Eingewöhnen auf Lanzarote

Hier auf Lanzarote ist vieles anders als auf anderen Ferieninseln. Das fängt schon bei der Landschaft an, sie ist wie eine Mischung aus Spanien, Marokko und Schottland. Ersteres beruht vor allem auf den schmucken weiß gestrichenen Häusern inmitten einer kargen Vegetation, für den letzteren Eindruck sorgen Berge, Wolken und Wind. Was abends auf der Landseite zu sehen ist, sind aber gar keine Berge, sondern Wolken, die sich an die Konturen der Berge anschmiegen und dadurch wie Berge aussehen.

Anders ist aber auch die Aufmerksamkeit und Herzlichkeit des Personals. Im Hotelrestaurant werden wir zum Tisch nach Wahl geleitet und unsere Bestellung aufgenommen, denn die Gastronomie ist hier eine Mischung aus Bedienrestaurant und Büffet: wir durften für das Abendessen aus zwei Vorspeisen und vier Hauptgerichten wählen, die am Tisch serviert werden, für alles andere herrscht Selbstbedienung, jedoch ohne Drängeln und ohne wählerisches Herumtrödeln der Leute, die vor einem stehen, und ohne permanentes Gerenne nach vergessenen Besteckteilen, denn die werden passend gebracht. Wir bestellen zwei Gläser offenen lanzarotinischen Wein, und die Kellnerin kommt mit einer Flasche. Sie hat aber nicht etwa unsere Bestellung falsch aufgenommen, sondern es ist hier so üblich: Gläser aufstellen, den Probeschluck servieren, bei Zufriedenheit des Gastes die Gläser füllen wie bestellt und die Flasche wieder mitnehmen. Der Rosé war übrigens eine ausgezeichnete Wahl, und ebenso die Speisen. Und wer sagt, dass man nur ein einziges Hauptgericht bekommt? Die orientalischen Spaghetti waren zwar eigentlich als solches gedacht, aber wenn der Gast sie als Vorspeise wünscht, gerne.

Zum Frühstück wird einem hier im La Isla nicht nur jede nur denkbare Art von Kaffee an den Tisch serviert, sondern auf Wunsch auch das Omelett mit den gewünschten Zutaten. So ausgedehnt wie hier haben wir schon lange nicht mehr gefrühstückt, und zum Abschluss gönnen wir uns noch je ein Glas Prosecco aus dem dekorativen Sektkühler.

Und noch etwas ist anders als gewohnt: die Wasserhähne. Hier im La Isla gleichen sie dem Zulauf zu einem Wasserrad, d.h. das Wasser läuft ein Stück weit in einer offenen Rinne herab, beworben es sich an deren unterem Ende ins Waschbecken stürzt oder auf die Hände oder was auch immer. Da wir aber eines der obersten Zimmer bewohnen, mischt sich hin und wieder auch eine Luftblase ins Leitungswasser. In diesem Fall verwandelt sich der sanfte Wasserlauf dann in einen Geysir, und man kann, was man kurz vorher frisch angezogen hatte, zum Trocknen aufhängen und sich etwas Neues aus dem Schrank holen.

Draußen auf der Sonnenterrasse war es heute sehr angenehm und erholsam, denn das La Isla ist ein Erwachsenenhotel: kein ferienbegeistertes Herumgerenne, kein Geschrei und Gequiekse, wie es alle, die erst noch erwachsen werden wollen, bei der Berührung mit Wasser typischerweise absondern. Und zum Glück auch keine Leute, die gerne pausenlos mehr oder weniger witzig, vor allem aber viel lauter als notwendig daherquatschen oder mit durchdringendem Gelächter antworten. Keine Ballspiele am Pool oder auf der Wiese, denn der Pool ist sehr klein, und eine Wiese gibt es nicht. Nur gepolsterte Liegen, die man aber nicht herumschiebenderweise dem Sonnenstand nachrücken kann, und ebensolche Sonnenschirme. Mit einem Wort: wohltuende Ruhe, genau richtig, um nach Jahrzehnten wieder einmal Friedrich Dürrenmatts “Der Richter und sein Henker“ zu lesen.

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