiv entgegen stellen, daß es an der Nordseite ein wenig freundlicher aussieht?

Die Theorie erweist sich als richtig. Zwar drängen sich dichte Schwaden durch die Lücke zwischen der großen und der westlichen Zinne, aber der Blick auf die gigantischen Nordwände bleibt dabei einigermaßen frei. Und auch die umliegenden Gipfel zeigen sich hin und wieder, wobei man die höheren von ihnen leicht am Neuschnee erkennen kann, der ihre Gipfelregionen ziert. Das Spiel der Wolken legt letztlich sogar an einigen Stellen blauen Himmel frei. Und während über den Sattel zwischen Paternkofel und kleiner Zinne gerade ein Regenschauer herüber drängt, finden an der westlichen Seite sogar einige Sonnenstrahlen den Weg auf die Weiden der Langen Alm, wo sie auf vereinzelte Silberdisteln und Herbst-Enziane treffen.

Alles in allem hat so ein wechselhafter Tag definitiv mehr zu bieten als einer, der nur mit blauem Himmel und Sonnenschein aufzuwarten vermag. Vorausgesetzt, man läßt sich von den weniger angenehmen Phasen nicht gleich entmutigen.

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