Es gibt zwei Arten, einen Obelisken zu errichten. Die eine: man meißelt in einem Steinbruch ein langes Stück Stein los, bringt es zum vorgesehenen Platz und richtet es auf. Die andere: man sucht sich eine Bergkuppe und meißelt alles weg, was nicht zum Obelisken gehört. Die Nabatäer bevorzugten die zweite Methode.
Allerdings suchten sie sich für ihr Werk einen der höchsten Berge der Umgebung aus, und so warten erneut 800 Steinstufen auf uns. Für zwei fußschwache Teilnehmer und für sich selbst ordert der Reiseleiter drei Esel, und schon sieht man ihn auf dem Grautier bergan ziehen wie einst Jesus, während seine Jünger ihm zu Fuß folgen. In unserem Fall mit einer Flasche Mineralwasser bewaffnet, denn in den nächsten 3 Stunden gäbe es nichts zu kaufen. Was sich jedoch als unzutreffend erweist.
Oben gibt es neben einem steinernen Altar am allerhöchsten Punkt, den bereits erwähnten Obelisken und ein wenig Mauerwerk im wesentlichen sehr viel Aussicht zu bewundern, der Hauptplatz mit dem römischen Theater und einige der Grabtempel liegen uns quasi zu Füßen.
Für den Rückweg nehmen wir eine andere Strecke. Noch ein letzter schweifender Blick – bautz, liege ich auf der Nase: Knie aufgeschlagen, Kamera ein Bild des Jammers. Der Staub läßt sich abwischen, der Kratzer in der Frontlinse nicht. Mein Opfer an die Götter.
Der Weg hinab ist mit seinen steilen, direkt in den Fels gemeißelten Stufen noch abenteuerlicher als der andere. Hier kann kein Esel entgegen kommen. Oder doch? Ist das nicht Eselsdreck, der mitten auf dem Weg einen Schwarm Fliegen begeistert? Und da kommt auch schon so ein Lasttier die Himmelsleiter herauf. Unfaßbar.
Der rote Sandstein ist überall von farbigen Bändern durchzogen, eine in diesen Fels geschlagene Kammer braucht keine Tapete, das Muster für Wände und Decke liefert die Natur. Wir passieren verschiedene mehr oder weniger verwitterte Tempel und kehren sodann bei einer alten Beduinenfrau zur verdienten Rast ein. Natürlich gibt es, wie auch schon weiter oben, nicht nur Andenken zu kaufen, sondern auch Wasser und sogar Tee aus vergoldeten Mokka-Täßchen.
Und dann verlieren wir den Anschluß an die Gruppe. Was nicht weiter tragisch ist, denn die Königsgräber finden wir auch allein. Man hat sie in Petra ja ohnehin ständig vor Augen. Auch hier fasziniert nicht nur der malerische Verfall, sondern auch die sichtbar gewordene innere Struktur des Felsens.
Anhand einer Texttafel versuchen wir die Grabtempel zu identifizieren: Urnengrab, Seidengrab, korinthisches Grab, Palastgrab. Demnach stehen wir … Moment, das sieht aber anders aus. Erst beim zweiten Lesen erkenne ich meinen Fehler: die Gräber von rechts nach links, steht da. Wir sind in Arabien.
Abgekämpft und ich leicht lädiert erreichen wir pünktlich unseren Bus. Für heute abend steht „Petra at Night” auf dem Programm.