Mit dem goldenen Bus zum Schiff

Wir starten sehr früh, aber nicht so früh wie die Mitreisenden, die schon in München zugestiegen sind: die ersten wurden morgens um 3 Uhr aufgesammelt, wir erst um 5:40 Uhr. Also gerade so, dass wir von zuhause den ersten Linienbus zur U-Bahn nehmen konnten.

Obwohl wir erst am späten Abend auf die Fähre gehen werden, muss das Gepäck bereits jetzt fährtauglich aufgeteilt sein, denn steht der Bus erst einmal auf dem Autodeck, kommt niemand mehr an die Koffer. Zum Glück ist mein Fotorucksack, seitdem die Ausrüstung nur noch aus einem Smartphone besteht, sehr geräumig geworden.

Schon in Bamberg haben wir unseren ersten Busfahrer verschlissen. Das liegt aber nicht an uns, sondern mehr daran, dass die Fahrt nach Travemünde lang und die Lenkzeit begrenzt ist, deshalb übernimmt ab nun ein Stefan den Platz am Steuer – ein sympathischer, zum Scherzen aufgelegter Typ mit dunklem Bart und Käppi.

Als sich bei Fulda der erste Hunger einstellt und wir uns an der Raststätte für ein Fleischküchle entscheiden, weiß die Verkäuferin mit dieser Bestellung so gar nichts anzufangen, sie hat nur Frikadellen. Die schmecken aber genauso.

In Lüneburg legen wir eine etwas ausgiebigere Pause ein. Das nahezu autofreie Hansestädtchen mit seinen mittelalterlichen Bürgerhäusern recht attraktiv, aber alle Gebäude sind irgendwie krumm. Sogar der Kirchturm. Das liegt am Salzabbau, der hier zu Bodenbewegungen geführt hat. Den Turmhelm freilich hat seinerzeit der Architekt falsch berechnet und stürzte sich deshalb aus dem Turmfenster, zum Glück mitten in ein Heufuhrwerk. Ob er sich wohl schmerzlindernde Mittelchen in der alten Apotheke besorgte? Sie ist von 1598 und sieht stellenweise auch noch so aus.

Travemünde ist ein Stadtteil von Lübeck und verfügt über einen Fähranleger. Von dort kann man aber nur auf das Halbinselchen Priwall übersetzen, die Fähren nach Skandinavien legen an einer anderen Stelle ab. Bevor wir an Bord gehen, will heißen im Bus sitzend aufs Autodeck fahren, halten wir uns noch ein wenig im touristischen Teil des Städtchens auf, schauen den Enten und den Möwen zu und suchen auch für uns nach einer kleinen Mahlzeit, die weder ein tiefes Loch in den Geldbeutel reißt noch aus Fisch besteht.

Für die Nacht auf der Fähre wurde uns von Finnline eine Vierbett-Innenkabine zugeteilt. Alle schauen sich erschrocken an und überlegen angestrengt, mit welchen der noch fremden Mitreisenden sie sich eine Kabine teilen möchten. Zum Glück stellt sich rasch heraus, dass diese Kabinen zwar vier Betten haben, die aber nicht zwingend vierfach belegt sein müssen. Alles gut.

Punkt zehn Uhr legen wir ab und genießen bei einem Gin Tonic die letzten Blicke auf das in zunehmender Dunkelheit versinkende Städtchen.

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