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Inderhaven und Meerjungfrau

Kopenhagen ist eine sehr wuselige Stadt mit vielen Fußgängern und Radfahrern, insbesondere im Bereich des Gammelholm, wie die Kopenhagener ihre Altstadt nennen. Es ist dort aber keineswegs vergammelter als anderswo, das Wort bedeutet einfach nur alt, also Altstadt. Und im Inderhaven legen auch keine Schiffe aus Indien an, es handelt sich wohl schlicht um den inneren Hafenbereich.

Aber was ist das für eine seltsame Brücke, von der mit einem Affenzahn Radfahrer um Radfahrer herunterkommen, oft schneller als man auf die andere Seite springen kann? Der kombinierte Rad- und Fußweg führt nicht etwa schnurstracks auf die Brücke, sondern endet an einem Zäunchen. Wie bei einer Autobahnbaustelle gilt es, auf die Parallelspur zu wechseln, die einen ein Stück weiter ihrerseits zum Wechsel zurück auf die Hauptspur zwingt. Und auf der anderen Brückenseite dasselbe nochmal. Des Rätsels Lösung: der mittlere Brückenteil ist beweglich und braucht für seinen Rückzug genau jenen Freiraum, den die Passanten deshalb umgehen müssen.

Von oben hat man einen wunderschönen Blick auf das neue Opernhaus, dessen Hauptsponsor jener Reeder Maersk ist, dessen Name auf Tausende von Containern geschrieben steht. Und so sieht das Opernhaus auch aus.

Aber wo ist nun die kleine Meerjungfrau? Wir finden sie unweit des Gefionbrunnens, der der Sage um die Entstehung der Insel Seeland gewidmet ist.

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Im Komfortbus nach Dänemark

Öffentlicher Nahverkehr ist ja schön und gut, insbesondere mit dem 9€-Ticket. Für die folgenden Etappenziele ist nun aber der Reisebus das Mittel der Wahl.

Typische Merkmale eines Komfortbusses sind unter anderem knieschonende Sitzabstände, Steckdosen an jedem Platz, eine Kaffeemaschine, WLAN und jekühlte Jetränke. Letzteres aber nur, wenn der Busfahrer gebürtiger Berliner ist.

Unsere Tour startet am Hamburger Busbahnhof, gleich neben Hauptbahnhof. Die reine Fahrtstrecke nach Kopenhagen beträgt etwa 300 Kilometer, führt jedoch über insgesamt vier Meerengen, und es gibt nur drei Brücken. Mithin muss der Bus ein Stück weit aufs Schiff, und ebenso die Fahrgäste: eine Dreiviertelstunde dauert die Überfahrt von Puttgarden (D) nach Rødbyhavn (DK). Und damit der Kapitän die beiden Länder nicht verwechselt, weht über dem hinteren Ende des Schiffes eine deutsche und über dem vorderen eine dänische Flagge.

Was man in Kopenhagen gesehen haben muss? Natürlich die kleine Meerjungfrau. Die Begegnung ist allerdings erst für den zweiten Tag vorgesehen. Ein kleiner Abendspaziergang über das Oktogon von Schloss Amalienborg ist aber noch drin.

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Fräulein Else

Wir sind für den Abend mit Fräulein Else verabredet. Auf deutsch: wir haben Karten für die Elbphilharmonie. Dazu ein Bahnticket für den ICE. Und zwei schwere Reisekoffer mit Textilien für deutlich kühlere Tage, als wir sie zuletzt in Nürnberg hatten. Wohin die Reise geht? Ins Land der Trolle. Mehr dazu später.

Warum die Bahn wohl zwei Züge nahezu gleichzeitig von Nürnberg nach Hamburg starten läßt? Die noch dazu beide dieselbe Strecke nehmen? Unser ICE startet vier Minuten später als sein Bruder am Nachbargleis und kommt, man glaubt es kaum, praktisch ohne Verspätung in Hamburg an. Zwar müssen wir, weil sich die Tür nicht öffnen läßt, über den Nachbarwaggon einsteigen, aber wir haben immerhin das Glück, in Fahrtrichtung zu sitzen.

Warum aber riecht plötzlich das ganze Abteil nach Nagellack? Ach so, die junge Frau ein paar Reihen weiter lackiert sich gerade hingebungsvoll die Fingernägel passend zur Haarfarbe, also in hellblau. Und was ist nur mit dem Zweijährigen da vorne los? Fühlt er sich angemessen bespaßt, hört man das drei Reihen weit. Viel öfter, eigentlich fast ständig, läuft ihm aber irgendeine Laus über die kleine Leber, und das hört dann das ganze Abteil. Endlich nimmt die junge Frau Kind und Koffer und … nein, sie steigt weder aus noch zieht sie ins Mutter-Kind-Abteil um, sondern muss den reservierten Sitzplatz räumen. Womit uns das zweifelhafte Vergnügen zuteil wird, das Quengelkind nun direkt in der Reihe vor uns zu haben. Irgendwo zwischen Berlin und Hamburg schläft es endlich ein. Welch eine Wohltat.

Hamburg ist keine Stadt für Touristen mit Rollkoffern. Was für Menschen, die ihr Leben auf Rädern zubringen müssen, wohl erst recht gelten dürfte. Man tritt vom Hauptbahnhof hinaus auf die Straße und … steht vor einer Treppe. Der Lift zur U-Bahn befindet sich drei Fußgängerampeln weiter auf der gegenüberliegenden Straßenseite, leicht zu erkennen an der Schlange gepäckbeladener Fahrgäste. Endlich sind wir an der Reihe, fahren schräg (!) hinab, und stehen wo? Richtig, vor einer weiteren Treppe. Der Lift zum Bahnsteig befindet sich ein gutes Stück weiter hinten und wurde von irgend einem Spaßvogel so programmiert, dass er auch dann nach oben fährt, wenn man die Pfeil-nach-unten-Taste drückt. Aber irgendwann kommt man dann doch unten an.

Unser Hotel befindet sich direkt neben dem östlichen Ausgang der nächsten Station in Richtung Ohlsbek. Und wie sieht dieser Ausgang aus? Richtig: eine Treppe. Und nur eine Treppe. Gegenüber, also auf der anderen Straßenseite, gibt es zusätzlich eine lange schräge Rampe, aber sie führt genau in die entgegengesetzte Richtung, also weg vom Hotel. Schiebenderweise oben angekommen, müssen wir also erst einmal ein ganzes Stück weit zurücklaufen zur Kreuzung, dann über zwei Ampeln und schließlich am bewußten Treppenaufgang vorbei ins Hotel. Geschafft.

In Hamburg fahren zur Zeit alle Busse nach StopptdenKrieg. Das ist zwar ein nettes und pfiffiges Zeichen der Solidarität mit der Ukraine, erschwert Fremden aber ein wenig die Orientierung.

Dass Hamburg einen Stadtteil Blankenese hat, ist allgemein bekannt. Aber wer von Euch ist schon einmal dort gewesen? Danke, wir auch nicht. Vom Bahnhof Reeperbahn bis zum Bahnhof Blankenese sind es mit der S-Bahn 18 Minuten Fahrtzeit, aber der Bahnhof ist nicht das, was an Blankenese gefällt. Den Linienbus hinunter zur Fähre nehmen wäre sicher eine gute Idee, denn Fähren starten meistens am Wasser. Und weil es eine Ringline ist, müssen wir unterwegs noch nicht einmal aussteigen. Die Fahrt führt erwartungsgemäß auf Einbahnstraßen mitten durch das Treppenviertel. Dort sind die Straßen steil und so eng, dass der Linienbus gerade noch durchkommt. Den Kamikaze-Parkern sei an dieser Stelle gesagt, dass es durchaus nicht genügt, wenn gerade noch ein PKW an Eurem Auto vorbeipaßt.

Die Haltestellen heißen u.a. Strandtreppe, Beckers Treppe und Krögers Treppe. Wie vermutet erreichen wir nach einigen Minuten den Elbstrand, dann geht es durch ein Wäldchen wieder hinauf und zum Bahnhof. Ab sofort gehören wir zu den Menschen, die die attraktive Hamburger Villenvorstadt aus eigener Anschauung kennen.

Die Elphi, wie das spektakuläre Hamburger Konzerthaus für gewöhnlich genannt wird, besteht aus einem hohen Sockel in Backsteinoptik, auf den der in Glasoptik gehaltene eigentliche Konzertbau aufsetzt. Die Ebene dazwischen heißt Plaza und bietet ein Rundum-Panorama auch für Besucher, die nicht die Absicht hegen, einen der darüber liegenden Konzertsäle aufzusuchen. Für die Freunde klassischer Musikgenüsse reicht die Folge der Treppenaufgänge jedoch noch einige Etagen höher, bis sich schließlich die Türen zu einem Konzertsaal öffnen, der wohl weltweit ohne Vorbild ist: von den vielen Zuschauerrängen ist keiner wie der andere, was auch für die akustikfreundliche Wandverkleidung gilt. Heute ist Stummfilm mit orchestraler Begleitung angesagt, und es hängt eine riesige Leinwand von der Decke.

Fräulein Else ist eine Figur aus einem Roman von Arthur Schnitzler, der 1929 als Stummfilm in die Kinos kam. Es geht darin um Geldnöte und um ein unmoralisches Angebot. Doch ist der in der Elphi gezeigte Stummfilm keineswegs so mit Sprechton unterlegt, wie der Dichter die Geschichte erdacht und der Regisseur sie filmisch umgesetzt hat. Stattdessen tritt, weil den Darstellern völlig neue Worte einer sehr gegenwartsbezogenen Erzählung in den Mund gelegt werden, subtiler Humor an die Stelle der Schnitzler’schen Tragik, etwa wenn es um die Erfindung lautloser Schuhe geht: „der Schuh, von dem Sie noch nie etwas gehört haben“.

Aus der Tragödie der Stummfilmära ist durch die humorige Bearbeitung mit ihren Anspielungen auf die moderne Lebenswelt eine köstlich unterhaltsame Komödie geworden, auch wenn das Filmfräulein seinem auf Zelluloid verewigten Schicksal natürlich ebenso wenig entgehen kann wie im Original: eine Mischung aus Rufmord und Selbstmord, also quasi ein Doppelmord.

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