Erster Besuch im Humboldt Forum

Hurra, wir fahren nach Berlin, und das aus zwei Gründen. Zum einen ist das Humboldt Forum endlich für die Öffentlichkeit zugänglich, zum anderen wartet der Friedrichstadt-Palast mit einer neuen Show auf. Mit dem „Arcotel Velvet” hatten wir zudem ein Hotel in fußläufiger Entfernung gefunden, noch nicht ahnend, dass das auch aus Gästesicht ein absoluter Glücksgriff war.

Denn das Oranienburger Tor liegt nicht nur günstig am Schnittpunkt einer U-Bahn mit einer Straßenbahn, es gibt dort auch einige Geschäfte in Laufweite – und einen Platz, um das Auto unterzustellen. Vorher werde ich noch gefragt, ob es denn kürzer als fünf und schmäler als zwei Meter sei und anklappbare Außenspiegel habe. Dann darf ich damit vor das Rolltor fahren und dasselbe per Chip öffnen: vor mir liegt eine Art Garage mit Rampen, auf die es einigermaßen exakt einzuparken gilt. Handbremse anziehen und Fahrzeug verlassen, dann schließt sich das Tor, und das Auto wird zu einem kompakten Würfel zusammengedrückt. Zumindest hört es sich so an. Kurze Zeit später steht an derselben Stelle ein Audi. Er gehört aber dem Mann, der neben mir steht und ebenfalls einen Chip in den Händen hält. Ich hoffe, das funktioniert übermorgen mit meinem Prius genauso.

Im Hotel bewohnen wir das Zimmer 405. In den Aufzug nach oben steigt auf der dritten Etage ein Staubsauger ein. Nur der Schlauch, denn der stand wohl angelehnt draußen. Die zugehörige Putzkraft entschuldigt sich, dann geht es weiter. Das Zimmer ist geräumig, hat eine vom Naßraum getrennte Toilette und verfügt über zwei Sitzgelegenheiten: in vielen Hotels leider keine Selbstverständlichkeit.

Als wir wieder auf die Straße treten, ist sie nass. Aha, es hat geregnet. Aber nur bis zur Straßenmitte. Demnach war es wohl doch die Straßenreinigung. Wir beschließen, den nach 452 Kilometern Fahrt deutlich aufkommenden Hunger mit einem Nudelgericht aus der PHO-Noodlebar gegenüber zu stillen. Deren Mitnehmgerichte sind zwar nicht ganz billig, dafür aber reichhaltig und wohlschmeckend.

Frisch gestärkt geht es sodann zu Fuß, vorbei an Bodemuseum und Lustgarten, zum neuen Berliner Schloss hinüber. Dessen Ähnlichkeit mit dem 1950 abgerissenen Stadtschloss ist aber in weiten Teilen nur äußerlich, im Inneren erwartet uns ein moderner Zweckbau mit großzügigem Foyer, einem einladenden Innenhof, einer Passage, einer Treppenhalle sowie funktionalen Räumen auf vier Etagen plus Keller. Allein die inneren Seiten der fünf Eingangsportale und drei Seiten des Schlüterhof genannten Innenhofs erstrahlen in derselben barocken Ausstattung wie früher.

Die Wiedererstehung des Schlosses ist im Skulpturensaal dokumentiert, wo auch einige gerettete Architekturteile des ursprünglichen Baus ausgestellt sind. Über die Geschichte des Platzes wiederum informiert das Videopanorama direkt neben dem Nikolaiportal.

Es ist schon ein skurriles Bauwerk, das da nun den Platz des früheren Berliner Schlosses einnimmt: teils rekonstruiert, teils modern, auf keinen Fall aber etwas, das man als Schloss bezeichnen könnte. Denn auch wenn es exakt denselben Luftraum ausfüllt und exakt dieselben Außenfassaden zeigt: es ist im Inneren ein völlig anderes Gebäude, das eher an ein modernes Einkaufszentrum erinnert, mit langen Rolltreppen, viel Glas und Cafés mit Sitzgelegenheiten, wo man herrlich entspannt seinen Cappuchino schlürfen und dabei über die soeben besuchte Ausstellung sprechen kann.

Und deren gibt es im Humboldt Forum gleich mehrere. Noch am Anreisetag besuchen wir „Berlin global”, eine Ausstellung, bei der die Besucher mit einem Abstimmgerät ausgestattet werden und dann unter anderem verschiedene Türen durchschreiten müssen: will ich eine offene Stadt? Oder lieber eine soziale Stadt? Will ich Bewährtes schützen oder lieber Neues wagen? Und in welcher Form würde ich mich an einer Revolution beteiligen? Die gesellschaftlichen Hintergründe solcher Fragen liefern die Bilder und Videos an den Wänden, aber auch die Ausstellungsstücke selbst. Wofür interessierten sich die Berliner während des Kaiserreichs, in der Zwischenkriegszeit oder während des Kalten Krieges, als mitten durch Berlin eine trennende Mauer verlieft?

Die hereinbrechende Nacht beschert den Berlinern heute bunt beleuchtete öffentliche Gebäude, das markante Bode-Museum sieht aus wie eine Jahrmarktsbude. Und alles was Beine hat ist unterwegs.

Category: Allgemein, Ausflüge
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