Die Stadt der schiefen Häuser

„Wenn man von Bergen aus den Fløyen sieht, wird es bald regnen. Und wenn nicht, regnet es bereits“, sagen die Einheimischen und fügen hinzu, dass die alte Hansestadt pro Jahr 300 Tage mit Regen verzeichnet. Heute ist zwar so ein Tag, aber der Regen setzt erst ein, als wir bereits wieder den Rückweg zum Quartier angetreten haben. Bis dahin genießen wir die Stadt bei bedecktem Himmel mit vereinzelten Wolkenlücken.

Der malerische Stadtteil Bryggen liegt direkt am Hafen und besteht aus ebenso bunten wie schiefen Holzhäusern. Nicht etwa, weil seine Erbauer mit Lot und Wasserwaage nichts anzufangen wußten, sondern weil der Untergrund im Laufe der Zeit abgesackt ist. Damit sie nicht irgendwann einstürzen, werden einige von ihnen aufwendig angehoben und saniert und sind deshalb mit Planen bedeckt, was das Bild aber nur geringfügig beeinträchtigt, schließlich ist außen aufgemalt, was innen gerade vor dem Zerfall gerettet wird. In den Häusern befinden sich allerlei Einzelhandelsgeschäfte, bei deren Preisschildern man sich fragt, ob man das Komma beim Umrechnen auf Euro wirklich nur um eine Stelle verschieben muss und nicht etwa um zwei.

Weiter stadtauswärts liegt ein großes Segelschiff vor Anker, die „Statsraad Lehmkuhl”. Und noch weiter hinten gibt es einen Tivoli mit allerlei Fahrgeschäften und insbesondere dem Riesenrad, das wir schon vom Fischmarkt aus gesehen hatten. Von dort sah es so aus, als stünde das Riesenrad auf dem Schiff, gestützt von dessen beiden Masten. Zur Rechten lockt ein markantes altes Gemäuer, um das wir nun herumlaufen und dabei einem wunderschönen blühenden Apfelbaum begegnen. Ob das der Baum ist, der unserer Reise den Titel „Obstbaumblüte” gegeben hat? Auch zahlreiche Rhododendren stehen in voller Blüte. Jetzt noch Sonne, und das Erlebnis wäre perfekt. Aber es ist kühl und windig, und zudem sind wir mit einer Stadtführerin verabredet und wollen ja nicht zu spät zurück am Fischmarkt sein.

Die sympathische junge Frau führt uns zunächst zu einem städtischen Gebäude, das ganz offiziell mit Graffiti bemalt werden durfte und auch wurde. Ein Mädchen ist da zu sehen, das ein rosa Schweinchen im Arm hält, daneben ein kleiner Junge, der einam Stockfisch ins aufgerissene Maul schaut. Die kombinierte Runde findet teils mit dem Bus und teils zu Fuß statt, wir sehen malerische weiße Holzhäuser und weitere Sehenswürdigkeiten und betreten am Ende sogar eines der schiefen Häuser von Bryggen. Danach haben wir noch etwas Freizeit, und nun setzt tatsächlich auch leichter Nieselregen ein. Eigentlich hatten wir aber einen für hiesige Verhältnisse recht schönen Tag erwischt.

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