Der Tempel gewordene Berg

Wie baut man einen Hindu-Tempel, wenn man nicht Stein auf Stein setzen will? Nun, man sucht sich einen geeigneten Berg und meißelt einfach alles weg, was nicht nach Tempel aussieht. Übrig bleibt schließlich ein Gebäude, das praktisch aus einem einzigen Stein besteht: ein mehrstöckiges Hauptgebäude mit Kuppel, ein Vorbau, die Brücke zwischen den beiden, je ein Obelisk zur Linken wie zur Rechten, zwei freistehende Elefanten sowie Dutzende weitere, von denen man nur Kopf und Rüssel sieht, weil ihr Körper im gewachsenen Fels steckt, Treppen, Innenräume, Reliefs – alles hängt mit allem zusammen, nichts ist hinzugefügt. Und weil der Kailash-Tempel so einzigartig ist, ist er auch Weltkulturerbe.

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Nicht ganz so eindrucksvoll, aber immerhin ebenfalls mehrere Stockwerke hoch in den Fels gemeißelt ist auch der Tempel 29. Die Treppe vom untersten in das mittlere Geschoß versteckt sich ganz rechts, die vom mittleren in das oberste ganz links – als hätten die Erbauer schon den modernen indischen Tourismus vorausgeahnt, denn nach oben kommen sie nicht, die Familienverbände, für die solche Besichtigungen vor allem ein soziales Ereignis sind, verbunden mit einem Geräuschpegel, der von den Steinwänden noch bis in den hintersten Winkel reflektiert wird.

Indische Frauen gehen nicht, sie schwanken mit dem Oberkörper hin und her und schieben dabei den entlasteten Fuß ein Stück weit nach vorne. Und das alles natürlich in Gruppen. Aber wie gesagt, nach oben kommen sie nicht, denn es gilt, wie Indiana Jones irgendwelchen in den Fels geschlagenen Gängen zu folgen, um sich dann am Ende fast einer jeden halbdunklen Kolonade einer Buddhagestalt zu nähern, der bei näherer Betrachtung der Zahn der Zeit arg zugesetzt hat, denn die Höhlen waren zeitweise bewohnt. Was für ein Ambiente für Mensch und Tier!

Am Abend heißt es Abschied nehmen von Aurangabad. Zurück bleiben Erinnerung an vermüllte Straßenränder und aufdringliche Nippeshändler, aber auch an ein Hotel mit ausgezeichnetem Service und freundlichem Personal.

Ausgerechnet mein notdürftig verschlossener Koffer macht sich am Flughafen verdächtig – das Einbeinstativ – und soll geöffnet werden. Dabei bekomme ich ihn doch selber nur mit Werkzeug auf!

Category: Allgemein, Indien 2016
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