Alphorn statt Matterhorn

Was tun, wenn der Wetterbericht für den frühen Nachmittag Regen und Gewitter vorhersagt, gleichzeitig aber nur ein paar Schleierwolken den Himmel zieren? Nun, man packt einfach seinen Rucksack für alle Eventualitäten und zieht los, zur Talstation der Gondelbahn. Der Rest ergibt sich dann unterwegs.

Zwar bilden sich vereinzelt kleine und größere Wolken an den hohen Bergen, aber der Gipfel des Kleinen Matterhorns ist frei, und die spektakuläre Fahrt mit der Gondel über den Gletscher reizt zur Wiederholung, zumal wir ja mit unserer Karte sieben Tage lang freie Fahrt haben. Und schon schweben wir ein weiteres Mal dort hinauf.

Vor uns steigen Personen mit Instrumentenkoffern in den Lift, der von der Bergstation hinauf zur Aussichtsplattform führt. Ein Streichkonzert da oben? Das vermeintliche Cello erweist sich, auf seine ganze Länge zusammengeschraubt, als Alphorn. Und es ist nicht das einzige. Die raumgreifenden Instrumente lassen auf der schmalen Gipfelplattform kaum noch Platz für Zuhörer. Und dann spielen sie. Mehrstimmig. Auf 3.900 Meter Meereshöhe. Mit Blick auf das wolkenverhangene Matterhorn. Welch ein Glück, daß wir zufällig zur rechten Zeit am rechten Ort waren.

Der Erste Hornist sieht wie ein typischer Alm-Öhi aus: weißbärtig, braun gebrannt, mit Lachfalten und schiefen Zähnen. Normalerweise spielten sie im Auftrag des Tourismusverbandes am Zermatter Bahnhof oder vor der Kirche, sagt er. Aber heute hätten sie frei. Ob es nicht schwierig sei, so ein Instrument in so dünner Luft zu spielen? Ja, natürlich. Der Bärtige gibt noch eine Probe seines Könnens, indem er seinem Horn sämtliche Töne entlockt, die so ein Alphorn hervorbringen kann, denn es hat ja weder Ventile noch Löcher, ausgenommen natürlich das große ganz vorne und das hintere zum Hineinblasen.

Inzwischen haben sich das Matterhorn und all die anderen Viertausender dermaßen verhüllt, daß ich mich frage, ob ich überhaupt den richtigen Berg fotografiert habe. Sicherheitshalber nehme ich noch ein Panorama in westlicher Richtung auf, samt der von Italien heraufsteigenden, bedrohlich dunklen Quellbewölkung. Dann verlassen wir den kühlen Ort über dem Gletscher und fahren sicherheitshalber gleich bis Zermatt hinunter.

Auf dem kurzen Weg von der Talstation zum Quartier ereilen uns die ersten Regentropfen.

Category: Allgemein, Zermatt 2020
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