Planet Vulkan

Auf Spocks Heimatplanet ist der Himmel grün. Das sieht man vor allem auf den Fotos ganz deutlich: unten eine außerirdische, vom Vulkankratern und Lavaströmen durchsetzte Landschaft, und darüber ein grünblauer Himmel mit blaßgrünen Haufenwolken. Dann öffnen sich die Türen des Raumschiffs, und wir erkennen, dass nicht eine fremde Sonne oder Atmosphäre hinter der Farbgebung steckt, sondern die getönte Scheibe des TUI-Busses, der uns heute morgen von Puerto del Carmen heraufgebracht hat in den Timanfaya-Nationalpark.

Waren wir vorgestern die ersten Gäste, die abgeholt wurden, sind wir heute die letzten, und der Bus bereits rappelvoll. Zudem hätte er eigentlich erst 10 Minuten später eintreffen sollen, aber es heißt ja immer: bitte seien Sie 10 Minuten vor Abfahrt an der Haltestelle. Waren wir auch. Nur unsere Corona-Masken nicht. Und was man nicht im Kopf hat respektive vor Mund und Nase … man kennt das ja.

Das Meer aus erstarrter Lava ist von kleinen Islotes, also Inselchen, durchsetzt. Auf einem von ihnen, der Islote de Hilario, betreibt der Teufel höchstpersönlich eine Restaurantküche. Das sieht in der Praxis so aus, dass aus einem brunnenschachtähnlichen Schlot, über den man Grillroste gelegt hat, beständig heiße Luft aufsteigt. Der Grillmeister hat aber wohl gerade frei oder ist nebenan mit allerlei Vorführungen beschäftigt. Deren erste besteht darin, dass den Umstehenden ein paar vom Boden aufgelesene Granulatkörnchen in die hohle Hand gereicht werden. Huch, die sind ja heiß! Ein Stück weiter nimmt der Vorführer etwas trockenes Strauchwerk auf seine Heugabel und hält es über einen Schacht. Prompt geht das Gebüsch schon nach wenigen Sekunden in Flammen auf. Für einen überraschenden Knalleffekt sorgt dann die letzte Vorführung: aus einem Eimer wird Wasser in ein senkrechtes Rohr gekippt, das kurz darauf geräuschvoll als Dampfsäule wieder zum Vorschein kommt.

Die exotische Landschaft des Nationalparks ist vor fast 300 Jahren bei einem vernichtenden Vulkanausbruch entstanden, der das fruchtbarste Tal der Insel mitsamt einiger Dörfer unter einer dicken Lavaschicht begrub. Man hat eine kleine Straße hindurch gebaut, gerade breit genug für einen Reisebus. Anders könnte man diese bizarre Gegend auch gar nicht erkunden, denn Privatfahrzeuge sind nicht zugelassen. Und zu Fuß? Lieber nicht.

Der Lavastrom reichte damals hinab bis ans Meer und vergrößerte die Insel um mehrere Quadratkilometer. Wo es einst einen Hafen gab, wird heute aus einer Lagune Meersalz gewonnen. Wir unternehmen einen kleinen geführten Rundgang zwischen den Verdunstungsbecken, bewundern das zu Kegeln aufgehäufte Salz, und fahren dann weiter zur Hauptattraktion dieser Gegend: der grünen Lagune.

Vom „Montaña el Golfo”, einem alten Vulkan, hat die Erosion nur ein Halbrund zurückgelassen, einem griechischen Theater nicht unähnlich. Das zugehörige Bühnenbild ist ein wahres Meisterstück der Natur: durch einen flachen Wall aus dunklem Vulkanschotter vom Meer abgeriegelt, beeindruckt die länglich geformte Lagune mit intensiv badesalzgrünem Wasser. Abgeriegelt wurde zum Glück auch der Zugang, so dass kein Tourist in der eindrucksvollen Szenerie herumlatschen kann. Erneut fühlen wir uns auf einen fremden Planeten versetzt.

Die Tour findet ihre finale Abrundung in einem Weingut, wo ein jeder Teilnehmer mit einem Probeschluck bedacht wird. Auf Lanzarote ist der Weinbau beschwerlicher als anderswo, denn um jeden Weinstock muss erst ein halbrundes Mäuerchen erbaut werden, das ihn vor Wind und damit vor dem Austrocknen schützt, anderenfalls könnten die Bauern nur bestenfalls noch Rosinen ernten. Viele Rebstandorte wurden allerdings bereits wieder aufgelassen, vor allem jene an den Hängen der Vulkankegel ringsum. Die noch immer sichtbaren, regelmäßig angeordneten Kringel haben etwas von einem 70er-Jahre-Tapetenmuster.

Der Blick hinüber nach Fuerteventura reicht heute noch über den Tindaya hinaus, wie immer der Berg direkt dahinter auch heißen mag. Zur anderen Seite hin soll man an klaren Oktobertagen sogar den fast 300 Kilometer entfernten Teide auf Teneriffa sehen können.

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