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Lange Umwege

Unsere Rückreise gleicht der Anreise vor fünf Tagen, nur eben in umgekehrter Reihenfolge und mit ein paar kleinen Änderungen: vom Hotel hinauf zur Metrostation, dann in Torassa aussteigen und über die insgesamt sechs Rolltreppen hinab ins Erdinnere fahren. Oder doch nicht? Eine der Treppen müssen wir wieder abziehen, denn die beiden Bahnsteige befinden sich übereinander. Unser Flug startet auch nicht vom Terminal 1, sondern von 2, beinahe wären wir zu weit gefahren.

Von der Metrostation führt eine lange, eine sehr lange Fußgängerbrücke hinüber ins Flughafengebäude, wo sich gleich zur Linken die Sicherheitskontrolle befindet. Wir schlängeln uns also durch die Wartereihen, immer hin und her, bis wir schließlich vor den Schleusen unsere Bordkarten vorweisen sollen. Bordkarten? Wir waren doch noch gar nicht am Schalter?! Die Schalter seien eine Etage tiefer, werden wir freundlich aufgeklärt. Und das bedeutet, den ganzen Weg wieder zurücklaufen, die Rolltreppe nehmen und im unteren Stockwerk unseren Schalter suchen. Natürlich befindet der sich ganz weit hinten, also praktisch direkt unter der Sicherheitsschleuse. Aber irgendwann ist man drin, und bis zum Abflug um 13.15 Uhr ist ja auch noch ein wenig Zeit.

Ob sich die Fensterplätze, diesmal vorne rechts, hinsichtlich eventueller Tiefblicke lohnen werden? Ein ganzes Stück weit bleibt der Himmel bedeckt, aber dann reißen die Wolken auf und geben den Blick frei auf Bergketten, die in den Höhenlagen bereits verschneit sind. Ein bezaubernder Anblick. Aber wo sind wir? Der Flugkapitän hatte von einer Strecke über Marseille, den Montblanc und Zürich gesprochen. Demnach müßte doch das Matterhorn…? Und richtig, da kommt es auch schon in Sicht. Von oben, wo es sich nicht gegen den Himmel abhebt, macht so ein Horn relativ wenig her, wirft aber einen eindrucksvollen Schatten. Wenig später überfliegen wir den Eiger und dann noch den Bodensee mit der Mainau, bevor sich die Wolkendecke wieder schließt.

Getränke oder gar einen Imbiß gab es auf diesen kurzen Strecken weder bei der Lufthansa, noch gibt es sie bei Eurowings. Und die Stewardessen sind alle gleich hübsch. Aber wo ist nun der Unterschied zwischen den Airlines? Bei der Zwischenlandung in Hamburg erfahren wir es: die Lufthansa setzt ihre Passagiere auf dem Vorfeld aus, von wo sie mit Bussen ins Flughafengebäude gefahren werden, was speziell in Frankfurt fast schon einer gesonderten Reise gleicht. Bei Eurowings hingegen wird man einfach nur ausgeladen. Ohne Bus. Bei strömendem Regen. Und kommt triefnass im Empfangsgebäude an, denn man hat ja im Flugzeug recht wenig Gelegenheit, sich für das Schietwetter zu rüsten.

Die letzte Reiseetappe ist dann nur noch ein Luftsprung von einer knappen Stunde, auf den wir vorher freilich drei Stunden warten mußten. Und der Nürnberger Flughafen ist im Vergleich mit den anderen, die wir in den letzten Tagen passiert haben, geradezu winzig. Willkommen in der Provinz! Man merkt es auch an den vorsintflutlichen Stempelautomaten in den öffentlichen Verkehrsmitteln, aber vielleicht sind wir einfach Barcelona-verwöhnt.

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Das Eisenhaus mit der Orgel

Der Textilunternehmersohn Eusebi Güell hat sich vom Meister Gaudí im Stadtteil El Raval ein Wohnhaus gestalten lassen, wie es wohl auf der Welt kein zweites gibt. Um es zu besichtigen, müssen wir den Bus H14 nehmen, erwischen aber versehentlich den bereits abfahrbereiten H16. Es heißt also am Arc de Triomf wieder aussteigen und sich eine neue Verbindung suchen. Die gibt es auch, in Gestalt der Buslinie 120. Aber wo das Navi die Haltestelle zeigt, ist keine. Und zur genannten Abfahrtszeit kommt auch kein Bus. Wie aber plant man aber eine Route, wenn einen das Navi immer wieder dorthin zurück schickt? Endlich finden wir eine Haltestelle der Buslinie, die wir von Anfang an hätten nehmen sollen. Viel Umweg für nichts.

Die Rambla ist die platanengesäumte Prachtstraße, die vom Hafen hinauf ins Stadtzentrum führt. Wir sind von zahlreichen Kreuzfahrt-Touristen in kurzen Hosen umgeben, und das bei unter 10 Grad Lufttemperatur. Hoffentlich wollen die nicht alle in den Palau Güell. Zwölf Euro soll der Eintritt kosten pro Person, zu unserer Überraschung will der Kassierer aber nur jeweils fünf von uns, warum auch immer.

Das Haus wirkt mit seinen vielen Eisengittern vor den Fenstern irgendwie abweisend, und diese Architektur setzt sich auch im Inneren fort, fast wie in einem Gefängnis. Aber ein Gefängnis hätte keine teppichbelegten Treppen, keine Marmorsäulen, keine geschnitzten Holzdecken und keine Wandgemälde, um nur einige Merkmale der Innenarchitektur aufzuzählen. An einigen Stellen treten zudem schwarz gestrichene Eisenträger zutage.

Plötzlich erfüllt wuchtige Orgelmusik den hohen Zentralraum. Eine Orgel in einem Wohnhaus? Oder ist die Wohnung etwa ins Innere einer Kirche gebaut? Nun, der Bauherr hat sich hier wohl einen etwas exzentrischen Wunsch erfüllen lassen. Es soll auch einen Altar gegeben haben, von dem aber nur die raumhohe, goldgeschmückte Nische übrig geblieben ist. Eine Fremdenführerin schreit gerade gegen die Orgel an: die einen verstehen nichts, den anderen trübt es den authentischen Klanggenuß. Und dann ist das Orgelstück auch schon wieder vorbei, in einer halben Stunde folgt das nächste. Bis dahin sind wir aber, vorbei am gefliesten Badezimmer mit ebenfalls gefliester Kloschüssel, schon ganz oben auf dem Dach angelangt, wo sich in der Mitte eine Art Pagode erhebt. Von ganz unten konnte man die kleinen Fenster darin als Sterne wahrnehmen.

Wieder draußen auf der Rambla, genehmigen wir uns je ein Foccaçia und dazu einen Cappuccino, ehe wir am Palau de la Música Catalana vorbei zum Hotel laufen, um den Nachmittag auf der Dachterrasse und im Park vor dem Hotel zu verbringen. Für den heutigen letzten Abend steht ein Opernbesuch in eben diesem Palau, der ebenfalls ein Werk von Gaudí ist, auf dem Programm: sie geben Rossinis „Barbier von Sevilla”. Aber nicht nur die Aufführung selbst ist interessant, sondern auch das Ambiente dazu, denn wann hat man schon die Gelegenheit, eine Oper in einem Jugendstilbau wie diesem zu erleben: kleinteilig-bunt verglaste Wände, mosaikverzierte Säulen, ein ornamentales Kunstwerk über dem Zuschauerraum. Und auch wenn die Übertitel auf katalanisch und damit für das Verständnis der Oper wenig hilfreich sind, agieren die Darsteller auf der Bühne doch so, dass man der Handlung gut folgen kann. Allein der stark nach Duschgel riechende Herr, der vor mir sitzt, neigt sich – wohl um mehr zu sehen – nach rechts wie der schiefe Turm von Pisa. Und ich muss es ihm zu meinem Leidwesen gleich tun.

Der Palau faßt zwar nicht übermäßig viele Zuschauer, aber doch so viele, dass sich an der Pausentheke und vor den Toiletten lange Schlangen bilden. Vielleicht gibt es auch einfach zu wenig Schankpersonal und zu wenige Toiletten, jedenfalls schaffen wir es nicht, vor dem zweiten Pausenton etwas zu ergattern. Und man will das edle Getränk ja auch nicht rasch zwischen Tür und Angel hinunter kippen, während sich auf der Bühne schon wieder das Orchester bereit macht. Deshalb verschieben wir den alkoholischen Genuß lieber auf die Hotelbar. Ob wir statt der bestellten zwei Sangrias lieber eine Flasche möchten, will der Kellner wissen. Ja, wollen wir. Als letzte Gäste an diesem Abend verlassen wir leicht schwankend die Bar. Morgen um diese Zeit werden wir schon wieder in Nürnberg sein.

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Inspiration Gaudí

Die Casa Batlló (das spricht sich Batt-joh, mit Betonung auf der zweiten Silbe) ist ein von Antoni Gaudí entworfenes Wohnhaus, das die typischen, dekorativ geschwungenen Linien und großflächigen floralen Ornamente kultiviert wie kein zweites. Das gilt für die Straßenfront, erst recht aber für das Innere des Gebäudes. Der Eintritt ist mit 39 Euro pro Person nicht gerade günstig, lohnt sich aber, denn man bekommt nicht nur eine eindrucksvolle Projektionsshow geboten, sondern es wird einem auch die beste Audioführung mit auf den Weg gegeben, die man sich nur vorstellen kann: die Texte und Klangbilder im Drahtlos-Kopfhörer aktivieren sich automatisch beim Betreten des jeweiligen Raumes, führen einen akustisch begleitet zuerst durch den mit bunten Glasfenstern geschmückten Raum für die Empfänge, dann durch weitere Räume und Flure auf die hintere Terrasse und schließlich über das lichterfüllte Treppenhaus hinauf bis auf das Flachdach, wo die Rauchabzüge der vielen Kamine in bunt verkachelten Hauben enden. Das tragende Gerippe des Dachgeschosses erinnert hier an das Innere eines Drachens, im Kopfhörer hört man sein Herz pochen.

Wieder unten angekommen, gibt es noch einen Raum, dessen Wände lückenlos mit LED-Bildschirmen bedeckt sind, und ebenso die Decke und der Fußboden. Die Lichtshow aus typischen Gaudí-Dekoren fesselt zwar, erschlägt einen andererseits aber auch. Und dann sind wir wieder draußen auf der Straße. Was für ein Erlebnis!

Gaudí hat hier in der Altstadt noch weitere Häuser gestaltet, das Navi weist uns den Weg zur Casa Vicens: in den Bus 22 steigen, an der Station Trillo (das spricht sich Tri-jo) wieder aussteigen und ein Stück in die Gasse hinein laufen. Das markante Fliesendekor kennen wir schon vom Park Güell, wenngleich die Architektur hier weniger verspielt ist. Dieser Antoni Gaudí scheint eine besondere Vorliebe für Sammetblumen (Tagetes) gehabt zu haben. Wir begnügen uns mit einigen Blicken auf die seitliche Fassade des Hauses mit ihren schönen Balkonen und wenden uns dann einem neuen Ziel zu, denn das Wetter ist heute gerade recht für einen Besuch des Aussichtshügels Montjuïc.

Um ihn zu erreichen gilt es, mit der Metrolinie L3 zur Station Paral·lel zu fahren, wo man in die Standseilbahn umsteigt. Der Zugang zur Metro befindet sich hier ganz unscheinbar unter einem Wohngebäude, die Standseilbahn wiederum fährt nicht aus eigener Kraft durch den Untergrund, sondern wird am Seil gezogen, wobei die beiden Kabinen einander auf halber Strecke begegnen. Oben ausgestiegen sind wir aber noch nicht auf der Festung, wir müssen erst noch in die moderne Umlaufgondelbahn steigen, die nun allerdings nicht mehr Teil des öffentlichen Nahverkehrs von Barcelona ist, sondern extra bezahlt werden muß. Alternativ könnte man laufen, aber die Füße sind schon strapaziert genug, und es gibt ja auch oben noch ein Wegenetz.

Von der Festung aus hätte man sicher den schönsten Blick auf die Stadt und das Meer, aber es führt auch ein Weg außen um die Festung herum, mit ebenso beeindruckenden Ausblicken, nur eben nicht nach beiden Seiten gleichzeitig. Das macht aber nichts, denn das Meer und der Kreuzfahrthafen reichen ja fürs erste, und die Stadt mit der sich darin erhebenden Sagrada Familia haben wir bereits aus der Gondelperspektive bewundert. Wie werden eigentlich die Container vom Schiff auf die ausgedehnte Lagerfläche und von dort wieder auf Züge, Lastwagen oder andere Schiffe befördert? Die großen Kräne bewegen sich ja nicht? Bei genauem Hinsehen nehmen wir Fahrzeuge wahr, die jeweils eine ganze Stapelreihe zwischen die Räder nehmen können, um an irgendeiner Stelle den jeweils obersten Container aufzunehmen oder abzusetzen. Das zugehörige Platzmanagement wohl muß ziemlich ausgefuchst sein.

Zur Stadtseite hin ist der Ausblick von großen Pinien verstellt, aber wir sehen und bewundern den wie eine Fackel geformten Olympiaturm. Zudem stellt sich allmählich ein gewisser Hunger ein, und in der Nähe des Hotels wissen wir einen türkischen Imbiß. Wir nehmen also den Linienbus dorthin und genießen die Fahrt entlang des Hafens.

Bei dem markanten Gebäude mit der Kuppel, das wir vom Montjuïc aus gesehen hatten, handelt es sich nicht etwa um eine Kirche oder ein Schloss, sondern um den Nationalpalast, der heute ein Museum ist. Es soll dort einige nachts bunt beleuchtete Springbrunnen geben sowie eine Krone aus Lichtstrahlen über der Kuppel. Lohnt es sich, schon in der frühen Dämmerung loszugehen, also in der vielgerühmten Blauen Stunde, wenn sich Tages- und Kunstlicht mischen? Oder lieber noch ein wenig im Zimmer bleiben und die Füße hochlegen?

Plötzlich ist der Strom weg. Nanu? Das Licht auf dem Flur brennt noch. Jetzt im Aufzug zu stecken wäre fatal. Aber im stockdunklen Treppenhaus ja ebenfalls. Es zeigt sich, dass einige Teile des Hotels weiterhin Strom haben. Natürlich, Flure und Treppenhaus sind ja Fluchtwege und werden vermutlich mit Notstrom versorgt. Statt auf die Behebung des Stromausfalls zu warten, machen wir uns einfach jetzt gleich auf den Weg zum Nationalpalast.

Von der Plaza Espagna aus ist das Ziel nicht zu übersehen, wir müssen nur entlang der Prachtstraße darauf zulaufen. Mit zunehmender Dunkelheit wird die Strahlenkrone sichtbar. Wasserspiele gibt es jedoch keine. Vielleicht weiter oben? Wir kommen an eine Rolltreppe, überqueren eine Straße und einen weiten Platz mit einem leider völlig trockenem Brunnen. Noch weiter hinauf? Rolltreppen, Brunnen, mehr Rolltreppen, weitere Brunnen, irgendwann sind wir ganz oben, wo schon viele Leute sitzen. Warten sie etwa alle auf die Brunnenlichtspiele? Oder genießen sie nur den herrlichen Blick über die nächtlich beleuchtete Stadt? Wir warten bis 20 Uhr. Keine Wasserspiele. Wahrscheinlich ist Corona schuld. Oder der bevorstehende Marathonlauf, für den schon überall abgesperrt wird.

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Alberto Durero

Heute ist nun also der Tag, der uns an ein lange erträumtes Ziel bringen soll, nämlich den „Prado” von Madrid: ein Museum, das in unserer Wahrnehmung gleich hinter dem Louvre und dem British Museum rangiert.

Um dieses berühmte Museum zu erreichen, nehmen wir eine Bahnfahrt von mehr als 600 Kilometern auf uns, welche die spanischen AVE-Züge („Alta Velocidad Española”) in etwa zweieinhalb Stunden bewältigen: befahren sie die Strecke doch fast durchgehend mit 300 km/h. Leider müssen die Passagiere als Konsequenz aus den Anschlägen von 2004 eine Sicherheitskontrolle passieren, was die zu investierende Zeit etwas verlängert. Aber selbst unter diesen Bedingungen ist der AVE bzw. seine Lowcost-Version AVLO beeindruckend schnell.

Auf Latein bedeutet das Wort „Ave” Vögel. Ist das der Grund, warum beim Betreten des Abteils Vogelgezwischer zu hören ist? Nein, es ist der Wecker im iPhone, der soeben die normale Zeit des Aufstehens signalisiert. Um die Zeit in Madrid voll auskosten zu können, sind wir nämlich heute schon seit 5 Uhr auf den Beinen. Kaffee und Frühstück gab es in Barcelona Santo nicht. Oder besser gesagt, erst hinter der Sicherheitsschleuse, aber das konnte man ja nicht wissen. Bald schon streift dann das erste Licht des Tages die vorbei huschende spanische Landschaft, und kurz vor halb zehn hält der Zug in Madrid-Atocha.

Vom Bahnhofsgebäude aus sind es nur ein paar Schritte hinüber zum botanischen Garten, an dessen anderem Ende sich der Prado befindet, so weit die Theorie. Tatsächlich kommen wir am Bahnsteig für die Schnellzüge an und müssen erst einmal eine lange Strecke zu Fuß zurücklegen, unterstützt von Laufbändern wie am Flughafen, und gelangen schließlich an einem verkehrsreichen Platz, der so gar nicht nach altem Bahnofsgebäude aussieht, denn das befindet sich ein gutes Stück entfernt von uns und ist längst nicht mehr in Betrieb. Auch der botanische Garten hat von der Bahnhofsseite her keinen Eingang, und am Zaun entlang in Richtung Prado fahren nur Baustellenfahrzeuge. Zu guter Letzt finden wir auch noch dessen markanten Eingang, anders lautenden Wegweisern zum Trotz, verrammelt und verriegelt. Und jetzt? Wir laufen am Gebäude entlang, bis wir an einen Schalter kommen, wo wir unseren Ticketstatus klären und sodann an den Eingang im ersten Stock („upstairs”) verwiesen werden. Sich vor dem Kunstgenuss mit einem Kaffee stärken wäre schön, aber wo ist das Café? Einen Orientierungsflyer gibt es nicht, man könne ihn aber im Internet aufrufen, heißt es. Und das Café befände sich zur Linken im Erdgeschoß. Wie groß unser Erstaunen, als wir dort nicht nur das Gesuchte, sondern auch den normalen Eingangsbereich vorfinden, mit Kassen, Garderobe, Infotheke und Lavabos (Toiletten).

Frisch gestärkt, erwarten uns nun Dutzende von Sälen: wo anfangen, wo aufhören? Wir beginnen im Rubenssaal, von dem weitere Säle abzweigen, die wiederum Nebensäle haben. Was interessiert uns noch? Tizian natürlich. Die Sammlung ist wirklich eindrucksvoll, und vieles springt einem geradezu ins Auge, lädt zu einer Vertiefung anhand der kleinen Schildchen ein, die aber viel zu wenig über Œvre und Epoche aussagen: es ist ja eine Sammlung und keine Ausstellung. Felt noch etwas Wichtiges? Ach ja, Dürer! Draußen war sein Name als Alberto Durero angeschrieben, also frage ich eine der Aufsichten, die mich nach ausgiebigem Blättern schließlich auf den Saal 55A im Erdgeschoss verweist. Und da hängen sie auch schon: Adam und Eva, zur Linken flankiert vom bekannten kleinen Selbstbildnis des Meisters mit schwarzweiß gestreifter Mütze.

Schier erschlagen von der vielen Kunst wenden wir uns nun dem zweiten geplanten Museumsbesuch zu: die Sammlung Thyssen-Bornemisza, bekannt von diversen Leihgaben an deutsche Kunstausstellungen, befindet sich auf der anderen Seite des Platzes in einem markanten roten Backsteinbau. Gleich hinter dem Eingang deuten ein Pfeil nach links und ein freundlich lächelndes Gesicht auf den Ausstellungsbereich „Magritte” hin, jene Sonderausstellung, für die wir ein Zeitfenster gebucht haben. Die Dauerausstellung weiter rechts hinten wiederum erweist sich als umfangreicher als erwartet: oben die Mittelalterkunst, unten die Klassische Moderne mit Corinth, Marc, Macke, Kirchner und all den anderen. Schon recht ermüdet möchten wir aber ja auch noch die Magritte-Ausstellung sehen und folgen der freundlichen Einweisung in den bereits bekannten Zugang, wo uns oben ein Saal mit allerlei Fotos des surrealen Künstlers erwartet. Und das soll nun die Ausstellung sein? Ich frage nach den Bildern und werde auf einen anderen Museumsflügel verwiesen: vom Eingang aus gesehen rechts hinten. Man muß das Museum anscheinend gut kennen, um den Zugang zu dieser Abteilung nicht zu übersehen. Und hier hängen sie nun alle: das Bild mit der Leinwand, auf der die von ihr verdeckte Landschaft zu sehen ist. Vermutlich. Die Pfeife, die laut Bildunterschrift keine Pfeife ist. Die Reiterin, die vor und zugleich hinter den Bäumen ist. Und all die anderen.

Ziemlich ermattet, denn der Tag begann ja sehr früh, laufen wir zum Bahnhof zurück. Wo fährt denn nun eigentlich der Schnellzug ab, bei der Ankunft haben wir keinen Zugang gesehen? Die vergebliche Suche führt uns in das Ticketbüro der Bahngesellschaft Renfe. Aha, im oberen Stockwerk also. Ein Wegweiser wäre schön gewesen. Dieses Mal gehen wir aber bitte zuerst durch die Kontrolle und dann erst ins Café. Leider werden unsere Tickets abgewiesen: wir sind zu früh dran, mehr als 90 Minuten vorab geht nicht. Gut, dann suchen wir uns eben doch etwas im allgemeinen Bahnhofstrakt. Und sehen nun endlich auch, was aus dem schönen alten Bahnhof geworden ist: ein noch schönerer botanischer Garten, mit Palmen dort, wo einst Bahnsteige waren. Aber ein Café gibt es hier nicht, und zwischenzeitlich ist auch das 90-Minuten-Zeitfenster angebrochen. Also doch drinnen.

Der weitere Ablauf gleicht dem am Flughafen, man checkt regelmäßig seine Abfahrttafel, wo irgendwann das Gate und der Aufruf zum Boarding gelistet steht, passiert mit seinem Ticket die Schleuse zum Zug, sucht seine Sitzplatznummer, und ein paar Augenblicke später legt das Schienenflugzeug dann ab: zweieinhalb Stunden braucht es für gute 600 Kilometer.

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Verspielte Häuser, himmelhohe Säulen

Zum Zeitpunkt unserer Feinplanung sollte laut Wettervorhersage der Mittwoch der angenehmste Tag werden, und so legten wir den Besuch des Parks Güell gleich auf unseren allerersten Vormittag und die Sagrada Familia dann auf den Nachmittag desselben Tages. Zwar scheint sich das Wetter nicht ganz an die Planungen halten zu wollen und beschert uns für den Park einen bedeckten Himmel, aber später zeigt derselbe dann doch noch ein Einsehen.

Wie kommt man nun aber vom Hotel zu diesem Park, der ja auf einem Hügel liegt? Eher zufällig finde ich heraus, dass der Routenplaner meines iPhone nicht nur für Auto und Fahrrad, sondern auch für den ÖPNV brauchbar ist, man muss nur das Ziel eingeben, der Rest erledigt sich quasi von allein. Zum Linienbus V19 sind es vom Hotel aus nur ein paar Schritte, und ein Umsteigen erübrigt sich, da der Bus schnurstracks bis vor den rechten Seiteneingang fährt, also dorthin, wo für gewöhnlich auch die Reisebusse parken. Beim Linienbus denkt unsereiner ja an Taktzeiten, die man nur ungern am Straßenrand wartend zubringen will, aber das ist hier anders, der Bus fährt alle paar Minuten. Ungewohnt ist auch, dass alle Tickets in den Prüfautomaten zu stecken sind, auch die Tageskarten. Das schauen wir uns aber erst während der Fahrt von den anderen Fahrgästen ab.

Sind wir schon da? Nicht ganz, wahrscheinlich erst die nächste Haltestelle. Aber dann fährt der Bus am Parkeingang vorbei uns hält erst wieder ein ganzes Stück weiter oben. Dadurch wird der Weg zwar länger, führt nun aber zum Glück bergab.

Der Park samt einiger kleiner Häuser wurde von Antoni Gaudí, dem Meister des architektonischen Jugendstils, für den Industriellen Eusebi Güell errichtet und ist in einer so liebreizenden Art verspielt, wie sie eben nur ein Gaudí erschaffen konnte. Ein Weg schlängelt sich entlang einiger Viadukte hinauf und an der anderen Seite wieder hinab, wo es ähnlich geformte Wege entlang schräger Säulen gibt, bis man schließlich an einen zentralen, von bunt kachelverzierten Balkonbrüstungen umschlossenen Platz gelangt, von denen man einen herrlichen Blick auf die Stadt und natürlich die Sagrada Familia genießt. Unterhalb des Platzes, wo dem Geräuschpegel nach eine ganze Kindergartenklasse unterwegs sein muß, befindet sich eine halb offene Säulenhalle, und noch ein Stück weiter unten, in der Nähe des Haupteingangs mit den beiden schlumpfig verspielten Häusern, die Wasserachse mit der bunten Echse, vor der gerade alle für ihre Selfies posieren. Leider verwehrt uns ein geschlossenes Tor den näheren Zutritt. Aber wie kommen dann all die anderen Leute hin? Vielleicht von unten? Wir laufen einen Weg hin und einen anderen her, dann stehen wir an der erstrebten Stelle – und werden zurückgewiesen, denn hier ist der Ausgang. Um zur Echse zu gelangen, müssen wir links hinauf, um das Haus herum und durch die Säulenhalle, die wir anderenfalls samt ihrer mosaikverzierten Decke möglicherweise übersehen hätten.

Natürlich ist die markant gekachelte Reptilienskulptur fest in der Hand der Selfie-Fotografen, kaum ist einer fertig, rückt auch schon der nächste an, denn man will ja nicht, dass sich von der Seite her jemand vordrängt. Zudem pflegen kleine Kinder die Fotos der Erwachsenen zu crashen, indem sie ihnen mitten ins Bild laufen. Alles in allem eine herrlich unterhaltsame Szenerie.

Nun ist es aber an der Zeit, den bereits bekannten Linienbus ein zweites Mal zu entern, und dieses Mal fährt er uns nicht direkt zum Ziel, sondern wir müssen vier Häuserblocks einer Querstraße entlang laufen, was sich aber als eine ausgezeichnete Idee erweist, denn so nähern wir uns dem eindrucksvollen Jugendstil-Kirchenbau durch einen kleinen Park, dessen Palmwedel ein unterhaltsames Verstecken mit den Türmchen der Kathedrale spielen, so dass uns die Gerüste und der Turmkran gar nicht so sehr ins Auge fallen. Denn an der Sagrada wird ja immer noch gebaut.

Eigentlich hätten wir noch fast eine Stunde länger im Güellpark bleiben können, aber in einer fremden Stadt plant man ja zeitliche Reserven ein. Und dann dürfen wir endlich die Sicherheitsschleuse passieren: Oberbekleidung ablegen, Taschen entleeren, den Gürtel aus der Hose fädeln und alles ins Plastikschälchen legen, man kennt das ja vom Flughafen. Wie denn, die Armbanduhr auch? Ja. Und auch die Brille, wird mir bedeutet. Das geht mir aber nun doch etwas zu weit, und ich darf mitsamt Brille durch den Körperscanner.

Wir betreten den eindrucksvollen Bau durch das östliche Portal. Es ist der Geburt Jesu gewidmet, was nicht nur an den überdimensionalen steinernen Krippenfiguren kenntlich ist, sondern auch an dem großen Christbaum darüber. Mit grünen Zweigen, auf denen weiße Tauben sitzen. Und mit einem Kreuz an der Spitze. Alles aus Stein.

Drinnen weiß man erst gar nicht, wohin man zuerst schauen soll. Die hohen Fenster und die Rosetten der Ostseite bestehen aus unregelmäßigen Gläsern in grünen und blauen Farbtönen, die der Westseite sind eher in Rot und orange gehalten, denn dort befindet sich das Passionsportal. Anders als in gotischen Kirchen verzweigen sich die tragenden Säulen des Kirchenschiffs nach oben hin, alles zusammen wirkt wie ein Wald aus weißem Stein. Und alles ist vom Licht durchflutet, das durch die farbigen Fenster hereinfällt. Die Säulen der Vierung tragen auf halber Höhe die Embleme der vier Evangelisten Johannes, Matthäus, Markus und Lukas, natürlich in der katalanischen Form: Joan, Marc, Mateu, Lluc. Und in die wuchtig-bronzene Tür des Hauptportals sind in 50 Sprachen Sätze aus dem Vaterunser eingraviert: Pare nostre que esteu en el cel, sugui santificat el vostre nom. Aha, die Katalanen siezen Gott.

Bevor wir durch die Passionspforte wieder hinausgehen, um das Portal und seine Architektur von außen zu betrachten, werfen wir noch einen Blick in die Krypta, wo der Architekt und Schöpfer mit seinem denkwürdigen Gotteshaus für immer vereint ist. Gleich nebenan gibt es ein Museum, welches die Geschichte der Sagrada Familia anhand interessanter Ausstellungsstücke und Tafeln ausgiebig thematisiert.

Der Bahnhof Sants, von dem wir morgen nach Madrid starten werden, ist vom Hotel aus mit der Metro etwas umständlich zu erreichen, es gäbe zwar eine direkte Regionalbahn, aber gelten unsere Fünftagetickets auch für die unterirdisch geführte Bahnlinie? Aus den Beschreibungen werden wir nicht schlau, daher hilft wohl nur Ausprobieren, zumal es in Bahnhofsnähe heute abend sicher auch das eine oder andere Essenslokal gibt. Wir haben Glück: die Schranke am Zustieg zu den R-Linien akzeptiert unser Ticket. Und Pech: im und am Bahnhof gibt es weit und breit nichts Warmes zu essen, mit einer Ausnahme, und die heißt McDonalds. Die georderten Wraps sind jedoch irgendwo zwischen lauwarm und kalt angesiedelt. Das hätten wir einfacher haben können.

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Jugendstil

Man mag den Jugendstil für eine blumig-schwülstige Erscheinung halten, die schon lange nicht mehr in unsere Zeit paßt, aber wenn ein Architekt eine ganze Kirche in diesem Stil konzipiert hat, wenn an dieser Kirche schon seit fast 140 Jahren gebaut wird, und wenn sie nach ihrer Fertigstellung das höchste Kirchengebäude der Welt sein wird, dann sollte man dieses Wunder einmal mit eigenen Augen gesehen haben: die Rede ist vom katalanischen Architekten Antoni Gaudí und von der „Sagrada Familia”.

Wie man hinkommt? Nun, man bucht einen Flug nach Barcelona und ein Hotel dort. Zuerst das Hotel, denn sollte sich kein geeigneter Flug finden, kann man die Buchung notfalls wieder stornieren. Anschließend also der Flug: wir wollen am Dienstag eintreffen und am Sonntag wieder abfliegen, angeboten werden aber vornehmlich Rückflüge für den Freitag oder den Montag, mit unpraktischen Flugzeiten oder Zwischenlandungen in Timbuktu und mehrstündigen Aufenthalten dort. Endlich ist eine praktikable Verbindung von und nach Nürnberg und zu menschlichen Uhrzeiten und Preisen gefunden: hinwärts mit der Lufthansa um 14.25 Uhr über Frankfurt mit 50 Minuten Umsteigezeit, zurück mit Eurowings um 13.15 Uhr über Hamburg mit etwas über drei Stunden Aufenthalt, die man gut nutzen kann, um noch an ein Abendbrot zu kommen.

Wer auf eigene Faust reist, muss sich um alles selbst kümmern: um die Coronabestimmungen, um den Nahverkehr vom Flughafen zum Hotel, um die Tickets und Zeitfenster bei den Attraktionen, ja sogar um das Wetter, denn wer will schon bei Sonnenschein ins Museum und bei Regen in den Park? Erschwerend kommt noch hinzu, dass wir uns auch zwei Museen in Madrid anschauen möchten, und dafür braucht es nicht nur weitere Zeitfenster-Tickets, sondern auch Fahrkarten für den AVLO, was für „Alta Velocidad Low Cost” steht, also den preisgünstigen Hochgeschwindigkeitsverkehr der spanischen Eisenbahngesellschaft Renfe. Zwei Personen hin, zwei Personen zurück. Zum Glück läßt sich all das vom heimischen Bildschirm aus buchen, aber es dauert natürlich, vor allem wegen der persönlichen Daten, die man von uns haben will.

Auch das spanische Einreiseformular will alles ganz genau wissen: Ausweisnummer und Ablaufdatum, Name und alle Vornamen, Adresse zuhause, Adresse in Barcelona, Flugdaten, Impfnachweis, Sitzplatznummern. Aber woher letztere nehmen, wenn man noch nicht eingecheckt ist? Auch dafür hat das Formular eine Lösung: man gibt alles ein, was schon vorliegt, und speichert den Vorgang dann ab, um ihn nach dem Check-in zu vervollständigen. Für diese Wiederanmeldung erhält man einen Accountlink und eine ID.

Die Lufthansa erlaubt den Check-in 23 Stunden vorab, für uns also um 15.25 Uhr an einem Montag, der zum Glück ein Feiertag ist. Die Sitzplätze sind schnell gewählt, hinwärts auf der linken Seite vorne für eventuelle Tiefblicke auf die Alpen, zurück dann später auf der rechten. Und da einige Corona-Testnachweise ja bekanntlich schon nach 24 Stunden wieder verfallen, wird erst jetzt der Weg frei zum Hochladen der Zertifikate. Hochladen? Ich schaue vom Papierausdruck zum Smartphone und wieder zum Papier: wie soll ich das hochladen? Mehr zufällig finde ich heraus, dass die CovPass-App eine Funktion zum Erzeugen und Mailen eines PDF hat. Nach ein paar Fingertipps und Mausklicks habe ich das erste Zertifikat im Online-Formular, wo es geprüft und für gut befunden wird. Dann das zweite: Validierung abgelehnt. Dabei ist mein Impfnachweis doch vollkommen in Ordnung?! Die Lösung für diese unerwartete Komplikation sieht so aus, dass man ein weiteres Formular ausfüllt, mit Impftermin und Wirkstoff und dem Vorbehalt des Abgleichs mit dem Impfpass bei der Einreise. Zur Belohnung gibt es schließlich zwei Ausdrucke mit jeweils einem QR-Code, der dann am Check-in-Counter vorzulegen ist. Nun können wir endlich entspannt starten.

Unser Nahverkehrsticket „Hola BCN” mit 120 Stunden Gültigkeit haben wir direkt beim Verkehrsverbund TMB gebucht. Der Preis ist zwar nominell derselbe wie bei der touristischen Buchungsoption, aber der Verbund gibt 10% Nachlass. Die Strecke vom und zum Flughafen mit der Metrolinie L9 ist bei diesem Ticket inklusive. Und so lassen wir uns also von den Wegweisern zunächst zu den Gepäckbändern geleiten und von dort dann hinaus oder besser gesagt hinunter zur Metro. Die sieht eigentlich gar nicht aus wie eine Metro, sondern eher wie eine lange Schaufensterfront mit ein paar Türen, die sich aber erst öffnen, nachdem der Zug eingefahren ist.

An der Station Torrassa sollen wir laut Plan in die „rote” Linie L1 umsteigen. Welche Richtung? Ja, wenn das immer so einfach wäre. Zuerst jedenfalls müssen alle aus- und umsteigenden Fahrgäste auf die Rolltreppe. Dann, nach einem Absatz, auf eine zweite. Nach einem weiteren Absatz auf eine dritte, der eine vierte folgt. Und dann noch eine fünfte. Der Metrotunnel liegt hier wirklich sehr tief. Eine letzte Rolltreppe noch, dann klärt sich die Fahrtrichtung, denn die Stationen sind angeschrieben. Unser Ziel heißt „Arc de Triomf”. Von dort liegt das „Motel One”, unser Lieblingshotel, nur noch drei Häuserblocks entfernt.

Der Gehweg erweist sich als zu grob gepflastert für zwei Rollkoffer, aber auf der Straße geht es. Und dann sind wir da. Das Mädchen an der Rezeption spricht ein ganz passables Deutsch und ist überhaupt sehr hilfsbereit. Ob wir ein Frühstück dazubuchen wollen? Morgen ja, aber übermorgen müssen wir schon ganz früh los, Stichwort Madrid, Abfahrtszeit 6.45 Uhr. Und wir müssen dann ja auch erst noch zum Bahnhof!

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