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Bienenstich, mexikanisch

S1120055Ausnahmsweise gibt es heute kein Standard-Frühstück mit Rührei und Marmelade im Portionspack, sondern Kartoffeln und Tacos, beides gut gewürzt.

Ziel der heutigen Fahrt ist die Silberstadt Taxco. Dort lebte man früher ganz gut vom Silberabbau, aber heute wird digital fotografiert, dafür braucht es keine silberhaltigen Filmemulsionen mehr. Silber wird seitdem in Taxco nur noch an Touristen verkauft … und wir sind Touristen. Deshalb stehen wir schneller als uns lieb ist im ersten Silbergeschäft am Platze, trinken aus Silberbechern „Paloma“ – Tequila mit Grapefruitsaft – und lassen uns erklären, worauf wir beim Silberkauf achten sollten. Aber kaufen tun wir nicht. Schlechte Touristen heute.

Das Städtchen ist gepflegter als andere, anscheinend lassen hin und wieder doch einige Menschen Geld hier. Wir laufen die enge Hauptstraße, auf der fast nur Taxis verkehren, hinauf zur prächtigen Kirche im typisch mexikanischen Baustil. Da für den Nachmittag noch eine weitere Stadt auf dem Plan steht, halten wir uns aber nicht allzu lange in Taxco auf.

Beim Warten auf den Bus … aua, ein Insekt hat sich in den Ausschnitt meiner Liebsten verirrt und fühlte sich an diesem intimen Ort so unwohl, daß jetzt ein roter Punkt die Stelle markiert, wo es seinen Stechapparat ansetzte und auch zurückließ. Die Señora aus dem Silberladen ist hilfsbereit mit Knoblauch und einer halben Limone zur Stelle. So ganz können die Hausmittel die Schwellung aber doch nicht verhindern.

In Cuernavaca, unserem nächsten Ziel, treffen wir erst ein, als die letzten Sonnenstrahlen die Spitzen der Kirchtürme streifen. Die dortige Hauptkirche ist im Inneren sehr modern gestaltet, ein interessanter Kontrast zum äußeren Erscheinungsbild.

Ein Taxi geleitet den Bus durch die engen Straßen zum Hotel. Heute müssen die schweren Koffer zwar nur bis in den ersten Stock, dafür gibt es aber leider keinen Aufzug hier.

Das Abendessen nimmt eine überraschende Wendung, als plötzlich Wasser aus einem gebrochenen Rohr unsere Füße umspielt. Wir ziehen notgedrungen um, aber dort zieht es. Und so findet uns der Kellner jedes Mal an einem anderen Tisch.

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Die Felsenspringer von Acapulco

S1110038Wir residieren heute im 21. Stock und haben einen phantastischen Blick über die Bucht von Acapulco. Sonnenuntergangs-Romantiker sollten darauf bedacht sein, daß ihr Urlaubsort an einer Westküste liegt.

Nach sehr zeitigem Aufbruch heute morgen sehen wir in der Ferne zum ersten Mal den rauchenden Berg, den Popocatepetl. Mexico City liegt ja bereits sehr hoch, und so merken wir kaum, daß die Straße schließlich auf über 3100 Meter ansteigt, um uns schließlich an Guernavaca vorbei und durch die Bergen der Sierra Madre an den einst mondänen Ferienort zu geleiten, der seine besten Zeiten allerdings längst hinter sich hat.

Das ersehnte Bad im Pazifik muß allerdings noch warten, denn zunächst geht es hinaus zur Klippe der Felsenspringer, die sich todesmutig aus bis zu 35 Meter Höhe in die schmale Bucht stürzen, sehr zur Begeisterung der zahlreichen Zuschauer und nicht, ohne sich vorher an einem kleinen Altar den Segen der Muttergottes erbeten zu haben. Und den brauchen sie in der Tat.

Der Tag war lang, und wir freuen uns auf das erfrischende Bad im Ozean und natürlich den Sonnenuntergang.

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Schwimmende Gärten

S1100106Heute steht eine Bootsfahrt durch die schwimmenden Gärten von Xochimilco auf dem Programm, aber vorher noch besuchen wir den zentralen Platz von Mexico City, die Plaza de la Constitucion, mit der großen Kathedrale, die uns mit Glockengeläut begrüßt.

Die ganze Stadt hat sich weihnachtlich geschmückt. An den Fassaden der Häuser rings um den Zentralplatz prangen riesige Weihnactsstern-Blüten aus Glitzerpapier, und in der Kathedrale selbst ist eine Krippenlandschaft aufgebaut, mit bunt blinkenden Lämpchen dazwischen.

Wie schon die alte Wallfahrtskirche, die wir gestern besuchten, sieht auch dieser Bau irgendwie scheps aus, nicht weil die spanischen Conquistadores das Lot nicht gekannt hätten, sondern des nachgiebigen Untergrundes wegen. Denn die aztekische Stadt, die sich früher an dieser Stelle befand, lag mitten in einem riesigen See, den die Spanier dann trocken legten. Seitdem sinken die Gebäude stellenweise ein und geraten in Schieflage. Die Reste der aztekischen Pyramide, die die Spanier für den Bau der Kathedrale als Steinbruch benutzten, befinden sich ein Stück nebenan.

Die Mexikaner tun sich schwer, ihre kulturelle Identität zu finden. Zu reich und zu hoch entwickelt ist das aztekische Erbe, zu viel davon ist noch heute im Volk präsent, um in den präkolumbianischen Vorfahren nur dumpfe Wilde zu sehen, die von den Spaniern zivilisiert werden mußten. Und so hat der Staat Mexiko, der übrigens zu Nordamerika zählt, seinem Volk ein Nationalmuseum geschenkt, das all diese Kulturen dokumentiert und auch bei uns einen bleibenden Eindruck hinterläßt.

Und dann geht es endlich zu den schwimmenden Gärten. Zwei bunt geschmückte Kähne stehen für uns bereit und werden, nachdem alle darin Platz genommen haben, vom Bootsführer mittels einer langen Stange vorwärts geschoben. An einem Bootsteg legen wir an, und das Essen wird gebracht. Es gibt Gemüsesuppe und Hähnchen mit Reis und Bohnen. Und es schmeckt ganz vorzüglich.

Die Gärten ringsum aber schwimmen schon lange nicht mehr, die Bäume schlugen ihre Wurzeln bis in den Seegrund hinab, die schwimmenden wurden zu festen Inseln und die Zwischenräume zu Kanälen.

Unsere beiden Stocherkähne sind nicht die einzigen. Darf man jemanden einen „fliegenden Händler“ nennen, wenn er dabei ein Boot benutzt? Wir wissen es nicht. Aber daß wir weder gehäkelte Decken noch Silberschmuck kaufen wollen, wissen wir ganz genau.

Und dann komt die Musikkapelle an Bord, sechs Leute und jede Menge Töne, die das Ohr beleidigen. Der schräge Klang gehört aber offenbar dazu, und auch die enorme Lautstärke, in der das Sextett sein „La Cucharacha“ und „Cielito Lindo“ vorträgt. Zum Glück reichte das Trinkgeld nur für genau sechs Lieder, dann lassen die Herren von uns ab und suchen sich neue Opfer. Und auch wir suchen etwas, nämlich unser Hotel auf. Der einzige schwimmende Garten, der uns begegnete, war der Kahn des Bonsai-Verkäufers.

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Pyramidenglück

S1090056Die größte Stadt der Welt, und wir sind mittendrin. Das Verkehrschaos ist aber weniger schlimm als erwartet. Ob das an der modernen U-Bahn liegt? Die fahre mal unterirdisch und mal außerirdisch, läßt unser Reiseführer verlauten.

Schon bald erkennen wir in der Ferne zwei graue Hügel, die aber keine Hügel sind, sondern die Sonnen- und die Mondpyramide von Teotihuacan. Ihm, der vorne am Mikrophon sitzt, geht der Name ganz leicht von der Zunge, aber er konnte ja auch jahrelang daran üben.

Reiseleiter Luis hält die Gruppe resolut davon ab, unter Auslassung der Gemäuer zur Linken gleich den großen Platz vor der Mondpyramide anzusteuern. In einer Mischung aus Pflichtbewußtsein und Stolz vermittelt er der 22 Köpfe starken Truppe erst einmal das nötige Grundwissen über diesen beeindruckenden Platz.

Von dieser ersten Pyramide zieht sich eine breite, von allerlei geheimnisvollen Bauten gesäumte Straße kilometerweit ins Land, und nachdem wir ihr ein Stück weit gefolgt sind, schiebt sich zur Linken die noch gigantischere Sonnenpyramide ins Blickfeld. Mit 63 Metern Höhe ist sie eine der größten Pyramiden Mesoamerikas, und natürlich reizt es uns, die steilen Treppen hinaufzusteigen bis zur Plattform, die einen überragenden Blick auf die gesamte präkolumbianische Ruinenstadt bietet.

Fast könnte man glauben, es gäbe hier mehr fliegende Händler als Touristen, alle paar Meter wird uns irgendwelcher Tand aus vermutlich chinesischer Billigproduktion angeobten. Wie authentisch hergestellte Stücke aus echtem Obsidian und anderen Halbedelsteinen aussehen, erfahren wir in der nahe gelegenen Schleiferei. Wirklich schade, daß wir kein Museum besitzen und auch keines gründen wollen.

Nach dem Besuch einer weiteren Pyramide, die als Besonderheit einen Vorgängerbau Jahrhunderte lang verdeckt hatte, verlassen wir schließlich diesen faszinierenden Ort und kommen ein gutes Stück stadteinwärts zur Basilica de Guadalupe, die von den Mexicanos sehr geschätzt wird, weil sie das Bildnis einer Madonna verwahrt, die ohne menschliches Zutun auf die Leinwand gelangt sein soll.

Damit auch niemand zu lange vor dem Heiligtum verharrt, gibt es ein Transportband wie im Flughafen, man betritt es und wird im Schrittempo vorbeigefahren.

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Frankfurt Chaosport

S1080125Endlich sind wir in der Luft, dem Schneechaos am Frankfurter Flughafen entronnen. Denn bevor so ein Riesenvogel abheben darf, müssen erst einmal die Tragflächen und das Leitwerk enteist werden, und die Enteisungsfirma ist an so eienm Tag natürlich ziemlich beschäftigt. Eine halbe Stunde würde es noch dauern, bis die Fahrzeuge mit der Sprühvorrichtung anrückten, gibt der Flugkapitän bekannt.

Nach etwa eineinhalb Stunden ist es endlich so weit, und wir können die rechte Tragfläche hinter einem dicken Nebel aus grünem Sprühnebel verschwinden sehen. Ein Jumbo Jet ist natürlich nicht in fünf Minuten enteist, und als wir dann endlich hinaus geschoben werden aufs Rollfeld, sind geschlagene zwei Stunden verstrichen.

Da stehen wir nun im Schneematsch und warten. Soeben habe sich herausgestellt, daß die Startbahn erst noch geräumt werden müsse, läßt die nun schon vertraute Stimme aus dem Cockpit verlauten. Und so vergeht eine weitere Stunde.

Fast hätten wir es geschafft, endlich abzuheben … wären nicht inzwischen die Tragflächen wieder vereist gewesen. Er bemühe sich um eine erneute Enteisung, entschuldigt sich der Kapitän, aber das könne dauern, denn die Enteisungsfirma … aber das wissen wir ja schon. Am Ende sind geschlagene vier Stunden verstrichen. Und wir haben noch Glück gehabt.

Nun liegen also 11 Stunden Flug vor uns. Trotz der vorgerückten Stunde, es ist jetzt kurz nach 18 Uhr, werden wir aber schon um 22 Uhr in Mexico City landen, denn wir fliegen mit der Sonne und dürfen folglich die Uhr zurückstellen. Ein ohnehin langer Tag wird so noch einmal um 7 Stunden länger.

Begonnen hat er heute morgen um 5 Uhr dreißig, denn Punkt 7 Uhr stand das Taxi vor der Tür, und es mußten ja noch die Zahnbürsten in den Koffer. Zum Glück liegt bei Flügen in die USA und nach Mexiko die Freigrenze für Gepäck etwas höher, aber das wußten wir nicht und geizten daher um jedes Gramm.

Wie man einen Koffer wiegt, der auf der Waage stehend das Display verdeckt? Nun, man wiegt sich selbst, einmal mit Koffer und einmal ohne. Zwanzig komma sieben und neunzehn komma fünf Kilo. Aber das Stativ bleibt nicht zuhause, kommt gar nicht in Frage, das wird gebraucht!

Im Frankfurter Airport dann herrscht das blanke Chaos, fast jeder zweite Flug ist annulliert, Passagiere müssen umbuchen oder mit der Bahn weiterkommen. Müssen wir in der langen Schlange warten oder in der ganz langen? Zuerst einmal holen wir uns eine Bordkarte aus dem Automaten. Das geht flott, aber wie sollen wir hier innerhalb der gegebenen Frist unser Gepäck aufgeben?

Eine Dame mit Megaphon weiß Rat: Passagiere nach Japan, USA und so weiter bitte mir nach! Es folgt eine atemberaubende Rallye quer durch den Flughafen, die so manchen Passagierfuß in Mitleidenschaft zieht, denn man will ja den Anschluß nicht verlieren, und es gibt immer einige Leute, die nicht sofort beiseite springen. Schließlich gelangen wir zum Lufthansa First Class Schalter, und ab jetzt geht alles flott: Bordkarten-Kontrolle, Sicherheitskontrolle, Paßkontrolle. Geschafft!

Nachtrag: als ob wir noch nicht genug gewartet hätten heute, bleibt die Gruppe, die sich um unseren Reiseführer Luis schart, erst einmal unvollständig. Zwei Tourmitglieder haben es wohl doch nicht rechtzeitig geschafft, zum Flughafen zu kommen. Nur schade, daß der örtliche Reiseleiter davon nichts weiß, und wir deshalb weitere 2 Stunden mit Warten zubringen.

Um 1.30 Uhr geht es endlich mit dem Bus in Richtung Hotel, und gegen 3 Uhr mexikanischer Zeit – zuhause ist es bereits 10 Uhr, wir sind seit 29 Stunden auf den Beinen – geht dieser lange Tag zu Ende.

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Odyssee durch den Atatürk Flughafen

Die Fahrt mit Tramvay und Metro zum Flughafen dauert nicht länger als eine Stunde, Punkt 9 Uhr stehen wir am Schalter der Turkish Airlines, unser Flug geht um 11 Uhr von Gate 220. So steht es zumindest auf der Bordkarte.

Zur angegebenen Boarding Time erweist sich das Gate als geschlossen. Vom Personal ist zu erfahren, der Flug sei „delayed”. Und er ist nicht der einzige. Schlimmer noch, er steht bisher noch nicht einmal auf der Abflugtafel. Auch 15 Minuten später nicht. Und auch nicht nach einer halben Stunde.

Doch welch ein Schreck: beim nächsten Kontrollblick heißt es plötzlich „Last Call”! An einem anderen Gate, in einem anderen Flügel des weitläufigen Atatürk Airport. Jetzt aber schnell! Vorbei an der Duty Free Area und dem Restaurantbereich sprinten wir hinüber nach 217, wo aber nur ein frustrierendes „Bologna” prangt. Ein rascher Blick auf die Tafel zeigt, daß wir noch 10 Minuten länger warten müssen als die Italiener. Zum Glück sind in der Nähe zwei Sitzplätze frei.

Kaum eine Viertelstunde später schreckt uns erneut ein Blinken hoch: „Boarding”. Wir eilen zum Gate … und werden barsch zurückgewiesen, „your flight is delayed for two and a half hour“. Oder so ähnlich. Aber im Display stand doch…?! Richtig, stand. Als wir zurückkommen – die Sitzplätze sind jetzt natürlich weg – finden wir die Hiobsbotschaft bestätigt. Und wir müssen erneut an ein anderes Gate, wieder drüben in jenem Bereich, den wir vorhin so eilig verlassen haben.

Dieses Mal schlendern wir erheblich entspannter dorthin. Zum Glück kommen wir nicht auf die Idee, die Wartezeit im Restaurant zu verbringen, denn sonst säßen wir jetzt nicht in jenem Airbus 319, der nun doch eine ganze Stunde früher starten soll. Da einige andere aber wohl der Anzeigetafel Glauben geschenkt haben, muß der Flieger letztlich doch warten.

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Im Reich der Medusa

S1190004Quer durch dieses unterirdische Gewölbe ruderte einst schon James Bond, direkt in den Keller der russischen Botschaft. Hier war nämlich einer der Drehorte für „Liebesgrüße aus Moskau”. Wir Touristen rudern natürlich nicht, sondern durchschreiten die Zisterne auf bequemen Holzstegen, denn am anderen Ende des antiken Trinkwasserspeichers wartet als besondere Attraktion ein kopfstehend eingebautes Medusenhaupt. Kopfstehend deshalb, weil jeder, der ihr ins Gesicht blickt, sofort zu Stein erstarrt. Die übrigen 12 x 28 Säulen sind hingegen völlig harmlos, und so steigen wir unversehrt wieder ans Tageslicht und in den nächsten Travel Shop für eine Bosporus-Rundfahrt.

Die führt uns zunächst durch abenteuerlich enge und steile Gäßchen … direkt vor unser Hotel. Wozu eigentlich sind wir von hier zum Treffpunkt gelaufen? Ich weiß: damit wir hautnah miterleben können, wie die Gäste einer Teekneipe Stuhl und Tisch vom Gehweg räumen müssen, damit der Bus hier um die Kurve kommt. In Istanbul spielt sich das Leben auf der Straße ab.

Zusammen mit einer überschaubaren Zahl von Mitreisenden tuckern wir unter der Nachmittagssonne die natürliche Wasserstraße und Grenze zwischen den Kontinenten entlang, zunächst an der europäischen Küste nach Norden und dann an der gegenüber liegenden kleinasiatischen Küste wieder zurück, wobei wir ausgiebig die beiden riesigen Hängebrücken sowie zahlreiche Villen und Paläste bewundern können. Kurz vor Sonnenuntergang besteigen wir noch den „Maiden Tower”, so heißt der Leuchtturm auf einer winzigen Insel.

Unseren letzten Abend widmen wir den illuminierten Moscheen und Wasserspielen, alles in fußläufiger Entfernung vom Aziyadé, das sich als wirklich günstig gelegene Operationsbasis für das historische Istanbul erwiesen hat.

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Verwinkelte Gassen

S1180013Es gibt eine ehemalige byzantinische Kirche, die man unbedingt gesehen haben muß, leider liegt sie ziemlich weit abseits. Mit der Tramvay fahren wir zunächst in die Nähe der legendären „Landmauer”, die die antike Bosporus-Metropole einst schützte, beim Angriff auf Konstantinopel aber zerstört wurde.

Den Weg zur Kirche suchend durchqueren wir ein eher armseliges Stadtviertel mit engen, verwinkelten Gassen – und absolut touristenfrei. Nach gefühlten zwei Stunden lassen parkende Reisebusse endlich das Ziel in greifbarer Nähe vermuten.

Ihr hohes Alter ist der Kirche schon von außen anzusehen. Auch sie diente vom Ende des 15. jahrhunderts an als Moschee, wovon das angebaute Minarett zeugt. Sämtliche Fresken und Mosaike wurden übermalt, sind aber heute wieder freigelegt und erzählen in farbenprächtigen Bildern die christliche Heilslehre.

Ein noch älteres Bauzeugnis finden wir ein großes Stück stadteinwärts, wo der römische Aquädukt noch heute in beeindruckender Vollständigkeit eine vielspurige Straße quert. Nun ist es nicht mehr weit zur Süleymaniye-Moschee, die größte der Stadt und sicher auch eine der beeindruckendsten, wenn sie denn zugänglich wäre. Zur Zeit sind aber leider die Handwerker darin zugange.

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Bleiben Sie auf dem Teppich!

S1160011Und keine Fotos, bitte. Der Dolmabahçe Palast aus dem 19. Jahrhundert wird nämlich noch heute gelegentlich zur Repräsentation genutzt, George Bush soll schon einmal hier gewesen sein, und vor zwei Wochen auch Kanzlerin Merkel. Wohl damit sie nicht noch einmal wiederkommt, stehen an den Zugängen Wachleute mit Gewehr und Stahlhelm, die geduldig die vielen posierenden Japaner über sich ergehen lassen.

Drinnen geht es relativ flott durch eine nicht enden wollende Zahl von Räumen, einer prunkvoller als der andere. Kassettendecken, kristallene Lüster, samtene Vorhänge, geschwungene Treppenaufgänge und immer wieder Sitzmöbel aller Art. Das zugehörige Kaffeegeschirr ziert heute die Vitrinen der Schatzkammern, denn es ist aus Gold, Silber oder Porzellan. Und nichts davon darf fotografiert werden.

Die Antworten, die der Haremswächter vor dem bewußten Gebäudetrakt gibt, sind ebenso freudig-perfekt wie nichtssagend: gibt es auch eine deutsche Führung? „Deutsch? Willkommen!” In Italiano? „Uno momento!”. Letztlich beschränkt sich aber die Zahl der Sprachen, aus denen wir wählen können, auf genau zwei: türkisch und so etwas ähnliches wie englisch.

Wie führt man etwa hundert Leute durch ein wenige Quadratmeter großes Hamam mit nur einem Zugang? Ganz einfach: in der Tür rechts halten, drinnen einmal umdrehen und dann im Gegenverkehr wieder hinaus.

Jetzt geht es zur Füniküler. Das liest sich nicht nur wie die Lautschrift des französischen Wortes für Seilbahn, es handelt sich auch um eine solche. Genauer gesagt um eine Standseilbahn, und sie führt durch einen „Tünel” hinauf zum Taksim Platz. Von dort schlendern wir gemütlich wieder hinunter zur Galatabrücke, nicht ohne unterwegs eine Kirche – ja, so etwas gibt es hier – sowie das Hotel besichtigt zu haben, wo Agatha Christie einst ihren „Mord im Orient Expreß” schrieb. Der weithin sichtbare Galataturm aber muß warten, heute ist es dafür zu diesig.

Abends besuchen wir eine ausgesprochen exotische Veranstaltung, nämlich einen Auftritt der tanzenden Derwische. In ihren langen weißen Gewändern drehen sich die fünf Männer zu rythmischer Musik minutenlang wie fünf Kreisel um ihre Achse und dann, nach kurzem Innehalten, wieder und immer wieder. Was für ein beeindruckendes Erlebnis.

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Vom Muezzin geweckt

S1150175„Allah ist am größten. Ich bezeuge, es gibt keinen Gott außer Allah. Auf zum Gebet!” schallt es von allen Minaretten. Und weil es noch ganz früh am Morgen ist, fügt der blecherne Rufer auch noch ein „das Gebet ist besser als der Schlaf” hinzu.

Obwohl wir natürlich kein Wort verstehen, widmen wir den heutigen Tag pflichtbewußt einem Besuch der Hagia Sophia oder auf türkisch Ayasofya. Dieses Mal mit Schuhen, aber erneut um je 20 TL erleichtert. Allein das Stativ besteht wie schon gestern die Sicherheitsprüfung nicht und piepst wie wild, denn es ist aus Metall und muß wie seine dreibeinigen Kollegen zurückbleiben. Zum Glück bietet die gewaltige einstige Kirche, die zweitgrößte nach dem Petersdom, entlang der Empore genügend Auflageflächen für wackelfreie Aufnahmen der Säulen und Kuppeln sowie der christlichen Mosaike und natürlich auch hier wieder zahlreicher Koranverse, denn der Riesenbau hat auch eine Vergangenheit als Moschee. Drei Stunden sind hier schnell verflogen.

Das schöne Wetter motiviert uns zu einem Abstecher an die Galatabrücke und zum Bahnhof Sirkaçi, der einst die Endstation des berühmten Orient Express war. Am Kai werden Heringe fangfrisch gegrillt und als Sandwich verkauft, sozusagen „Balik to Go”. Angesichts der Hundertschaften von Anglern auf der Brücke möchte man hier kein Fisch sein.

Des Fischgeruchs überdrüssig suchen wir den Heimweg ausgerechnet durch die Gassen des berühmten Grand Bazars, wo ein unbeschreibliches Gedränge herrscht. Und wieder erschallt der Ruf des Muezzin, da es um 17 Uhr dunkel wird. Es ist sicher die Einladung zum Nachtgebet.

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