Der Erfurter Egapark hat eine lange Geschichte, von der Westdeutsche nur wenig wissen: fragte man uns nach namhaften Veranstaltungsorten der IGA, der Internationalen Gartenbauausstellung, so fielen uns wahrscheinlich auf Anhieb der Hamburger Planten-un-Blomen-Park, der Stuttgarter Killesberg oder der Münchner Westpark ein, während die „Internationale Gartenbauausstellung der sozialistischen Länder” von 1961 als deren Gegenveranstaltung wohl kaum jemandem geläufig wäre. 30 Jahre nach der Wende darf Erfurt auf dem historischen Gelände nun heuer mit der Buga 2021 erneut eine große Gartenschau ausrichten.
Die lange Tradition Erfurts als „Blumenstadt” zeigt sich auch darin, dass im Hauptgebäude der Zitadelle Cyriaksburg seit nunmehr 60 Jahren auch das Deutsche Gartenbaumuseum untergebracht ist. In der Buga-Zeit kann man nur beides zusammen besuchen, also beginnen wir unseren Rundgang erst einmal dort. Gezeigt wird die Geschichte des Gartenbaus, die Biologie der Pflanzen sowie deren Züchtung, Anbau und Vermarktung, sei es nun in Form von Gartenerzeugnissen oder im Sinne der Erholung und Entspannung.
Die kinetische Pflanze „Valentine” ist Anschauungsobjekt und Kunstwerk zugleich: durch Plastikschläuche fließen, für die Besucher gut sichtbar, Wasser und Nährstoffe, es wird Umgebungsluft aufgenommen und in Pflanzenmasse umgewandelt, dargestellt durch einen sich aufspreizenden Laubrechen. Man könnte ihr stundenlang dabei zusehen.
Die heutige Cyriaksburg ist der verbliebene Teil einer einst viel größeren Zitadelle. Deshalb befindet sich der Tiefbrunnen auch nicht direkt unter dem Gebäude, sondern ist über einen langen unterirdischen Gang erreichbar, an dessen Ende man in die schaurige Tiefe hinunterblicken kann.
Wieder draußen im Gelände, meldet sich der Hunger auf Thüringer Rostbratwurst. Zuerst steht aber noch der Besuch im Zwei-Zonen-Klimahaus „Danakil” an, denn man braucht für den Eintritt ein Zeitfenster, und wir haben unseres für 11:45 Uhr gebucht. Der Weg führt zuerst durch das Wüstenhaus, dann durch das Regenwaldhaus. Im ersten ist außer Sand und allerlei Kakteen nicht viel zu sehen, denn die Tiere sind offenbar gewerkschaftlich organisiert und haben gerade Mittagspause. Das gilt auch für das wachhabende Erdmännchen: schaute es bei unserem allmählichen Näherkommen noch aufmerksam in die Runde, ist es damit Punkt 12 Uhr vorbei, und es kommt auch keine Ablösung. Schade. Dafür ist aber das Tropenhaus voller Leben, wir ergötzen uns an frei fliegenden Schmetterlingen, sehen ein Weilchen den Blattschneider-Ameisen zu, entdecken zwischen den Blättern ein Paar grellgelbe Pfeilgiftfrösche und sehen dem Chamäleon in die Augen: abwechselnd mal ins linke, dann wieder ins rechte. Ob das Erdmännchen inzwischen wieder Posten bezogen hat? Leider nein. Den ganzen Weg durch beide Häuser noch einmal laufen gefällt uns nicht, wir wenden also – und werden dafür gerüffelt.
Draußen dann endlich Rostbratwurst. Mit Senf. Im Brötchen. Denn die Wurst will ja irgendwie in der Mitte festgehalten werden.
Die Buga verteilt sich auf zwei Hauptstandorte: Egapark und Petersberg. Im Geländeplan zwar ist beides eingezeichnet, aber leider nicht, wie man von einem Gartenteil in den anderen gelangt. Zudem sind beide Pläne unterschiedlich orientiert. Gravierendstes Manko ist aber die Regel, dass man den verlassenen Parkteil nicht erneut betreten darf: eine Veranstaltung im anderen Gartenteil besuchen ist also nicht drin. Außer man fragt in der Info nach dem Weg, dann erhält man ein Bändchen für den Wiedereintritt.
Gelohnt hat sich die zweimalige Fahrt mit der Straßenbahn dennoch nicht, denn meine Pressekarte gilt für diesen Ausstellungsteil nicht, und Einzelkarten gibt es auch nicht.
Zurück im Egapark steht nun der lange Rundweg über Blumenhalle, Begrüßungsbeet, verschiedene alte und neue Themengärten und das Rosencafé an, wo ein Alleinunterhalter Schrammelmusik zum besten gibt, in deren Texten sich „Wien” auf „gern” reimt. Aber wer hört schon so genau hin, wenn er doch mit dem Verarbeiten der vielen visuellen Eindrücke beschäftigt ist?
Die Wasserspiele der Lilienterrasse fügen einen weiteren hinzu, denn sie schleudern Stakkatos in die Luft, die eher zu einem Tango als zu einem Wiener Walzer passen würden.
Inzwischen ist es 5 Uhr nachmittags geworden, und das Gelände leert sich bemerkenswert rasch und gründlich. Dabei verbleiben doch noch ganze zwei Stunden bis zur Schließung! Wir können also noch den Aussichtsturm besteigen, mit herrlichem Rundblick über die Stadt und die Berge des Thüringer Waldes, und den ausgedehnten japanischen Garten mit seinen Felsen und Wasserspielen durchstreifen. Und da wir in der Nähe des unteren Eingangs geparkt haben, müssen wir von dort auch nicht wieder hochlaufen.
Acht Stunden hat unser Aufenthalt gedauert, und wir haben noch längst nicht alles gesehen. Das ist wohl auch der Grund, warum es neben den Tageskarten auch Zweitageskarten gibt.