Was man gesehen haben muß

Der Graveur hatte einen schlechten Tag. Vielleicht noch etwas verkatert vom Rumgenuß schrieb er „Post Office“ statt „Post Paid“ auf die Druckplatte für die neue One Pence Briefmarke. 500 Stück davon haben sie sie gedruckt, bis es jemandem auffiel, eine Handvoll davon existieren noch heute. Es sind die wertvollsten Briefmarken der Welt. Und weil es nicht angehen kann, daß Mauritius keine Mauritius besitzt, haben sie vor ein paar Jahren mit Spendengeldern zwei davon zurückgekauft, eine blaue und eine rote. Im Briefmarkenmuseum darf man sie ein paar Minuten lang bewundern, dann wird das Licht wieder ausgeschaltet.

Bewundert haben wir heute auch das Cap Malheureux, das Unglücks-Kap mit seinem markanten roten Kirchlein, sowie natürlich den berühmten Botanischen Garten von Pamplemousse und dessen Sammlung von … nein, nicht den schmackhaften Zitrusfrüchten, denen der Ort seinen Namen verdankt. Oder auch umgekehrt, wer weiß das schon so genau. Berühmt ist der Garten für die aus aller Welt zusammengetragenen Palmen: Krokodilpalmen, Bambuspalmen, Königspalmen und noch hunderte weitere. Dazu Lotus in weiß und rosa, Schildkröten, Victoria-Seerosen, deren Blüten nach zwei Tagen die Farbe wechseln, Zimt-, Nelken- und Litschibäume … Moment mal, da gehörte doch etwas nicht dazu?! Doch, gehört es: der Garten hegt und pflegt auch eine Herde Riesenschildkröten. Es soll sie früher hier auch freilebend gegeben haben.

Unweit vom Garten grüßt der Schornstein einer ehemaligen Zuckerfabrik. Der Anbau von Zuckerrohr ist zwar noch heute einer der Haupt-Erwerbszweige der Insel, aber man schafft jetzt die Ernte zu den Fabriken statt umgekehrt. Und in den alten Anlagen von früher werden statt Zuckerstangen jetzt Touristen verarbeitet. Nein, so kann man das nicht schreiben: das Museum ist vorbildlich, ja geradezu mustergültig in seiner Authentizität und dem Aufbau seiner Ausstellung. Man erfährt sehr viel über die Geschichte der Insel und die Interessen ihrer jeweiligen Besitzer. Man steht ehrfürchtig vor den riesigen sich drehenden Zahnrädern, die einst die Preßanlage antrieben. Und man darf, wenn man das alles ausgiebig bewundert hat, nicht nur ein Dutzend Sorten Zucker kosten, sondern fast ebenso viele Sorten Rum. Wohl bekomm‘s. Zum Glück liegt das Restaurant auf dem gleichen Gelände. Nur der Zug nach Port Louis verkehrt schon lange nicht mehr, wir müssen also doch wieder unseren Tourbus besteigen.

You can follow any responses to this entry through the RSS 2.0 feed.Both comments and pings are currently closed.

Comments are closed.