Kamakura

Die beiden Städte Tokio und Yokohama sind längst zu einer gigantischen Metropole verschmolzen und wetteifern nun darum, wer wohl die meisten Hochhäuser hat. Blühende Kirschbäume hingegen haben in den beiden Millionenstädten eher Seltenheitswert, zumindest von der Schnellstraße gen Süden aus gesehen. Aber wo immer ein Kirschbaum ein kleines Domizil verteidigt, steht er in diesen Tagen in üppiger Blüte. Und auch weiter draußen, wo sich zunehmend Felder und schließlich Hügel ins Blickfeld schieben, ist jeder Kirschbaum leicht an dem strahlenden Weiß zu erkennen, mit dem er sich zur Hanami-Zeit schmückt.

In der eher kleinen Stadt Kamakura gibt es eine lange Allee von Kirschbäumen, die gerade in voller Blüte stehen und die einheimische Bevölkerung zum ausgiebigen Flanieren mit der ganzen Familie verleiten, denn heute ist Sonntag. Leider können wir nicht anhalten, um es ihnen gleich zu tun, denn die verfügbare Zeit ist ohnehin knapp bemessen, und es gibt in der Stadt gleich zwei Ziele, die kein Tourist versäumen darf und schon gar nicht in dieser Jahreszeit.

Wir widmen uns zunächst dem 長谷寺 (Hase-dera-Tempel), wofür uns eine knappe Dreiviertelstunde gegönnt ist. Für den Blick in die einzelnen Gebäude und die Grotte würde die Zeit ja genügen, aber wer will schon so rasant an all den meditativen, von bunten Blüten umsäumten Wasserfällen und -becken vorüber eilen? Hier ein Weiherchen mit einem plätschernden Brunnen aus Bambusröhren, dort eine Felswand, über die sich ein kleiner Bach ergießt und die Blätter der Pflanzen zum Wippen bringt. Azaleen und Rhododendren tun ein übriges, um unsere Aufmerksamkeit zu fesseln, und ganz weit oben gilt es auch noch einen Blick auf das nahe Meer zu erhaschen. Gerade noch rechtzeitig eilen wir durch das Holztor mit dem riesigen roten Lampion wieder hinaus.

Die Etappe zum zweiten Ziel an diesem historischen Ort ist so kurz, man hätte sie notfalls auch zu Fuß gehen können. Die Rede ist vom Großen Buddha 大仏, der sich ursprünglich im Inneren eines hölzernen Tempels befand, welcher jedoch 1498 von einem Tsunami fortgerissen wurde. Seitdem ist die dreizehn Meter hohe bronzene Statue quasi obdachlos, kann sich aber wie seine Besucher an üppiger Blütenpracht erfreuen.

Den weiteren Weg zum Hotel legen wir nun teilweise mit dem Schiff zurück. Zwar gäbe es durchaus auch eine Straße, und der Bus nimmt auch diesen einfacheren Weg, aber wir Gäste möchten ja die Fahrt auf dem Ashi-See genießen, über dessen Oberfläche sich majestätisch der Fujiyama zeigt – wenn er sich denn zeigt. Heute ist es aber, obwohl oft die Sonne durchscheint, zu bewölkt für diese besondere Note der Überfahrt von Hakone nach Togendai.

Das Hotel für diese Nacht ist angenehm ruhig und das Zimmer ausgesprochen wohnlich. Wie wohl das Frühstück sein wird? Morgen bei der Abreise werden wir es wissen.

Category: Allgemein, Japan 2023
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