Jugendstil

Man mag den Jugendstil für eine blumig-schwülstige Erscheinung halten, die schon lange nicht mehr in unsere Zeit paßt, aber wenn ein Architekt eine ganze Kirche in diesem Stil konzipiert hat, wenn an dieser Kirche schon seit fast 140 Jahren gebaut wird, und wenn sie nach ihrer Fertigstellung das höchste Kirchengebäude der Welt sein wird, dann sollte man dieses Wunder einmal mit eigenen Augen gesehen haben: die Rede ist vom katalanischen Architekten Antoni Gaudí und von der „Sagrada Familia”.

Wie man hinkommt? Nun, man bucht einen Flug nach Barcelona und ein Hotel dort. Zuerst das Hotel, denn sollte sich kein geeigneter Flug finden, kann man die Buchung notfalls wieder stornieren. Anschließend also der Flug: wir wollen am Dienstag eintreffen und am Sonntag wieder abfliegen, angeboten werden aber vornehmlich Rückflüge für den Freitag oder den Montag, mit unpraktischen Flugzeiten oder Zwischenlandungen in Timbuktu und mehrstündigen Aufenthalten dort. Endlich ist eine praktikable Verbindung von und nach Nürnberg und zu menschlichen Uhrzeiten und Preisen gefunden: hinwärts mit der Lufthansa um 14.25 Uhr über Frankfurt mit 50 Minuten Umsteigezeit, zurück mit Eurowings um 13.15 Uhr über Hamburg mit etwas über drei Stunden Aufenthalt, die man gut nutzen kann, um noch an ein Abendbrot zu kommen.

Wer auf eigene Faust reist, muss sich um alles selbst kümmern: um die Coronabestimmungen, um den Nahverkehr vom Flughafen zum Hotel, um die Tickets und Zeitfenster bei den Attraktionen, ja sogar um das Wetter, denn wer will schon bei Sonnenschein ins Museum und bei Regen in den Park? Erschwerend kommt noch hinzu, dass wir uns auch zwei Museen in Madrid anschauen möchten, und dafür braucht es nicht nur weitere Zeitfenster-Tickets, sondern auch Fahrkarten für den AVLO, was für „Alta Velocidad Low Cost” steht, also den preisgünstigen Hochgeschwindigkeitsverkehr der spanischen Eisenbahngesellschaft Renfe. Zwei Personen hin, zwei Personen zurück. Zum Glück läßt sich all das vom heimischen Bildschirm aus buchen, aber es dauert natürlich, vor allem wegen der persönlichen Daten, die man von uns haben will.

Auch das spanische Einreiseformular will alles ganz genau wissen: Ausweisnummer und Ablaufdatum, Name und alle Vornamen, Adresse zuhause, Adresse in Barcelona, Flugdaten, Impfnachweis, Sitzplatznummern. Aber woher letztere nehmen, wenn man noch nicht eingecheckt ist? Auch dafür hat das Formular eine Lösung: man gibt alles ein, was schon vorliegt, und speichert den Vorgang dann ab, um ihn nach dem Check-in zu vervollständigen. Für diese Wiederanmeldung erhält man einen Accountlink und eine ID.

Die Lufthansa erlaubt den Check-in 23 Stunden vorab, für uns also um 15.25 Uhr an einem Montag, der zum Glück ein Feiertag ist. Die Sitzplätze sind schnell gewählt, hinwärts auf der linken Seite vorne für eventuelle Tiefblicke auf die Alpen, zurück dann später auf der rechten. Und da einige Corona-Testnachweise ja bekanntlich schon nach 24 Stunden wieder verfallen, wird erst jetzt der Weg frei zum Hochladen der Zertifikate. Hochladen? Ich schaue vom Papierausdruck zum Smartphone und wieder zum Papier: wie soll ich das hochladen? Mehr zufällig finde ich heraus, dass die CovPass-App eine Funktion zum Erzeugen und Mailen eines PDF hat. Nach ein paar Fingertipps und Mausklicks habe ich das erste Zertifikat im Online-Formular, wo es geprüft und für gut befunden wird. Dann das zweite: Validierung abgelehnt. Dabei ist mein Impfnachweis doch vollkommen in Ordnung?! Die Lösung für diese unerwartete Komplikation sieht so aus, dass man ein weiteres Formular ausfüllt, mit Impftermin und Wirkstoff und dem Vorbehalt des Abgleichs mit dem Impfpass bei der Einreise. Zur Belohnung gibt es schließlich zwei Ausdrucke mit jeweils einem QR-Code, der dann am Check-in-Counter vorzulegen ist. Nun können wir endlich entspannt starten.

Unser Nahverkehrsticket „Hola BCN” mit 120 Stunden Gültigkeit haben wir direkt beim Verkehrsverbund TMB gebucht. Der Preis ist zwar nominell derselbe wie bei der touristischen Buchungsoption, aber der Verbund gibt 10% Nachlass. Die Strecke vom und zum Flughafen mit der Metrolinie L9 ist bei diesem Ticket inklusive. Und so lassen wir uns also von den Wegweisern zunächst zu den Gepäckbändern geleiten und von dort dann hinaus oder besser gesagt hinunter zur Metro. Die sieht eigentlich gar nicht aus wie eine Metro, sondern eher wie eine lange Schaufensterfront mit ein paar Türen, die sich aber erst öffnen, nachdem der Zug eingefahren ist.

An der Station Torrassa sollen wir laut Plan in die „rote” Linie L1 umsteigen. Welche Richtung? Ja, wenn das immer so einfach wäre. Zuerst jedenfalls müssen alle aus- und umsteigenden Fahrgäste auf die Rolltreppe. Dann, nach einem Absatz, auf eine zweite. Nach einem weiteren Absatz auf eine dritte, der eine vierte folgt. Und dann noch eine fünfte. Der Metrotunnel liegt hier wirklich sehr tief. Eine letzte Rolltreppe noch, dann klärt sich die Fahrtrichtung, denn die Stationen sind angeschrieben. Unser Ziel heißt „Arc de Triomf”. Von dort liegt das „Motel One”, unser Lieblingshotel, nur noch drei Häuserblocks entfernt.

Der Gehweg erweist sich als zu grob gepflastert für zwei Rollkoffer, aber auf der Straße geht es. Und dann sind wir da. Das Mädchen an der Rezeption spricht ein ganz passables Deutsch und ist überhaupt sehr hilfsbereit. Ob wir ein Frühstück dazubuchen wollen? Morgen ja, aber übermorgen müssen wir schon ganz früh los, Stichwort Madrid, Abfahrtszeit 6.45 Uhr. Und wir müssen dann ja auch erst noch zum Bahnhof!

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