Die Hirsche von 奈良市 (Nara)

Der 奈良公園 (Nara Park), den wir per Linienbus aufsuchen, ist ein weitläufiges Gelände mit diversen Möglichkeiten, sich Bewegung zu verschaffen. Man kann an unzähligen alten Steinlaternen entlang laufen und diverse Tempel besichtigen, man kann aber auch den Hügel mit dem besonderen Gras ersteigen, um von oben die Aussicht auf die Stadt zu genießen. Theoretisch könnte man auch den ganzen Park umwandern, aber das würde erstens zu lange dauern, und zweitens ist für den Spätnachmittag wieder Regen angesagt. Und der kürzere Weg vom Hügel wieder herunter durch den Heiligen Wald ist ja ebenfalls sehr schön. Zuerst wird aber noch das Mittagessen geplant und an das Lokal kommuniziert: wer möchte die Nudelsuppe, wer das Currygericht, wer die Garnelen? Egentlich ein ganz normaler Vorgang, sollte man glauben.

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Eine der Attraktionen des 奈良公園 sind seine unzähligen zahmen ニホンジカ (Sika-Hirsche). Zahm und hungrig. Wer seine Kekse nicht umgehend herausrückt, wird auch schon einmal kräftig gestoßen. Zum Glück haben die Tiere ihre Geweihe heuer schon abgeworfen. Wenn keine Besucher kommen, ernähren die Tiere sich vom besonderen Gras des Hügels. Die seit Jahrhunderten bestehende Symbiose hat die pflanzliche Artenvielfalt stark reduziert, man könnte Golf spielen, wenn nur der Hang nicht so steil wäre.

Weil der Park so berühmt ist, besuchen ihn auch zahlreiche Schulklassen. Sie hätten aber nicht unbedingt alle heute kommen müssen, denn wo sich einmal eine Klasse den Weg gebahnt hat, ist für uns Normaltouristen oft kein Durchkommen mehr. Von besonderem Reiz für die Schüler ist ein durchlochter Holzpfeiler, alle wollen hindurch kriechen, die Warteschlange reicht quer durch den halben Tempel, der immerhin für sich beansprucht, die größte Holzhalle der Welt zu sein. Der bronzene Buddha von 752 ist 16 Meter hoch.

Ach ja, das Mittagessen! Der japanische Wirt hat bereits für uns gedeckt: am ersten Tisch alle Nudelsuppen. Am zweiten Tisch die Curryleute, am dritten die Garnelen. Paare, die sich beim Bestellen nicht einig waren, sitzen getrennt. Wer die Mühe nicht scheut, mitsamt seiner Teller und Schüsseln umzuziehen, darf das aber.

Das wäre gestern abend deutlich schwieriger geworden, so viele Gänge waren für uns angerichtet. Welche Speise soll in welche Sauce getunkt werden? Wie ißt man die Suppe, wenn es nur Stäbchen gibt? Und natürlich die drängendste aller Fragen: wohin mit den eigenen Füßen? Zum Glück hält das Restaurant spezielle Möbel für die europäischen Gäste bereit, die Vertiefung unter der Tischfläche erlaubt eine normale Sitzhaltung. Die Schüsselchen leeren sich rasch. Auch die mit der Suppe, denn die darf getrunken werden.

Category: Allgemein, Japan 2016
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