Die Kirchen von Verona

Die Altstadt von Verona verfügt über mehrere sehenswerte Kirchen, denen gemeinsam ist, dass man für den Eintritt einen kleinen Obolus zu entrichten hat. Es ist gut angelegtes Geld, allein schon weil es da drinnen angenehm kühl ist. Und es gibt herrlich bemalte Architektur zu sehen. In der Kirche der Heiligen Anastasia zum Beispiel allerlei Rankwerk oder auch das berühmte Fresko mit dem Drachentöter Georg samt Drachen. Am Dom wiederum sind die Funde unterhalb der heutigen Kirche interessant, denn sie stammen vom Vorgängerbau aus dem vierten Jahrhundert. Und an  der dritten Kirche bleiben sogar zwei Dinge in besonderer Erinnerung. Zum einen, dass sie zweiteilig ist, es gibt eine Ober- und eine Unterkirche. Zum anderen, dass ich dort meine Geldbörse liegen lasse, just als ich ein gefundenes Smartphone zur Kasse bringe. Wenig später ruft jemand im Kirchenraum meinen Namen aus. Nanu, wer weiß denn, dass ich hier bin? Eine Reisegruppenteilnehmerin hat mein heiligstes Eigentum gefunden und ihrem Reiseleiter übergeben, der richtig vermutet, ich sei noch in der Nähe. Wie sich der Verlust genau zugetragen hat, läßt sich aber nicht mehr rekonstruieren.

Unser Quartiergeber heißt Francesco und spricht italienisch. Auch wenn er englisch spricht. Aber wir kommen schon mit ihm klar und er mit uns. Das „Ai Leoni” hat sechs Zimmer: zwei liegen auf demselben Flur wie unseres, zwei schließen an die Gemeinschaftsküche an, und eines ist direkt vom Treppenhaus her zugänglich. Vor der Außentür befindet sich eine Bushaltestelle, mit einem beherzten Schritt könnte man quasi vom Haus über den halben Meter Gehweg hinweg direkt in den Bus steigen.

Parkplätze existieren in den engen Straßen der Veroneser Altstadt so gut wie keine. Und wenn doch, sind sie gelb oder blau umrandet, was immer das auch bedeuten mag. Unser Auto steht draußen in einer Seitenstraße vor dem Stadttor „Porta Vescovo”, etwa zwanzig Minuten zu Fuß. Die Koffer hatten wir natürlich vorher der Pension abgeladen. Den Supermarkt „ELs” entdeckten wir erst am Tag der Abreise, denn auf dem Weg dorthin fand sich ein anderer, kleinerer.

Heute steht Nabucco auf dem Programm, ebenfalls von Verdi. Unsere Plätze liegen dieses Mal auf der linken Seite, auf gleicher Höhe wie gestern. Dieses Mal haben wir richtige Sitzkissen dabei. Auf den Beginn der Vorstellung wartend, schauen wir uns um – und blicken in zwei bekannte Gesichter. Wie klein doch die Welt manchmal ist.

Das Bühnenbild besteht aus mehreren rechteckigen Kästen, jeder in der Größe eines Trafohäuschens, und ein paar hellen Steintreppen, die aber sicher nicht aus Stein sind, sonst könnte man sich nicht so leicht herumschieben, wie das nun schon während der Ouvertüre geschieht. Es ist überhaupt eine sehr dynamische Inszenierung, mit aufwändigen Umbauten während der drei jeweils 20 Minuten langen Pausen: mal stehen die Treppen links und rechts, mal zusammen in der Mitte, dann wieder beide rechts, dann … ach, egal. Und auch die Stelen zeigen von Akt zu Akt neue Seiten in neuen Positionen, türmen sich vom zweiten Akt an zum babylonischen Turm auf, der dann im vierten Akt, eine Rauchwolke hinterlassend, mit viel Blitz und Donner zerbirst.

Auch die heutige Oper besticht wieder durch die Vielzahl der Akteure, allein der Chor zählt an die 140 aufwändig kostümierte Mitglieder, die sich über die gesamte Breite der Bühne verteilen und oft auch über die Steintribünen hinter der Bühne, dort wo gestern die Aida-Posaunen standen. Gespannt warten nun alle auf den Gefangenenchor im dritten Akt. Der kommt und wird, ergreifend wie er ist, gleich noch ein zweites Mal gegeben. Übrigens ist auch der Mond wieder pünktlich zur Stelle, dieses Mal aber nicht über der Bühne, da wir ja links von der Hauptachse sitzen.

Wie es sich anfühlt, wenn 20.000 Zuschauer gleichzeitig das „Anfiteatro” verlassen, wollen wir gar nicht erst wissen und flüchten so zeitig wie möglich, hören den tosenden Beifall lieber im Weggehen durch die zu dieser Stunde fast menschenleeren Straßen der Veroneser Altstadt.

Category: Allgemein, Verona 2023
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