Im und über dem Gletscher

Großkabinen-Pendelbahnen waren gestern, heute sind Umlaufbahnen angesagt. Statt je einer bergwärts und einer talwärts fahrenden Kabine, die einander dann auf halber Strecke begegnen, hängen bei einer Umlaufbahn Dutzende von Kabinen am Tragseil, wie bei einem Sessellift. Nur mit dem Unterschied, daß man nicht bei voller Reisegeschwindigkeit aussteigen oder abspringen muß. Und es gibt Zwischenstationen.

Zu unserer Überraschung funktioniert auch die Matterhornbahn, die nur ein paar Schritte von unserer Wohnung entfernt startet, nach diesem Prinzip. Und deshalb heißt es kurz vor der Mittelstation Furi: Passagiere nach Schwarzsee und Trockener Steg können sitzen bleiben. Man fährt dann also in seiner 8er-Kabine in die Station, wird abgebremst, die Türen öffnen sich, man ignoriert es, die Türen schließen sich wieder, und schon rollt man wieder hinaus und schwebt weiter den Hang hinauf. Aber oben am Schwarzsee werden wir dann ja wohl umsteigen müssen? Mitnichten! Was sich nach dem nun schon bekannten Bremsen, Öffnen, Schließen und Abrollen jedoch ändert ist die Fahrtrichtung: statt in südwestlicher geht es in östlicher Richtung und – bergab. Denn die Station Furgg liegt in einer Senke. Zu Zeiten der Matterhorn-Erstbesteiger wäre man hier noch mitten im Gletscher gewesen. Dann geht es wieder aufwärts, in Richtung Trockener Steig, wo die Großkabinenbahn zum Kleinen Matterhorn startet.

Großkabinenbahn? Auch hier wurde umgebaut, parallel zur ersten Seilbahnstrecke gibt es jetzt eine zweite, mit geräumigen 28-Personen-Kabinen. Und es ist ebenfalls eine Umlaufbahn, die Kabinen treffen im Minutenabstand ein, gleiten gemächlich den Bahnsteig entlang, man steigt ein und setzt sich, die Tür schließt, und schon geht es hinaus aufs Tragseil, wo sich schon bald atemberaubende Tiefblicke auf den Theodulgletscher auftun.

Ausblick vom Kleinen Matterhorn auf das große, auf Zermatt und aufs Breithorn

Das Kleine Matterhorn ist mit knapp 3.900 Metern der höchste Seilbahngipfel Europas. Wir spüren beim Aufstieg zur Aussichtsplattform die dünne Luft. Oder ist es vielleicht doch die gigantische Aussicht, die einem hier oben den Atem raubt? Zur Linken das Matterhorn, in der Tiefe der Gornergletzscher, zur Rechten das Breithorn mit seiner riesigen Firnwächte und der schneebedeckten Südflanke, über die sich zahlreiche Seilschaften hocharbeiten. Im Süden dann das größte Sommerskigebiet Europas, und in westlicher Ferne der Mont Blanc. Wie weit der Blick wohl reichen mag? Ganz im Süden zeichnet sich eine markante Spitze ab: es ist der 150 Kilometer entfernte Monte Viso in den italienisch-französischen Alpen.

Neben der spektakulären Aussicht ist das „Glacier Paradise” eine weitere Attraktion. Man fährt mit dem Aufzug ein Stück weit in die Tiefe und betritt sodann – das Innere des Gletschers! In die Stollen mit ihren weiß glitzernden Wänden und Decken sind Nischen geschlagen, in denen Skulpturen aus Eis ausgestellt sind. Das staunende Auge erblickt allerlei lebensgroße Tiere vom Adler bis zum Murmeltier, allesamt durchscheinend und effektvoll beleuchtet. Um die Buddhagrotte herum sind gespendete Münzen ins Eis eingefroren. Und auch eine Eisbar fehlt nicht, leider aber ohne Ausschank.

Die Fahrt hinab über den Gletscherbruck ist ebenso eindrucksvoll wie hinauf. Wir halten uns noch einige Zeit am milchigtrüben Gletschersee neben der Umsteigestation auf dann noch eine weitere am Schwarzsee, direkt am Fuß des Matterhorns. Von hier würde man hinaufsteigen zur Hörnlihütte und zum gleichnamigen Grat.

Category: Allgemein, Zermatt 2020
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