Alle wollen zum See

„Komme ich mit diesem Bus zur Firstbahn?“, will eine ältere alleinstehende Frau auf englisch von mir wissen, während wir alle auf den Ortsbus 121 warten. Ich bejahe das, denn dort wollen wir ja ebenfalls hin. Sicherheitshalber fragt sie noch einmal den Busfahrer. Auch der bejaht und rät der Guten, einfach an der Haltestelle Firstbahn auszusteigen. Sie möge sich bitte an uns orientieren, setze ich hinzu. Wie im Weißferdl-Klassiker von der „Linie 8“ fragt sie am Bahnhof erneut, ob das nun ihre Haltestelle sei. Nein, erst am Stachus, denke ich mir insgeheim. Dann sind wir an der Firstbahn, und alle Passagiere mit dem Ziel Gondelbahn steigen aus. Auch die besagte Dame, nachdem sie sich erneut von verschiedenen Seiten hat versichern lassen, dass das auch für sie der rechte Augenblick zum Aussteigen sei. Im Hinaufgehen zur Talstation, wo das Ziel deutlich sichtbar angeschrieben steht, hören wir sie hinter uns noch diverse weitere Passanten fragen. Wir können aber nicht sagen, ob sie die Gondelbahn dann auch wirklich gefunden hat. Möglicherweise schon.

Die Auffahrt mit der Gondel böte unterwegs zwar diverse Möglichkeiten verfrüht auszusteigen, aber mit typischer Politikerstrategie – alles einfach aussitzen – kommt man recht zuverlässig oben an, wo der Wanderweg zum beliebtesten Ausflugsziel weit und breit beginnt: dem Bachalpsee. Doch halt! Vorher gilt es noch, den neuen Steg quer durch die Felswand unterhalb des Almrestaurants zu begehen, Tiefblicke inbegriffen. Zudem könnte man mit dem First Flyer an einem Drahtseil adlergleich zur Mittelstation hinabschweben oder sich diversen anderen Bespaßungen hingeben. Aber die Hauptattraktion hier oben ist eben doch der See.

Und auch der Weg dorthin hät für Natur- und Blumenfreunde allerlei Interessantes bereit: Enziane, Knabenkräuter, Kohlröserl, Glockenblumen, Eisenhut, Gemswurz und vieles mehr, dazu natürlich atemberaubende Aussichten auf Wetter- und Schreckhorn, den Eiger, die Jungfrau und wie die Gipfel alle heißen. Allein deren Gletscher sind in den vergangenen Jahren geradezu dramatisch abgeschmolzen.

Am See ist viel los, und jeder findet sein persönliches Erlebnis: die einen schwimmen, die anderen freuen sich, dass ihre Kinder sich freuen, und einer jagt seine Drohne kreuz und quer über den erfreulich blauen Himmel. Unsereiner wiederum fotografiert das dekorative Wollgras, hartnäckig die Erfahrung ignorierend, dass das fast immer mit feuchten Knien endet. Diesmal dank neuer Technik aber nicht.

Was für ein erlebnisreicher Tag.

Category: Allgemein, Schweiz 2021
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