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Guadeloupe die zweite

In der ersten Tourwoche gab es im Schiffstheater jeden Tag eine neue Show, die aber immer erst am Abend vorher bekannt gegeben wurde. Offenbar wiederholt sich das Programm nun in der zweiten. Es war aber durchweg so gut, dass es uns auch noch ein weiteres Mal begeistern wird.

Bei den Tagesausflügen ist das natürlich anders: da möchte man schon sicher sein, dieselbe Attraktion nicht für teures Geld erneut zu besuchen. Und einen botanischen Garten auf Guadeloupe hatten wir letzte Woche schon. Es ist heute aber definitiv ein anderer, und er befindet sich in Deshaies. Wie bitte spricht man diesen Ort aus? Die Tourleiterin weiß es. Muss sie ja auch. Dehee heißt der kleine Ort an der Nordspitze des westlichen Inselteils, und er soll Schauplatz einer beliebten Fernsehserie sein, die wir aber nicht kennen.

Wenn man an einem romantischen Sandstrand in der Karibik einen Schirm braucht, dann denkt wohl jeder zuerst an einen Sonnenschirm. Weit gefehlt! Vom Land her zieht nämlich schon bald ein Regenschauer auf, der aber zum Glück schnell vorüber ist. Und dann noch ein zweiter. Natürlich gibt es auch sonnige Abschnitte, die wir im bernsteinfarbenen Sand unter einer Kokosnusspalme sitzend verbringen und der tosenden Brandung zusehen. Und den Badegästen, wie sie mit den Wellen kämpfen.

Vor dieser zweiten und letzten Etappe des heutigen Tagesausfluges, der etwas verspätet am Hafen gestartet war, ging es aber wie versprochen in den wunderschönen botanischen Garten. Auch dort blieben wir nicht ganz trocken, aber es gab ja genug Möglichkeiten, sich für die paar Minuten, die so ein tropischer Schauer anhält, unterzustellen. Und damit man im Garten nichts versäumt, hat man einen Rundweg angelegt, den man in etwa einer Stunde bequem bewältigen kann – es sei denn, man hält sich zu lange bei den australischen Buntsittichen auf, die so zutraulich sind, dass sie sich aus kleinen Pappbechern mit etwas Undefinierbarem, wahrscheinlich Zuckersirup, füttern lassen.

Sie sind nicht die einzigen Vögel hier. Nachdem man an verschiedenen tropischen Gewächsen und insbesondere an einigen Orchideen vorbei gekommen ist, steht man vor dem Gehege der Flamingos, die in flamingotypischer Art auf einem Bein stehen oder ihre Schnäbel durchs seichte Wasser ziehen. Dass ein Wasserschlauch im Gehege liegt, stört das Bild nur geringfügig. Vorher kamen wir noch bei den blaugelben Aras vorbei, die sich in kleine, ebenso blaugelbe Holzhäuschen zurückziehen können, wenn sie des Kletterns müde sind. Davon konnte aber nicht die Rede sein.

Der vierten Vogelart begegneten wir erst ganz am Ende der Tour, und sie gehört genau genommen auch gar nicht zum Park: es sind die schillernden Kolibris, die so flink um die Blüten schwirren, dass sie längst wieder weg sind, wenn man die Kamera auf sie zu richten versucht.

Natürlich wird auch heute wieder Rumpunsch gereicht, zur Abwechslung mit kleinen inseltypischen Häppchen garniert. Aber es wäre doch schön gewesen, etwas mehr Zeit zu haben für die vielen Attraktionen hier.

Auf dem Schiff ist es deutlich voller geworden seit letzter Woche. Viele der neu zugestiegenen Passagiere werden, wenn sie die komplette Tour gebucht haben, auch die Weihnachtstage auf dem Schiff verbringen. Für die Einstimmung aufs Fest sorgen die rot-weißen Zipfelmützen, die das Personal seit gestern trägt. Das sorgt in Verbindung mit den meist dunklen und stets freundlichen Gesichtern für einen wirklich reizenden Anblick.

Der Erfahrung folgend, dass die Portionen umso kleiner sind, je hochdekorierter der Koch, muss unsere Schiffsküche zu den besten der Welt gehören. Als Vorspeise wurde mir heute ein „Salat Vesuv” mit Tomate und Mozzarella gereicht, dessen Tomatenanteil aus genau einer in Stückchen zerschnittenen Kirschtomate bestand. Mit dem Scheibchen Mozzarella war ebenso verfahren worden, und die Salatblättchen hätte man zählen können. Zum Schluss noch ein paar Tropfen Balsamico, und fertig war die neapolitanische Spezialität.

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Martinique und der Mt. Pelee

Als Kind habe ich in einem von Papas Büchern die Geschichte von einem Vulkanausbruch gelesen, der eine ganze Stadt vernichtete und alle Einwohner tötete bis auf einen, der gerade im Gefängnis in einer Einzelzelle saß. Auf dieser Insel sind wir jetzt, sie heißt Martinique, der zerstörerische Vulkan ist der Mont Pelée, und er sieht eigentlich ganz friedlich aus, denn die dicke weiße Wolke über dem Gipfel ist nur eine gewöhnliche Quellwolke, von der keine Gefahr ausgeht.

Im Mai 1902 war das vollkommen anders. An diesem Tag wälzte sich eine Glutwolke vom Berg herab und zerstörte  alles, was ihr in die Quere kam. Die Stadt St. Pierre ist längst wieder aufgebaut, aber einige Ruinen kann man noch heute besichtigen. Von der Hauptstraße aus steigen wir hinauf zum ehemaligen Theater, von dem nur noch die Mauerreste der untersten Etage stehen. Im Inneren kann man noch den Orchestergraben ausmachen und dahinter den Kulissenkeller. Und auch vom bewußten Gefängnis existiert noch jener Kellerraum, der dem Gefangenen damals zum Überleben verhalf.

In einem kleinen Museum ganz in der Nähe des Theaters ist das alles dokumentiert, ein Besuch ist allerdings nicht vorgesehen, obwohl er in der MSC-Tourbeschreibung steht. Wir werden uns wohl beschweren müssen.

Wenn man von dem berühmten schiffsförmigen Haus des Dichters Bellefontaine (?) absieht, auf das wir aber nur im Vorbeifahren einen Blick erhaschen können, ist die vom Vulkan zerstörte Stadt die letzte Station des heutigen Ausflugs. Vorher besichtigten wir eine Rum-Distillery, und noch vorher erlebten wir auf einer Fahrt über schmale und kurvenreiche Straßen durch die gebirgige Inselmitte den natürlichen Bergregenwald in seiner ganzen Pracht, mit Palmen und Baumfarnen, Bromelien und Lianen, und das alles so dicht an dicht, dass ein Durchkommen völlig unmöglich wäre.

Die Distillery ist eigentlich ein Sammelsurium alter Großgerätschaften, deren Funktion im Brennprozeß aber unklar bleibt. Ob und wie hier heute noch Rum gebrannt wird, erschließt sich uns nicht so recht. Am Ende des Weges steht jedenfalls die Verkostung, und es werden Proben von drei verschiedenen Verkaufsprodukten gereicht. Erfreulicherweise zeigt sich der nahe Mont Pelée inzwischen ohne seine Wolkenmütze, wenn auch immer nur kurzzeitig.

Auch der erste Stopp heute morgen will noch erwähnt sein: wir besichtigten eine Kirche auf einem Hügel, die nach dem Vorbild von Sacre Cœur in Paris erbaut wurde. Von draußen hat man einen faszinierenden Tiefblick auf die Stadt, drinnen steht in einer seitlichen Nische eine Weihnachtskrippe ohne Jesuskind. Ken Wunder, steht seine Geburt ja auch erst noch bevor. Ochs und Esel sowie ein paar Schafe sind allerdings schon da.

Unser House Keeper, der zweimal täglich unsere Kabine in Ordnung bringt, ist ein gewissenhafter dunkelhäutiger Mann, dessen Philosophie es ist, den Gästen einen möglichst angenehmen Aufenthalt zu bereiten, schließlich hätten sie ja den weiten Weg um den halben Erdball auf sich genommen, um hier seine Heimat kennenzulernen. Ich finde, er hat recht.

Ins Schiffstheater dürfen wir heute nicht mehr, weil wir die Show bereits gestern gesehen haben. Aber wir dürfen uns an der Seaside Bar einen Cocktail genehmigen: für Thea einen Mojito, eine Piñacolada für mich. Aber der Mojito schmeckt heute seltsam, denn statt mit frischen Minzeblättern ist er mit getrockneten zubereitet, die im Glas zerbröseln. Die Bar habe heute keine frische Minze zugeteilt bekommen, heißt es. Kein Wunder, stand doch ein Gericht mit frischen Minzeblättern auf der Speisekarte des Abendrestaurants.

Das Restaurant verfügt über Speisekarten in jeder der sechs Bordsprachen: englisch, französisch, italienisch, spanisch, portugiesisch und deutsch. Das ist bequem, aber wenn man um der besseren Verständigung willen dem Kellner seinen Bestellwunsch auf englisch vortragen will, muss man die Namen der Gerichte und Getränke ja ohnehin wissen.

Heute morgen mussten wir auf dem Weg zum Tourbus einen sonderbaren Umweg laufen: wir hatten nämlich auf der Suche nach einem Fleck mit gutem Handyempfang – man telefoniert und surft hier zu denselben Konditionen wie in Frankreich – eine Zone außerhalb des Sicherheitsbereiches betreten und mussten nun auf dem Rückweg die ganze Sicherheitskontrolle samt Gepäckdurchleuchtung und Metalldedektor durchlaufen, ehe wir aus eben diesem Bereich ein zweites Mal auf den Vorplatz hinaustreten durften, wo wir kurz vorher schon einmal die Reiseleiterin getroffen hatten.

Bei der Rückkehr zum Schiff gestaltete sich die Kontrolle sogar noch aufwendiger, und ich musste sogar meine Armbanduhr ablegen.

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Grenada

Das Atrium, also der zentrale Bereich des Schiffes, ist wie ein kleines Theater gestaltet und reicht über vier Decks. Ganz unten befindet sich die Seaside Bar, die allerlei Cocktail-Kreationen bereithält, und direkt darüber eine kleine Bühne, auf der von Zeit zu Zeit Musiker live auftreten. Ganz oben laufen dann noch stimmungsvolle Animationen über einen Großbildschirm. Flankiert wird das alles von zwei Panorama-Aufzügen und insgesamt 6 Freitreppen, deren Stufen aus glitzernden, von innen beleuchteten Svarovsky-Steinchen bestehen. Gegenüber dieser Bühnenwand kann man an der Brüstung stehen oder im hinteren Bereich an Tischen Platz nehmen, wobei auch diese Bereiche teilweise nach oben offen sind, so dass die einzelnen Decks zur verglasten Außenfront hin Balkone bilden, von denen man aufs nächtliche Meer hinaus sehen kann, während man zum Beispiel auf die nächste Theatervorstellung wartet.

Gestern war auf dem Schiff weiß angesagt, was bedeutet, das alle Gäste abends in weißer Kleidung erscheinen sollten. Das gelang uns zwar nur unvollkommen, immerhin war aber die Hauptfigur auf meiner Snoopy-Krawatte korrekt gekleidet. Passend dazu bestellten wir uns an der Seaside Bar eine Piñacolada, denn die basiert ja auf Kokosmilch.

Der heutige 15. Dezember ist innerfamiliär ein besonderer Tag. Am frühen Morgen legen wir in Grenada an, der südlichsten Karibikinsel. Ihre Hauptstadt Saint Georges mit dem Kreuzfahrthafen befindet sich an der nach Süden zeigenden Spitze der tropfenförmigen Insel, die uns mit einem kräftigen Regenschauer empfängt. Zum Glück erreicht er seinen Höhepunkt erst, als wir bereits in einem der inseltypischen Busse sitzen. Das Fahrgestell dieser kreolischen Verkehrsmittel stammt von einem alten Kleinbus, der Aufbau besteht komplett aus Holz, und das wichtigste Bauteil ist die Hupe. Scheiben gibt es keine, man kann jedoch Planen als Regenschutz herunterrollen. Lange brauchen wir sie allerdings nicht, sondern können schon bald die Aussicht auf die Stadt und das Schiff genießen, denn das Fort Frederick thront, wie sollte es anders sein, wie eine Burg über dem Städtchen mit seinen engen und steilen Straßen, die ein wenig an San Francisco erinnern.

Das Fort wiederum erinnert daran, dass sich einst Franzosen und Engländer um den Besitz der gebirgigen Insel stritten, die vor allem wegen ihres Gewürzreichtums begehrt war. Statt sich aber im Kampf um die Hoheit weiter gegenseitig zu zerfleischen, regelte man die Sache schließlich diplomatisch, und die Insel wurde britisch, was man ihr nicht nur am Linksverkehr anmerkt. Die Briten haben hier allerdings heute nichts mehr zu melden: Grenada ist schon seit 50 Jahren ein unabhängiger Staat mit etwa einer Million Einwohnern.

Auf einer Halbinsel ein Stück außerhalb der Stadt findet in diesen Tagen regelmäßig ein Weihnachtsmarkt statt. Heute ist allerdings kein Markttag, und so stehen nur die typischen Dekorationen auf dem grasbedeckten Platz herum. 

Was wäre ein Aufenthalt in der Karibik ohne den Besuch eines Badestrandes? Es muss ja nicht gleich ein ganzer Tag sein, eine Stunde genügt vollkommen, um sich ein wenig die Füße von der sanften Brandung umspülen zu lassen. Der Sand ist beige mit schwarzen Einsprengseln, was im seichten Uferbereich zu interessanten Mustern führt. Wozu der auch hier wieder gereichte Rumpunsch führt, mag jeder im Selbstversuch erkunden.

Das Programm des Schiffstheaters steht heute ganz im Zeichen des „King of Pop” Michael Jackson. Der Imitator ist seinem Vorbild im Erscheinungsbild und den Bewegungsabläufen, insbesondere dem berühmten Moonwalk, so ähnlich, dass man glauben könnte, der Meister sei wiederauferstanden und stünde persönlich auf der Bühne. Das Saalpublikum ist begeistert, und wir sind es auch. Und weil es die letzte Show der Tourwoche ist, kommen am Ende alle Künstler noch einmal auf die Bühne und erhalten ihren verdienten tosenden Applaus. Die Show wird morgen noch ein zweites Mal gegeben, aber leider dürfen wie sie nur einmal pro Tour besuchen.

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Trinidad

Auf ein Kreuzfahrtschiff geht man nicht nur, um von einem Hafen zum nächsten zu gelangen, vielmehr hat auch der Aufenthalt auf dem Schiff einen ganz besonderen Erlebniswert. Und der besteht vor allem darin, dass man täglich einen Theaterabend genießt, mit gepflegtem Abendessen vorneweg und nachfolgender entspannter Übernachtung im Hotel samt Frühstück am darauffolgenden Tag. Man braucht sich hier keinerlei Gedanken zu machen, wie man nach Wein- oder Cocktailgenuss nach Hause kommt, ohne seinen Führerschein zu gefährden. Und man kann sich sowohl Wintermantel also auch Regenschirm sparen. Und das alles, wenn man will, jeden Tag, also zehnmal hintereinander weg.

Die gestrige Show wurde von Künstlern mit großartigen Stimmen bestritten, denen zuzuhören ein Genuss war, und die man am liebsten noch zu einer Zugabe bewegt hätte. Nach 40 Minuten ist jedoch unerbittlich Schluss, denn für die Sängerinnen und Sänger ist es ja bereits der dritte Auftritt des Tages. Und hat man im Hinausgehen immer noch nicht die nötige Bettschwere, hilft es, an der Bar noch einen Absacker einzunehmen.

Heute morgen schob sich nun wieder eine neue Kulisse vor die Bullaugenfenster des Frühstücksraumes, denn wir legten in Port of Spain auf der Insel Trinidad an. Ein spanischer Hafen auf einer Insel mit iberisch klingendem Namen? Nun, uns hätte eigentlich auffallen müssen, dass es ein englischer Name ist, dann wäre die Überraschung, auch hier wieder auf Linksverkehr und schlechtes Wetter zu treffen, nicht ganz so groß gewesen. Und ganz so unangenehm war der stark bewölkte Himmel auch gar nicht, wenn man von der letzten halben Stunde absieht, in der es zwar in Strömen regnete, die wir aber auf der Rückfahrt zum Schiff im trockenen Bus verbrachten.

Die englisch sprechenden Einheimischen nennen diese Kleinbusse „Maxi Taxi”. An den verschiedenen Farbstreifen entlang der Fahrzeugseiten erkennt man, welche Region sie jeweils bedienen: gelb steht für das Stadtgebiet von Port of Spain, blau für die gesamte Insel. Und auch die anderen Farben haben eine Bedeutung. Unser Maxitaxi zum Beispiel ist rot gestreift, und der Fahrer heißt Marc. Er ist Fahrer und Tourleiter in Personalunion und unterbricht seinen (englischen) Vortrag so gut wie nie, und sei die Verkehrssituation auch noch so schwierig.

Die Route führt uns vom Hafen über den kreuzungsfreien Highway hinaus in die Vororte, die es in einer gepflegten Ausführung für die Wohlhabenden und einer ärmlichen für die unteren sozialen Schichten gibt. Man merkt der Insel deutlich eine gewisse industrielle Prägung an, denn ähnlich wie der Nachbarstaat Venezuela auf dem südamerikanischen Kontinent verfügt sie über Öl- und Gasvorkommen. Marc drückt sein Bedauern darüber aus, dass dennoch nur ein Teil der Bevölkerung in den Genuss dieses Wohlstands kommt.

Erstes und wichtigstes Etappenziel des heutigen Landausflugs ist ein Kloster, zu dem eine enge Serpentinenstraße hinaufführt. Oben werden wir freundlich mit Speis‘ und Trank in Empfang genommen und dürfen uns einen kleinen Vortrag über die Geschichte und Bestimmung des Klosters anhören. Die kleinen gefüllten Teigtaschen munden ebenso wie der im Styroporbecher gereichte Fruchtsaft, wahlweise Passion Fruit (Maracuja) oder Sorrol, ein Obst, das wir noch nicht einmal vom Hörensagen kannten.

Das Kloster selbst beeindruckt vor allem durch seine malerische Lage am Südhang des nördlichen Hügelzuges, die einen wunderschönen Blick über das flache Inselinnere ermöglicht. Am schönsten ist dieser Blick vom Klostergarten aus, den wir aber erst in den letzten fünf Minuten unseres Aufenthaltes entdecken. Die Kirche wiederum ist ein vergleichsweise niedriger und sakral eher spärlich ausgeschmückter Saal, wenn man von ein paar ebenso bunten wie modernen Glasfenstern absieht.

Auf dem Weg zurück ins Stadtzentrum legen wir auf einem Parkplatz mit herrlichem Blick über die Stadt einen kleinen Zwischenstopp ein. Man könnte, wenn man sich satt gesehen hat, auch an einem der vielen Marktstände das eine oder andere regionale Produkt erwerben, wir begnügen uns aber mit ein paar schönen Panoramafotos, ehe uns der quirlige Verkehr der Hauptstadt wieder aufnimmt. Entlang der Route liegen diverse offizielle Gebäude direkt nebeneinander entlang derselben Straße. Das ist praktisch, denn so kann man diese „glorreichen Sieben” quasi in einem Streich erledigen.

Port of Spain besitzt einen botanischen Garten, der sich aber auf Bäume der verschiedensten Arten beschränkt. Man versäumt also, wenn der Aufenthalt auf 20 Minuten begrenzt ist, nicht allzu viel. Leider kommt es bei einem der anderen Busse zu einem kleinen Unfall, eine Mitreisende fällt beim Aussteigen in einen Schacht und muss medizinisch versorgt werden. Für alle anderen geht es nun bei strömendem Regen zurück zum Schiff. Von dem, was die Insel ausmacht, hätten wir bestenfalls die Spitze des Eisbergs gestreift, sagt Marc zum Abschied. Ich denke, er hat recht.

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Seetag der erste

Heute gibt es keinen Landausflug, mangels Land. Die Distanz zwischen Barbados und Trinidad ist nämlich größer als das Schiff in einer Nacht zurücklegen könnte. Andererseits aber auch nicht so groß, dass wir dafür eineinhalb Tage bräuchten, vom Ablegen am Abend bis zum übernächsten Morgen. Und deshalb fährt das Schiff tagsüber nur mit stark reduzierter Geschwindigkeit.

Ringsum ist nur Wasser zu sehen, nichts als Wasser. Aber liegt da drüben nicht eine Insel? Ja, sie zeichnet sich deutlich am Horizont ab. Und weiter südlich noch eine. Und ein paar Stunden später noch eine dritte. Wie sie wohl heißen mögen? Wir haben kein Internetpaket gebucht und sind also nur mit dem Schiffs-WLAN verbunden, damit wir die MSC-eigene App nutzen können. An eine Umgebungskarte haben deren Entwickler aber nicht gedacht. Abgesehen davon ist die App äußerst nützlich und praktisch, denn sie erinnert unter anderem an bevorstehende Events. Sogar auf meiner Watch.

Damit die App die persönlichen Termine verwalten und anzeigen kann, muss sie natürlich vorher personalisiert werden. Das geschieht durch Scannen der Bordkarte. Irgendein Fehler führt aber dazu, dass man sich von Zeit zu Zeit neu anmelden muss. Mit eben dieser Bordkarte. Die aber, wie in jedem Hotelzimmer, neben der Kabinentür eingesteckt die Elektrik der Kabine aktiviert. Um den Code für das Reaktivieren der App scannen zu können, nehme ich sie kurz heraus. Zur Gegenkontrolle erfragt sie das Geburtsdatum, aber ich komme nur bis zum Monatsfeld, dann bricht der Dialog ab und wirft mich zurück in den Bordkarten-Scan. Noch ein Versuch, der Bequemlichkeit halber setze ich mich hin, und – klack – ist es stockdunkel. Wir haben ja eine fensterlose Innenkabine. Und im Schalterschlitz steckt im Moment keine Karte. Tastend wie zwei Blinde lösen wir zwar das Lichtproblem, aber die App bleibt dysfunktional. Das liegt wohl am Passagierwechsel, vermutet der Mitarbeiter am MSC-Schalter. Denn das Schiff fährt von Martinique aus abwechselnd eine Runde nach Süden und danach eine nach Norden. 

Wir werden die Inselhauptstadt Fort-de-France also insgesamt dreimal passieren. Da heißt es aufpassen, dass man nicht denselben Landausflug erneut bucht! Unseren gibt es auch in einer Variante, die am Airport endet statt am Schiff, also verschieben wir ihn vom 16. auf den 23. Dezember, unseren Abreisetag. Und buchen für die Reisehalbzeit einen anderen.

Um die Annehmlichkeiten eines so großen Schiffes wie der MSC Seaside zu erkunden, braucht es Tage. Heute entdeckten wir zum Beispiel, dass die Hauptbar im Kristallpalast auch alkoholfreie Cocktails anbietet. Für Thea ein Smoothie, für mich eine dreckige Banane. Dreckig? Nun ja, die Italiener würden es Macchiato nennen, also mit einer kleinen Menge einer kontrastierenden Flüssigkeit versetzt, in meinem Fall Flüssigschokolade. Das sieht entzückend aus und schmeckt auch so.

Im Schiffstheater wird heute abend „Moondance” gegeben: eine Reise durch die Musik von Frank Sinatra, Michael Boublé und anderen.

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Barbados

Gelernt ist gelernt: auf der Frühstückskarte steht Birchermüesli – ein Wort, das wohl nur ein echter Schweizer so aussprechen kann, dass es sich nicht anhört, als spräche er von einer kleinen Maus. Der Schiffskellner hört sich aufmerksam an, was der deutsche Reisegast zu frühstücken begehrt, und wiederholt es vorsichtshalber noch einmal: Böhrdschermjusli!

Das Schiffspersonal ist in der Mehrzahl dunkelhäutig und ausgesprochen dienstbeflissen. Das muss auch so sein, denn auch beim Frühstück und erst recht beim Abendessen wird ausnahmslos alles an den Tisch serviert.

Heute sind wir auf Barbados, und zu unserem größten Erstaunen beginnt der Landausflug nicht draußen auf dem Kai, sondern vorne im Schiffstheater. Nein, da kommt nicht etwa der Bus aufs Schiff gefahren und nimmt uns mit. Aber es ist eben jede Insel anders, und auf Barbados warten die Ausflugsbusse an einer Stelle, die für Ortsfremde vielleicht schwer zu finden sein könnte, zumal mehrere Reihen von Shops den Weg nach draußen säumen, wo der gelbe Bus Nummer 19 steht.

Barbados ist anders als die Inseln, die wir bisher besucht haben. Es gibt hier nämlich keinen Vulkan, sondern die gesamte Insel besteht aus Kalkstein. Natürlich wird auch hier wieder links gefahren, auf schmalen und kurvenreichen Straßen. Zuerst säumen bunte Häuser in den verschiedensten Formen, Farben und Erhaltungszuständen unseren Weg. Je weiter wir uns aber von Bridgetown entfernen, desto spärlicher wird auch die Besiedelung und desto schmaler und kurvenreicher die Straße. Das letzte Stück zum botanische Garten „Flower Forest”, der heute unser erstes Ziel ist, säumt dichter Regenwald mit bromelienbesetzten Baumriesen und Lianen, die so aussehen als käme jeden Augenblick Tarzans Zuhause in Sicht, die nun sehr schmal gewordene Straße. Es geht steil hinab, dann ebenso steil wieder hinauf, dann nochmal hinab, und dann stehen wir auf einem Parkplatz, der gerade einmal groß genug ist für die beiden Ausflugsbusse.

Zu Fuß folgen wir dem schmalen und glitschigen Pfad zwischen den Baumriesen hindurch und erfreuen uns an der üppigen tropischen Vegetation. Es gibt zwar einen Guide, der vorneweg geht, aber ehe man sich versieht, ist die Kolonne irgendwohin entschwunden, und das ist auch gut so, denn man will ja an den markanten Punkten auch stehen bleiben und genießen: den Blick aufs Meer, die Anthurien, den Baum mit den Brettwurzeln. Pünktlich zur Abfahrt stehen wir wieder oben am Bus.

Nächster Stopp ist eine malerische alte Kirche auf einer Anhöhe. Das Besondere an ihr ist, dass man hier nicht nur den himmlischen Segen empfangen kann, sondern auch freies WLAN. Schade nur, dass die Zeit recht knapp bemessen ist und der Laptop zuhause in der Schiffskabine liegt. Vom umliegenden Friedhof hat man, so man nicht unten in einer der Grüfte wohnt, eine herrliche Aussicht auf die nahe Küste, wo sich an einem Sandstrand die Meereswellen brechen. Die Landschaft ringsum ist geprägt vom Zuckerrohr, die kleinen Zuckerfabriken und die zugehörigen Windmühlen sind aber samt und sonders außer Betrieb, und ihre alten Mauern und Schlöte werden allmählich von der Vegetation zurückerobert.

Wir halten an einem alten Herrschaftshaus. Drinnen gibt es kolonialzeitlich eingerichtete Räume mit Schaukelstühlen und viel Porzellan sowie im Keller eine Sammlung von Kutschen und allerlei Gerät. Draußen grünt ein üppiger Garten mit Teich und einem kleinen Mahagoniwäldchen.

In der abendlichen Show tritt heute ein Zauberer auf. Ein Stofftaschentuch wird verknotet und der Knoten dann einfach nach unten abgestreift und beiseite gelegt, und das dreimal hintereinander. Als der Magier das Tuch dann wieder auffaltet, hat es drei Löcher. Wie macht er das nur?

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Saint Lucia

Die kleine Insel Saint Lucia, in deren ebenfalls kleinen Hafen wir heute morgen rückwärts eingeparkt haben, kann ihre britischen Wurzeln nicht verleugnen und will es auch gar nicht, auch wenn sie seit nunmehr 44 Jahren ein eigener kleiner Staat ist. Man erkennt ihre Zugehörigkeit zur britischen Krone allein schon am Wetter, denn als wir das Schiff verlassen, stehen wir draußen erst einmal im Regen. Allerdings nicht sehr lange. Die Lucianer haben da nämlich eine ganz praktische Erfindung: man geht bei Regen einfach ins Empfangsgebäude, setzt seinen Namen auf ein Einreiseformular, und wenn man das Gebäude dann wieder verläßt, scheint die Sonne.

Weil Saint Lucia eine relativ kleine Insel ist, sind auch die Busse klein. Unserer hat die Nummer 8, und es passen gerade einmal 16 Leute hinein. Natürlich wird hier, auch das deutet auf die britischen Wurzeln hin, auf der richtigen Straßenseite gefahren, nämlich auf der linken. Eigentlich aber in der Straßenmitte, denn mehrspurige Straßen scheint es hier nur in der Hauptstadt Castries zu geben. Vorbei am Parlamentsgebäude, der Landesbank, dem Justizpalast, dem Regierungssitz und all den anderen Institutionen, die eine Hauptstadt nun einmal braucht, gelangen wir schon bald in die höher gelegenen Inselteile. Saint Lucia – das man übrigens britisch ausspricht, also Sähnt-Luhscha – ist nämlich eine gebirgige Insel mit viel Regenwald an den Abhängen der alten Vulkane, von denen der Mount Gimie mit 950 Metern der höchste ist. Der Name des Berges wie auch der anderen Orte entlang der Steilküste ist offenbar französischen Ursprungs, vielleicht weil die Insel in unmittelbarer Nachbarschaft zweier ebenfalls französischer Inseln liegt, die wir ja nun schon kennen: die Schiffsroute muss jemand geplant haben, dem es bei der Reihenfolge auf etwas ganz anderes ankam als auf die geographische Lage im Inselbogen.

Wieder einmal ist alles so vorgeplant, dass keiner der Reisegäste versehentlich im falschen Bus landen kann. Die Busnummer steht nämlich auf dem Voucher, der uns gestern in die Kabine gelegt wurde. Da man aber als quasi Einreisender nicht einfach zum Bus gehen kann, werden vorab Gruppen gebildet wie einst beim Kindergartenausflug. Nur an den Händen fassen müssen wir uns nicht. Oben am ersten Ausflugsziel, einem Anwesen im kolonialen Stil mit einer herrlichen Terrasse, von der aus man das Schiff im Hafen liegen sehen kann, werden die Busnummern vor dem Aussteigen noch einmal eingeübt: „Unser Bus hat die Nummer acht. Welche Nummer hat unser Bus?” Und aus sechzehn Kehlen schallt es im Chor zurück: „Acht!”. Warum das wichtig ist? Weil es im Haus für jeden Gast einen Becher Rumpunsch gibt.

Das heute recht aprilhafte Wetter bleibt uns weiter treu, als wir erneut den Bus mit der (wichtig!) Nummer 8 besteigen. Abseits der Hauptstadt scheint die ganze Insel nur aus Bergdörfern zu bestehen, die durch schmale, kurvenreiche und manchmal auch recht steile Sträßchen miteinander verbunden sind. Auch unser nächstes Ausflugsziel liegt so, dass wir von der Terrasse unser Schiff sehen können, wenn auch die Entfernung inzwischen deutlich zugenommen hat. Es gibt allerlei Batikarbeiten zu bewundern und auch zu kaufen, aber das Interesse gilt eher dem wunderschönen Ambiente hier oben, mit einer üppigen Vegetation, die regenfeucht in der tropischen Sonne glitzert.

Dritte und letzte Station ist eine kleine Anzuchtfarm für allerlei Nutz- und Heilpflanzen. Da uns soeben wieder ein Regenschauer ereilt, genießen wir die kleine Maniokbrot-Zubereitung und die Vorführung einheimischer Folklore unter schützenden Dächern, ehe wir dann doch noch einen kleinen Streifzug durch den Garten unternehmen können. Die Früchte, die hier angebaut werden, sind uns Europäern durchaus vertraut. Hier im karibischen Hinterland erfahren wir, wie die zugehörigen Bäume aussehen: Zimt, Muskatnuss, Kakao, Cashew, Sternfrucht, Noni. Ganz zum Schluss dürfen wir noch etwas vom nunmehr ausgebackenen Manjokbrot probieren. Mit Bananen-Ketchup.

Das Metropolitan-Theater ganz vorne im Schiffsbug hat rund 900 Sitzplätze und wird mit täglich wechselndem Programm je dreimal bespielt. Man kann sich also, wenn man Lust hat, jeden Abend eine andere Show gönnen. Heute steht ein buntes Piratenstück auf dem Programm, und es treten Künstler der verschiedensten Couleur auf, vom Zauberkünstler über ein Artistenpaar und diverse Piraten und Elfen bis hin zum Tyrannosaurus Rex.

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Guadeloupe mit Kolibris

Wie mag das sein, wenn gleichzeitig tausend Mitreisende dass Schiff verlassen, weil sie die Insel auf einem Landausflug erkunden wollen? Nun, erstens wollen gar nicht alle mit, zweitens gibt es mehrere Ziele und Zeitfenster, und drittens ist alles so perfekt organisiert, dass nicht das geringste schiefgehen kann: auf dem gar nicht so kleinen Busbahnhof warten, einträchtig nebeneinander, 12 Busse mit den Nummern 1 bis 12. Unser Ausflug hat die Nummer 14. Aha, wir müssen warten, bis die anderen abgefahren sind. Und dann kommen sie auch schon, die Busse 14 und 15 für die Tour zur Festung und von dort über den Wasserfall zum botanischen Garten. Die beiden letzteren Ziele befinden sich drüben auf Basse Terre, wie die bergige Hälfte der schmetterlingsförmigen Insel heißt.

Die Festung bietet einen schönen Rundblick, der Wasserfall liegt am Ende eines kleinen Wanderwegs durch üppigen Regenwald mit Pflanzen, die man sonst eher aus dem Wohnzimmer oder Gewächshaus kennt.  Dazu gehören insbesondere die Bromelien, aber auch Philodendron und andere.

So richtig in die tropische Vegetation eintauchen können wir dann im Botanischen Garten, den wir als letzte Station dieser Tour anfahren. Das ist gar nicht so einfach, denn Reisebusse sind groß und die Straßen auf Guadeloupe schmal. Aber die Fahrt lohnt sich, denn im Garten gibt es Kolibris. Diese Edelsteine unter den Vögeln können in der Luft schweben, während sie Nektar aus einer Blüte oder – wie hier – einer Futterstation trinken. Und es gibt rosa Flamingos, deren Gehege man sogar betreten darf. Das alles ist mit prächtigen tropischen Blütenpflanzen garniert, so daß wir uns gar nicht satt sehen können. Zudem gibt es noch so manche weitere Begegnung mit den schillernden kleinen Sympathieträgern.

Eine ganz spezielle „Pflanze” ist auch unsere Tourleiterin. Obschon dunkelhäutig wie die meisten Einwohner hier, spricht sie fließend deutsch, und zwar mit deutlichem Berliner Einschlag. Die Stadt hat ihr bei einer Reise zu Verwandten so gut gefallen, erzählt sie, dass sie gleich für ein paar Jahre dort geblieben ist. Zugleich merkt man ihr aber auch ihre Begeisterung für ihre karibische Heimatinsel an, die ja bekanntlich ein Teil Frankreichs ist, mit all den Annehmlichkeiten und Vorzügen der europäischen Grand Nation.

Wer tagsüber an Land war, muss beim Betreten des Schiffes erneut durch die Security, die dieses Mal sogar besonders pingelig kontrolliert: Geld und Handy ablegen, Armbanduhr ablegen, Gürtel ablegen, Hose festhalten, durch das Portal, drüben alles wieder einsammeln, Uhr wieder anlegen und entsperren, Gürtel wieder … nein, das Einfädeln schenke ich mit und halte lieber meine Hose so lange weiter fest, bis wir auf der Kabine sind.

Auf Deck 8 gibt es ein Mittagsbuffet. Es ist schon nach 15 Uhr, und man soll ja bekanntlich nicht hungrig einkaufen, sonst greift man unüberlegt bei der erstbesten Gelegenheit zu. Und so ist es auch hier: man sieht die Pizza, die anderen Angebote weiter hinten aber bleiben unbemerkt. Vorerst. Wir sind ja noch länger hier.

Ganz vorne im Schiff gibt es ein Theater. Heute stehen bekannte Popsongs auf dem Programm. Damit man eingelassen wird, muss man sich vorher anmelden. Die Show ist ebenso mitreißend wie laut, und die Sänger und Tänzer erhalten viel Beifall.

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Bitte ausdrucken

Wenn man bei Condor online eincheckt, sind meist nur noch die unattraktiven Plätze verfügbar, und man kann schon von Glück reden, wenn man nebeneinander sitzen darf. Man hat aber die Möglichkeit, seine Plätze wie im Theater oder Kino vorab auszuwählen, freilich auch zu Preisen wie im Kino oder im Theater. Wir wählen die einigermaßen bezahlbaren Sitze 40D und 40E. Eingecheckt sind wir damit zwar noch nicht, aber der Zeitpunkt dieses finalen Geschehens hat nun keine Auswirkung mehr auf die Sitzplatzauswahl. Und da wir ohnehin noch an einen Drop-off Schalter müssen, genügt es eigentlich, wenn wir erst am Flughafen einchecken. Oder steht man dann in einer dieser endlosen Warteschlangen? Nun, vielleicht erledigen wir den Check-in doch lieber schon vom Hotel aus.

Möchten Sie Ihre Bordkarten lieber als PDF oder per Mail?  Nun, eigentlich möchten wir eine PDF per Mail, und die kommt auch prompt, zusammen mit der Aufforderung, sie auszudrucken. Ah, ja. Aber vielleicht genügt es ja, sie offen auf dem Smartphone vorzuzeigen? Dafür müßte man aber einen funktionierenden Drop-off Schalter finden, und in der Abflughalle gibt es leider nur solche, die außer Betrieb sind. Immerhin erfahren wir, dass wir das Etikett erst einmal selber am Koffer anbringen müssen, und dass es dafür ganz in der Nähe einen Automaten gibt. Er funktioniert sogar, aber es bleibt vergebliche Liebesmüh, denn wegen der hartnäckigen Störung müssen wir nun doch an einen mit Personal besetzten Schalter.

Ob wir sie rasch vorlassen würden, fragt eine Frau, als wir bereits am Schalter stehen. Ihr Flug ginge bereits in eineinhalb Stunden. Das hat keinen Zweck, antworte ich, denn bis Sie Ihren Koffer von da hinten holen, sind wir hier längst fertig. So ist es auch, denn es müssen ja nur noch die beiden Koffer aufs Band, und fertig.

Flugs stehen wir nun an der Zugangskontrolle: bitte Bordkarte auflegen. Ich wühle mich durch den Maileingang: jede Bordkarte ist insgesamt vier Mal vorhanden, und man sieht immer erst nach dem Öffnen, ob es Theas Boarding Pass ist oder meiner. Um den Verkehr nicht unnötig aufzuhalten, gehe ich als Thea durch die Sperre, suche dann aus den vielen Mails eine mit meiner eigenen Bordkarte, reiche das Smartphone über das Drehkreuz hinweg wieder hinaus zu ihr, damit sie es mit dem anderen Code erneut auflegen kann, dann sind wir endlich drin. Es soll nicht das letzte Vorzeigen der Bordkarte sein, aber ich bin schlauer geworden und speichere die Codezeile als Screenshot: Bilder lassen sich leichter öffnen und weiterblättern als Mailanhänge, die man vorher ja auch noch aufzoomen muss.

Jetzt noch die Passkontrolle, hier hat ja zum Glück jeder etwas Auflegbares in der Hand, dann folgt erfahrungsgemäß die Sicherheitsschleuse, an der es bekanntlich oft unkalkulierbar lange Warteschlangen gibt, danach kann man entspannt die Wartezeit bis zum Boarding für ein Frühstück nutzen. Aber nicht heute, denn in diesem Abschnitt hier hat jedes Gate seine eigene Sicherheitsschleuse. Und danach kommt nur noch der Wartebereich. Völlig gastronomiefrei, aber immerhin mit einem Kaffeeautomaten.

Zuvor wollte der Mann an der Schleuse noch, dass ich das Tempo-Taschentuch aus der Hosentasche nehme, das sich im Ganzkörperscanner abgezeichnet hatte. So präzise arbeiten diese Scanner? Ich ertappe mich bei dem Gedanken, was da wohl noch so alles auf dem Bildschirm zu sehen war. Das Taschentuch muss auseinander gefaltet werden, es könnte ja etwas darin versteckt sein. Chloroform vielleicht, um damit die Stewardeß einzuschläfern?

Alles weitere, sogar das wiederholte Vorzeigen der beiden Fotos mit den Bordkarten, verläuft nun völlig reibungslos. Der Flug dauert über zehn Stunden, das reicht locker für den neuen Indiana Jones im Bordprogramm, gefolgt von der seltsamen Geschichte des Benjamin Button, der alt geboren und dann immer jünger wurde. Oder alternativ für beide Folgen der Heiligtümer des Todes, gefolgt von den phantastischen Tierwesen. Und das alles in einem Airbus A330neo im Outfit einer Ringelsocke. Wer sich wohl dieses neue Design hat einfallen lassen?

In Fort de France, der Hauptstadt von Martinique, befindet sich zwischen der Passkontrolle, wo es genügt, den geschlossenen Reisepass hochzuhalten, und der Einweiserin mit dem MSC-Schildchen die offenbar einzige Toilette des gesamten Flughafens, ein Umstand, der sich in einer langen Warteschlange äußert. Eine Viertelstunde später ist die Einweiserin natürlich längst verschwunden, wir finden sie draußen in der Halle, wo einige hundert Mitreisende auf ihren Transfer zum Schiff warten, die meisten samt Reisekoffer. Dabei sollen die doch direkt vom Flugzeug aufs Schiff gebracht werden? Es kommt, wie es kommen muss: irgendein Transferbus, es muss der fünfte oder sechste gewesen sein, nimmt uns mit zum Schiff, für das wir nun endlich Bordkarten richtig zum Anfassen erhalten. Nach Passieren einer weiteren Schleuse dürfen wir es dann auch endlich betreten – und finden uns vor den Aufzügen wieder, wo schon zahlreiche Mitreisenden warten.

Die Schiffe der MSC nutzen eine Aufzugsteuerung, bei der der Passagier schon vor dem Betreten der Kabine sein Stockwerk wählen muss. Steigt er stattdessen einfach nur ein, fährt der Aufzug am Ziel vorbei. Das ist ungewohnt und überfordert vor allem den Aufzug selbst: nach zehn Minuten ist die bestellte Kabine noch immer nicht da. Einige versuchen ihr Glück auf der anderen Seite des Schiffes, wir warten. Und dann kommt sie endlich. Wir müssen auf Deck 10, die Kabine 10189 ist rasch gefunden, aber von den Koffern ist weit und breit nichts zu sehen. Dabei hat das Zeitfenster für das Abendessen längst begonnen, und wir hätten uns vorher gerne noch umgezogen. Die Rezeption verspricht nachzuforschen. Gut, gehen wir halt verschwitzt zum Essen. Und als wir zurückkommen, sind auch die Koffer da.

Als wir schließlich am Ende dieses langen Tages mit je einer Pinacolada in der Hand auf dem Promenadendeck sitzen, wissen wir: nun kann der Urlaub beginnen.

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Mit dem Auto nach Martinique

Natürlich legen wir nicht die gesamte Strecke zum Schiff, das im Hafen von Martinique auf uns wartet, mit dem eigenen Auto zurück. Genau genommen war der Plan eigentlich sogar ein völlig anderer. Aber dann kam der Bahnstreik und machte Makulatur aus unserem Rail-and-Fly-Ticket.

Zum Glück konnten wir das Hotel für die Übernachtung in Frankfurt stornieren, die ein wesentlicher Teil unseres Plans gewesen war, denn wenn ein Flug um 12 Uhr startet und man samt Koffern drei Stunden vorher am Schalter der Condor sein muss, wäre die einzige Möglichkeit ein Fahrtantritt morgens um halb fünf gewesen. Noch dazu: wir kennen doch unsere Bahn. Ein so großes Risiko, den Flug zu verpassen, wollten wir dann doch nicht eingehen, und so fanden wir die Lösung, mit dem Auto bis in die Nähe des Flughafens zu fahren, wo es dann quasi familiär unterkommen kann. Wir selbst haben uns im Mercure Hotel in Langen einquartiert. Morgen früh werden wir Manuel treffen, ganz kurz nur, denn er wird uns zum Flughafen bringen.

Unseren Hunger stillen wir bei einem asiatischen Fastfood-Restaurant, das Online-Bestellungen zum Selbstabholen anbietet. Und das klappt auch alles wirklich wie am Schnürchen, genau wie unser privat organisierter Transfer. Das Auto hat nun, in einer Tiefgarage in Langen, 14 Tage Ruhe vor uns.

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