Wandern am 清滝川 (Kiyotakigawa)

Wir sind eine Wanderreise. Zu einer Wanderreise gehört Wandern. Sich vom Busparkplatz durch die Fußgängerzone zur nächsten Sehenswürdigkeit zu schieben oder im schlimmsten Fall schieben zu lassen entspricht da nicht so ganz dem Erwarteten. Heute nun soll das aber ganz anders werden, die zu bewältigende Strecke ist acht Kilometer lang und auf einer Karte eingezeichnet, die zum Beginn der Tour verteilt wird. Natürlich gilt es entlang der Strecke auch wieder ein paar Tempel und Schreine zu bewundern, den ersten gleich zu Beginn, dann einen auf halbem Weg und den letzten am Zielort.

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Vor alledem müssen wir erst einmal an den Ausgangspunkt kommen, und zwar mit dem Linienbus. Ohne die Reiseleitung wären wir verloren, denn wir könnten weder Haltestellen noch Wochentage lesen. Da nützt es dann auch nichts, wenn die Busnummern und Uhrzeiten arabisch angeschrieben sind.

In japanischen Linienbussen zahlt man erst beim Aussteigen. Das hat durchaus einige Vorteile. Unser erstes Ziel, eine Tempelanlage, legt am jenseitigen Berghang, der Weg führt über rutschig-feuchte Steinstufen zuerst hinab und dann wieder hinauf. Leider macht die Sonne sich gerade etwas rar, was schade ist, denn die Anlage liegt malerisch mitten im Wald, und der Ahorn zeigt stellenweise schon Herbstfärbung.

Nahe beim Ausgang duckt sich ein Holzhäuschen unter die Bäume, das als WC ausgewiesen ist. Sicher irgend so ein Plumpsklo, das man nach Möglichkeit meidet. Aber weit gefehlt, den verblüfften Wanderer erwartet eine blitzsaubere Luxustoilette mit allen Schikanen einschließlich Sitzheizung. Das ist eben Japan.

Der Weg führt nun durch die abenteuerlich-wildromantische, ahorn- und zypressenbestandene Schlucht des 清滝川 (Kiyotakigawa). Außer dem Weg sind weit und breit keine Spuren von Zivilisation zu erkennen. Aber dann, am anderen Ende einer Brücke – ein Getränkeautomat. Und noch einer. Bis hierher führt von der anderen Seite aus eine Straße, na ja, sagen wir, ein Sträßchen. Es gibt einen Parkplatz, eine Toilette, ein paar verfallene Häuser, ja sogar eine Bushaltestelle. Der perfekte Ort für unser Picknick … unromantischer geht’s kaum. Ab hier teilen wir uns nun die Wanderstrecke mit dem glücklicherweise recht sporadischen Autoverkehr.

Die zweite Attraktion ist ein buddhistischer Friedhof mit einem Bambushain. Die dritte ein Tempel mit japanischem Garten darum herum. Was hier nicht alles blüht, wenn man nur zur richtigen Jahreszeit kommt! Im Ferbruar die Pfirsichbäume, Anfang April die Kirschen, dann die Rhododendren, die Schwertlilien, der Lotos. Im September dann die Chrysanthemen. Und Anfang November schließlich entflammt der Ahorn. Aber jetzt, im Oktober? Ein paar vorwitzige Kamelien und ein paar Stauden, die sich in der Jahreszeit vertan haben. Aber die Wasser- und Moosflächen wissen ja auch ohne Blüten zu gefallen.

Später geht es dann mit der S-Bahn zurück nach 京都市 (Kyoto) und ins Hotel. Öffentliche Verkehrsmittel sind in jedem Land ein Abenteuer, Japan ist da keine Ausnahme.

Category: Allgemein, Japan 2016
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