Nationalfeiertag

Das „Quality Hotel Expo” liegt gegenüber dem Messezentrum von Oslo und kann offenbar sehr viele Gäste auf einmal unterbringen und verpflegen. Angerichtet ist jedoch nur für uns, und es gibt auch nur eine einzige Hauptmahlzeit. Werden wir auch das Frühstücksbüffet für uns alleine haben? Mitnichten, die japanische Reisegruppe startet genau zur gleichen Zeit, und es gibt ein wenig Gedränge, das sich aber schnell legt.

Erstes Ziel der heutigen Etappe ist die Stabkirche von Heddar. Sie soll die größte und berühmteste von ganz Norwegen sein. Und sie ist geschlossen. Denn heute ist Nationalfeiertag, und da haben die Norweger besseres zu tun als den Touristen ihre Sehenswürdigkeiten zu öffnen. Überall wehen norwegische Flaggen, sogar an den Autos, und viele Menschen tragen schmucke Trachten. Aus der Stabkirche ertönt Orgelspiel, wahrscheinlich übt der Organist für den Gottesdienst. Und jenseits des Friedhofs kommt soeben eine Prozession den Weg heraufgezogen: bunt gekleidete Menschen mit Blumen und einer großen Flagge.

Eine ähnliche Prozession begegnet uns wenig später an der Straße hinauf zum Haukelivegen. Ein bunt geschmückter Traktor fährt vorneweg, die Polizei sichert nach hinten ab. Die Norweger grüßen und winken, wir winken zurück.

Auf den Bergen entlang der Straße liegt noch vereinzelt Schnee, und auch zwischen den Bäumen am Straßenrand zeigen sich Schneefelder. Wir sind jetzt schon relativ hoch. Hier oben werden die Schneefelder wieder weniger, genau genommen gibt es nur noch ein einziges, und das reicht von Horizont zu Horizont. Vom malerisch gelegenen See, an dessen Ufer die heutige Würstchenpause stattfinden soll, ist außer einer ebenen weißen Fläche nichts zu sehen. Und neben dem Parkplatz türmen sich weiße Schneemauern. Hier sollen wir picknicken? Der eine oder andere mag sich Apfelblüten vor weißen Berggipfeln vorgestellt haben. Nun, die verschneiten Berggipfel hätten wir. Und die Antwort auf die Frage „Pulli oder Windjacke” lautet heute: beides. Die heißen Würstchen schmecken mit klammen Fingern besonders gut, ob nun vor dem Bus oder auch drinnen.

Etliche Kehren und Tunnel später kehrt das Grün zurück, und neben der Straße zeigt der Bergbach durch seine Fließrichtung an, ob wir uns bergauf oder bergab bewegen. Momentan bergab. Und dann rauscht es zur Rechten, denn wir passieren einen mächtigen Wasserfall. Eigentlich sind es sogar deren zwei, die direkt nebeneinander gischtend herabstürzen. Wir haben heute sehr viel Glück mit dem Wetter, denn so ein Wasserfall ist bei Sonnenschein natürlich doppelt so schön. Haben sich alle sattgesehen? Gut, wenden wir uns nun den Fjorden und der Obstblüte zu.

Die Landschaft entlang des Sørfjorden ist ebenso malerisch wie die Straße schmal ist. Bei den Obstbäumen handelt es sich überwiegend um Spalierobst, viele Bäumchen sind allerdings bereits abgeblüht, insbesondere die Kirschen. Die Äpfel aber zeigen sich im schönsten Kleid, genau wie die Norweger, von denen wir noch viele sehen heute. Und überall wehen norwegische Fahnen.

Allmählich neigt sich der Tag dem Ende zu. Eine Attraktion haben wir noch vor uns. Eine, mit der niemand gerechnet hatte: es gibt hier einen Kreisverkehr mitten in einem Tunnel. Er ist indirekt beleuchtet, und es macht Spaß, ihn zu umrunden. Die erste Abfahrt führt nach etwa einem Kilometer direkt auf die große Hängebrücke hinaus. Zur zweiten kommen wir später, von der dritten sind wir gekommen. Jenseits der Brücke verschwindet die Straße in einem weiteren Tunnel mit einem weiteren Kreisverkehr. Da wir vorhin schon die bewußte zweite Ausfahrt hätten nehmen müssen, drehen wir hier eine volle Runde und dann, auf besonderen Wunsch der Fahrgäste, noch eine weitere, fast wie im Eberhofer-Krimi. Dann erneut über die Brücke und in die verpaßte Abfahrt zum Aussichtspunkt. Und von dort, nach kurzem Fotostop, das ganze Programm nochmal von vorne.

Etliche Tunnel später erreichen wir unser Tagesziel: im „Vossestrand Hotel” werden wir zwei Nächte zubringen. Das Objekt mitten im Skigebiet ist urig, und das Zimmer eine Ferienwohnung samt Küchenzeile. Aber wo sind die Betten? Man muss um die Küche herumgehen, und sie sind ein wenig schmal. Nun, das wird schon gehen, aber wie stellt man den Ventilator der Dunstabzugshaube ab? Man möge bitte den Schalter betätigen, steht auf dem Zettel an der Türe. Welchen Schalter? Der herbeigebetene Rezeptionist verrät uns das Geheimnis. Endlich können wir uns nun dem Abendessen zuwenden. Mag das Hotel auch älter und schlichter und abgewohnter sein, seine Küche ist besser in Oslo. Oder es liegt am Nationalfeiertag.

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