Author Archive

Seetag auf der World America

Wenn man den Tag gerne mit einem Kaffee beginnt, begibt man sich am besten erst einmal hinauf ins Buffetrestaurant „Mercado” auf Deck 18 und sucht sich einen schönen Platz direkt an der verglasten Außenfront, wo der Blick bis zum Horizont reicht. Das heißt, eigentlich tut er das bei schönem Wetter ja immer, oder? Als Besonderheit kommt heute hinzu, dass sich dort ein schmaler Streifen Land abzeichnet, mit Bäumen, Hügeln und vereinzelt auch Häusern. Das sei Kuba, klärt uns ein aufmerksamer Kellner auf.

Unmittelbar neben dem Schiff ist ein Schwarm kleiner Seevögel unterwegs. Plötzlich sind sie alle weg, aber nur wenig später taucht ein weiterer Schwarm auf. Das sind doch keine Vögel?! Es gibt nur eine Erklärung: was wir da sehen sind fliegende Fische. Richtig gelesen, es gibt Fische, die uns das Beobachten sehr erleichtern, indem sie sich aus dem Wasser schnellen, ihre Flossen ausbreiten und ein Stück weit dahin segeln, ehe sie wieder in ihr eigentliches Element eintauchen. Paßt nur auf, dass Ihr unserem Kellner nicht begegnet: der weiß nämlich zu berichten, dass in seiner Heimat die ins Netz oder Boot geflogenen Fische getrocknet und dann gebraten werden.

Am Frühstücksbuffet gilt „All You Can Eat”, garniert mit dem dezenten Hinweis: „nehmen Sie sich so viel Sie wollen, aber essen Sie auch auf, was Sie sich nehmen“. Eigentlich eine Selbstverständlichkeit, aber bei manchen sind eben die Augen größer als der Magen.

Waren wir eigentlich schon ganz oben auf Deck 20? Also dort, wo die Rutschbahn beginnt, die unten auf dem Promenadendeck endet? Nein, waren wir nicht, aber das wollen wir heute ändern. Denn heute ist ein Seetag, und an Seetagen bleibt man den ganzen Tag über auf dem Schiff und muss sich also irgendwie beschäftigen.

Auf besagtem Deck gibt es nicht nur ein großes Haifischmaul, das den Einstieg zur Rutsche markiert, sondern auch weitere komplex verschlungene Rutschen, teils mit Wasserspülung, sowie steuerbordseitig einen Hochseilgarten, der gerade noch vom Schiffspersonal geprüft wird, sowie die Cliffhanger-Schaukel. Man kann hier oben aber auch gemütlich an kleinen Tischen sitzen und dem Treiben zuschauen. Einige Gäste scheinen den Zweck eines am Klettergurt befestigten Sicherungsseils nicht zu verstehen und halten sich an diesem fest, statt die Kletterhilfen zu nutzen – ganz wie ein Bergsteiger, der sich am Seil hochzieht statt am Felsen. Übrigens haben wir sogar Autoscooter mit an Bord, sie kreiseln gerade über die multifunktionale Sportfläche nebenan.

Achternschiffs gibt es eine Panorama-Lounge mit hoher Fensterfront, durch die man die Wirbel des Kielwassers betrachten kann – falls sie denn offen ist. Gestern war sie es nicht, sondern musste als Leinwand für das Bühnenbild der Queen Klassik-Rock-Show herhalten. Heute wiederum hat die zugehörige Bar noch geschlossen, so dass man recht trocken herumsitzt hier unten – die Zapfhähne befinden sich ein Deck weiter oben, wo man das Heckpanorama ganz ohne Scheiben genießen kann, dafür aber mit Reling.

Von hier aus gesehen befindet sich das Schiffstheater fast eine Schiffslänge weiter bugwärts. Wir hatten uns für die Dirty-Dancing-Show um 12:30 Uhr angemeldet, natürlich zu zweit, aber es ist nur eine der beiden Reservierungen im System. Daran ändert auch ein Stornieren und Neubuchen nichts. Die freundliche Dame an der MSC-Servicetheke verspricht, den Fehler an das Multimediateam weiterzureichen. Und siehe da, die Ticketkontrolle vor dem Theater läßt uns beide anstandslos passieren.

Was die Showtanztruppe an diesem Nachmittag auf die Bühne zaubert, hat echte Weltklasse und stellt sogar den in das zweistündige Programm integrierten Kinofilm in den Schatten, so überzeugend ersetzt die Livemusik den echten Soundtrack. Erhalten geblieben sind die gesprochenen Dialoge der Darsteller – natürlich unsynchronisiert, da wir uns ja im selben Sprachraum befinden wie Hollywood.

Von der Show existiert auch eine kürzere, nur aus den Musiknummern bestehende Version, sie steht auf dem heutigen Abendprogramm, und natürlich lassen wir uns auch die nicht entgehen. Nach dem Abendessen.

Category: Allgemein, MSC 2025  Comments off

Ein Transfertag

Der Weg zum warmen Wasser führt über das kalte. So könnte das Motto einer Atlantik-Schiffslinie lauten, es trifft aber auch auf die Duscharmaturen des Hyatt Hotels in Miami zu. Was hier nämlich auf den ersten Blick wie ein üblicher Zwei-Wege-Hebel aussieht, kennt ähnlich einem Uhrzeiger nur eine Drehrichtung: von der 6 (geschlossen) über die 3 (kalt) zur 9 (warm), eine Mengenregelung gibt es nicht.

Das Hotel hat seine besten Jahre bereits hinter sich, wie unschwer an den verschlissenen Sitzmöbeln des Frühstücksraumes zu erkennen ist. Aber es ist alles sehr sauber. Gegessen wird mit Einwegbesteck von Einwegtellern, und auch die Speisenauswahl ist alles andere als üppig. Aber es schmeckt, und das ist ja die Hauptsache. Bevor wir das Hotel verlassen, brauchen wir noch kurz die Hilfe des Rezeptionisten, denn wir müssen unsere papierenen MSC-Kofferbänder an die Koffer heften. Was heißt Kofferanhänger auf englisch? Suitcase Trailer! Und die Heftklammern heißen Staples. 

Wer sich zu einem Flughafen bringen läßt, will in der Regel irgendwohin wegfliegen. Aber keine Regel ohne Ausnahme: unser Ziel ist heute der Meeting Point für den Transfer zum MSC-Terminal. Aber wo sich dieser Treffpunkt befindet, wissen wir selber noch nicht so genau. Wie soll man da einem Uber-Fahrer ein Ziel vorgeben? Die App schlägt diverse Airlines vor, wir wählen einfach diejenige, die vom Terminal D fliegt, wo wir uns am Carousel #25 melden sollen.

Erfahrungsgemäß sind Uber-Fahrer nicht sonderlich erfreut, wenn der abreisende Gast auf eine andere Ebene gebracht werden will als der nachfolgende Fahrgast abgeholt. Sie müssen dann nämlich eine zeitraubende Ehrenrunde um den ganzen Flughafen drehen. Und so stehen wir wenig später vor den Abflugschaltern der American Airlines. Was meint die MSC denn nun mit Carousel #25? Zum Glück sind die meisten Amerikaner sehr hilfsbereit, und man schickt uns eine Ebene nach unten, zu den Kofferbändern. Ach so, die sind gemeint! Tatsächlich wartet gegenüber von Band 25 die MSC-Truppe auf ihre Transfergäste.

Zum Hafen dauert es mit dem Bus etwa eine halbe Stunde, mit dem ganzen Drumherum eine Stunde. Die Stadt scheint auf den ersten Blick nur aus Wolkenkratzern zu bestehen, zwischen denen vielspurige Highways verlaufen. Und sollten die letzteren nicht mehr ausreichen, baut man einfach eine zweite Ebene über die erste. Auf den zweiten Blick sehen wir aber auch viele kleine Häuser mit Gärten, die von einer weniger verbauten Epoche künden.

Das Kreuzfahrt-Terminal wurde eigens für die MSC World America gebaut und ist den gewaltigen Dimensionen des Schiffes angemessen. Unsere Boarding Time wäre eigentlich erst um 16 Uhr gewesen, aber wir dürfen auch um 11 Uhr schon aufs Schiff. Natürlich ist die Kabine 11532 noch nicht fertig, so dass wir erst einmal die verschiedenen Decks erkunden. Die Koffer haben wir beim Bus zurückgelassen, sie werden vom Personal an die jeweilige Kabinentür gebracht. Wie wir nun aber so das Schiff durchstreifen, sehen wir mit einem Mal irgendwo unsere beiden Koffer stehen. Die nehmen wir doch gleich mit! Der zuständige Steward wundert sich vermutlich noch immer, warum sie plötzlich nicht mehr da standen.

Im Restaurant wurde uns der Tisch 301 zugewiesen. Das ist glücklicherweise ein Fensterplatz. Während wir nun also leckere Shrimps, ein wunschgemäß durches Steak und als Nachtisch Ananas-Sorbet – das erste in meinem Leben – genießen, setzt sich draußen die Uferlandschaft in Bewegung. Aha, wir haben abgelegt!

Für unseren ersten Abend an Bord haben wir uns in die Vorstellung von Patricia Bernier eingebucht. Die schwarzhaarige Frankokanadierin schafft es zwar, eine perfekte Show abzuliefern, einige Mitreisende beschäftigen sich aber dennoch lieber mit ihren Smartphones oder unterhalten sich mit den Sitznachbarn. Es ist zum Fremdschämen. Zum Glück sind es keine Deutschen, von denen es ohnehin nur sehr wenige gibt auf dem Schiff.

Über den großen Teich

Ohne die lästigen Reisekoffer im Schlepptau könnte man vom Hotel Meininger auch direkt zum Flughafen laufen, genauer gesagt zum Terminal 2 jenseits der Autobahn. Gegen diese Idee spricht allerdings zum einen, dass wir ans Terminal 1 müssen, zum wichtigeren anderen aber, dass es in Strömen regnet: ein Pluspunkt also für den weitaus kürzeren Weg zur S-Bahn-Station, den wir ja schon kennen.

Englischsprachige Fahrgäste dürften vom Namen der Station etwas irritiert sein: was zum Teufel meinen die mit „Frankfurt am“, also vormittags? Und gibt es neben den „Main Gateway Gardens“, also den Hauptgärten, noch weitere? Wie dem auch sei, es ist eine recht praktische Anreisestrecke, da das Terminal nur eine Rolltreppe vom Bahnsteig des nächstfolgenden Haltepunkts der S8 entfernt liegt. Praktisch ist auch, dass wir an keinen Schalter mehr müssen, sondern direkt zum Bereich Z durchgehen können. Zuerst durch die Bordkarten-Kontrolle, dann durch die automatische Passkontrolle, und dann noch einmal durch die Ausreiseschleuse mit manueller Passkontrolle. Flugs stehen wir nun im Eingangsbereich der Sicherheitsschleuse und kommen auch sofort an die Reihe: „bitte legen Sie Ihr Gepäck in eine der Schalen“. Ja, wenn nur welche da wären! Das kann der freundliche Herr auf der anderen Seite des Rollbandes allerdings nicht sehen. Eine Minute später rollt das Handgepäck aber schon los, und auch wir werden wie üblich durchleuchtet. Alles gut. Und wo ist nun das Gate Z25? Irgendwo gaaanz weit hinten links: wer Lufthansa fliegt, bucht immer auch eine Wanderreise. Etwas Wegzehrung gefällig? Für eine gewöhnliche Laugenbreze wollen sie hier vier Euro zwanzig haben. Nein, da hungern wir doch lieber ein wenig.

Der zehnstündige Flug nach Miami verläuft recht angenehm, wenn man vom etwas träge reagierenden Entertainment-System absieht. Dafür sind die Stewardessen umso fixer, und auch die Auswahl an Bordgetränken kann sich sehen lassen: Bier, Wein, Sekt und andere harte Alkoholika, Bitter Lemon, Orangensaft, Tomatensaft – die Reihenfolge spielt keine Rolle. Dazu zwei warme Mahlzeiten nach dem Motto: lerne mit Messer und Gabel essen, ohne die Ellenbogen zu bewegen.

Wir sind einen Tag zu früh in Miami, denn der morgige Flug wäre zu spät gewesen, um noch rechtzeitig die Einschiffung zu erreichen. Immerhin liegen Flughafen und Hafen an den entgegengesetzten Enden einer Sechs-Millionen-Einwohner-Metropole. Um der relativ teuren Vorverlängerung des Reiseveranstalters zu entgehen, haben wir uns auf das Abenteuer einer Übernachtung auf eigene Faust eingelassen. Unsere Wahl fiel auf das Hyatt Place Miami Airport East. Aber wie erreicht man in einer amerikanischen Großstadt sein Hotel, wenn man kein Auto hat? Der Flughafen ist mit dem Regionalbahnhof über eine eigene Bahnstrecke verbunden, den „MIA-Mover“. Von dort könnte man dann den Bus mit der Nummer 36A nehmen und am Ende noch ein Stück weit zu Fuß gehen. Oder man kann am Ausgang des Fughafens eine der netten Damen mit dem MSC-Schild fragen. Fahren Sie einfach mit dem Lift zur Ebene 2 hinunter, und gehen Sie hinaus zu der Stelle, wo die Hotelshuttles abfahren. Wahrscheinlich müssen Sie aber ein Weilchen auf den Bus zum Hyatt East warten. Gesagt, getan. Als wir eine halbe Stunde später zwar die Namen aller umliegenden Hotels kennen, aber kein Hyatt dabei war, rufe ich das Hotel an. Wir haben keinen Shuttleservice, lautet die ebenso knappe wie klare Auskunft. Nehmen Sie sich am besten einen Uber! Ah, ja.

Die Uber App will von uns, dass wir Start und Ziel der Fahrt eingeben. Das Ziel ist ja klar, aber vor welchem Terminal stehen wir denn nun eigentlich? Es gibt deren mehrere und dazu noch zwei Ebenen, nämlich den Upper und den Lower Level. Nachdem wir einigermaßen über unseren Standort im Bilde sind, fahndet die App als nächstes nach einem Fahrer für uns. Und das dauert um diese Zeit und bei diesem Andrang ein wenig. Endlich meldet sich ein Achmed, und wir bekommen ein Bild des Fahrzeugs zugestellt, das da nun kommen soll, samt Typ, Farbe und Kennzeichen. Aber das steht hierzulande ja nur hinten am Auto. Noch 150 Meter, noch 10 Meter, und da rollt es auch schon heran. Die Kreditkarte kann bei diesem Service übrigens stecken bleiben und das Bargeld natürlich sowieso: der Betrag wird direkt über die App abgebucht. Ein wenig irritiert nimmt Achmed bei Fahrtende unsere drei Dollar Trinkgeld entgegen: andere Länder, andere Sitten.

Das Hyatt Hotel ist ein wenig anders als wir es von Europa gewohnt sind. Zum einen öffnet sich die Glastür am Eingang erst, nachdem man den Klingelknopf gedrückt hat. Zum anderen befindet sich die Rezeption ein Stockwerk höher. Dass wir für morgen ein Frühstück mitgebucht hatten, wußte ich gar nicht mehr und steht auch nicht in der Bestätigung. Dafür aber insgesamt 4 Erwachsene und drei Kinder. Aber das war wohl ein Systemfehler, denn ganz so groß ist das Zimmer nun auch wieder nicht.

Category: Allgemein, MSC 2025  Comments off

Formulare, Formulare

Jedes Land hat so seine Einreisebestimmungen. Will man zum Beispiel in die USA einreisen, darf man vorher kein Land bereist haben, das den Terrorismus unterstützt. Nach US-Auffassung gehört neuerdings auch Kuba zu diesen Staaten. Und wir waren auf Kuba. Das war zwar vor 2021, aber aus unerfindlichen Gründen greift das ESTA-Einreiseformular 10 Jahre weiter zurück und fragt sogar noch einmal ausdrücklich, ob man diesen Punkt wirklich mit ja beantworten will. Huch? Wird einem dann etwa die Einreise verweigert? In unseren Pässen hat die Kubareise keine Spuren hinterlassen, die sind nämlich neuer. Also verheimlichen? Wir fragen beim Reiseveranstalter nach, und der rät uns, lieber wahrheitsgemäß zu antworten. Banges Warten, dann die Erleichterung: „Welcome to the USA“.

Seltsame Fragen hält jedoch auch das Check-in der Lufthansa für uns bereit: wir sollen die Adresse unseres Reisezieles angeben. Zum Glück hat der Verfasser des Formulars mitgedacht und bietet als mögliche Antwort „Kreuzfahrtschiff“ an. Und die Postleitzahl? Hat ein Schiff eine Postleitzahl? Oder darf ich das Feld leer lassen? Nein, darf ich nicht: es ist ein Pflichtfeld. Soll unsere Reise etwa an so einer Kleinigkeit scheitern? Verzweifelt suche ich bei Wikipedia nach der Postleitzahl von Miami. Erwartungsgemäß gibt es davon mehr als nur eine. Vom Mut der Verzweiflung ergriffen schreibe ich 33xxx ins Feld, und siehe da, meine Eingabe wird akzeptiert.

Da wir von Frankfurt starten, haben wir einen „Zug zum Flug“: der ICE unserer Wahl fährt drei Minuten vor zwölf. Theoretisch. Wenn keine Personen im Gleis sind. Das kommt zwischen Nürnberg und Fürth alle paar Tage vor und bewirkt, dass wir unsere Heimatstadt erst eine Viertelstunde später verlassen. Halb so schlimm, wir haben ja Zeit, da wir wegen der relativ frühen Abflugzeit schon am Vortag anreisen.

Im Gegensatz zu uns hat unser Gepäck einen Fensterplatz – der Abteildesigner der DB hatte offenbar einen schlechten Tag. Und so bekommen wir von der schönen Frühlingslandschaft leider nur einen schmalen Ausschnitt zu sehen. Zum Ausgleich möchte man das Wenige aber durch allerlei Fortkommenshindernisse zumindest ein wenig in die Länge ziehen: mal fehlt es plötzlich am Betriebsstrom, weil ein anderer Zug die Oberleitung heruntergerissen hat, und der unsere gerade noch mit letzter Kraft in den Bahnhof Rohrbach einrollt. Der Schaden ist zwar schnell behoben, doch müssen wir nun aufgrund der Verspätung einem langsameren Regionalzug hinterher schleichen. Am Ende stehen 19 Minuten auf der Verspätungsuhr.

Da wir ja bereits für den Flug eingecheckt sind, können wir unsere Koffer einfach an einem der Drop-off Schalter abgeben, die es für Lufthansa-Gäste erfreulicherweise nicht nur direkt im Terminal, sondern auch bereits im Verbindungstrakt vom Fernbahnhof her gibt. Was aber früher die freundlichen Damen und Herren am Schalter erledigt haben, übernimmt der Fluggast heute selbst: Kofferanhänger ausdrucken, um den Koffergriff schlingen – an der langen Seite, schallt es von hinter der Kofferwaage hervor – zusammenkleben, den Koffer auf die besagte Waage wuchten und per Tastendruck bestätigen, dass sich keine gefährlichen Gegenstände darin befinden. Schon kann man sich erleichtert der S-Bahn zuwenden, denn das Hotel Meininger liegt eine Station weiter in fußläufiger Entfernung zum Bahnhof „Gateway Gardens”.

Allmählich meldet sich nun der Hunger zu Wort, ud so brechen wir gleich wieder auf, um von der Hotelmeile an den Hauptbahnhof zu fahren, wo die Versorgungslage deutlich besser ist. Asiatisch frisch gestärkt decken wir uns im Supermarkt gegenüber noch kurz mit Getränken ein, ehe wir nun endgültig das Nachtquartier beziehen.

Category: Allgemein, MSC 2025  Comments off

Ein Stift ohne Garten

Wien war wieder einmal sehr schön, einziger Wermutstropfen ist und bleibt die lange Autofahrt, die aber dem Wunsch geschuldet war, endlich auch einmal das Stift Melk zu besuchen, das etwa 100 Kilometer westlich von Wien an der Donau liegt, markant und weithin sichtbar auf einem Felssporn über dem gleichnamigen Ort. Manchmal erweist es sich als Glücksfall, einen Wegweiser verpaßt zu haben, denn das verschlafene kleine Städtchen bietet einen viel schöneren Zugang zum Stift als der Besucherparkplatz weiter oben. Ein schmaler und auch nicht sehr langer Fußweg führt hinauf.

Das Kloster verfügt über ein Museum zu klösterlichen Themen, einen Marmorsaal, eine prachtvolle Bibliothek und eine nicht minder schöne Barockkirche mit herrlichen Deckengemälden. Saal und Bibliothek sind durch eine Terrasse verbunden, die einen weiten Ausblick auf das Donautal gewährt.

Auf der talabgewandten Seite gibt es noch eine Bastion mit ebenfalls einer Dachterrasse, zu deren Füßen sich der Stiftsgarten erstreckt. Leider liegt er noch im Winterschlaf, und seine Tore sind verschlossen. Schade. Aber es bräuchte ohnehin noch ein paar mehr solcher warmer Frühlingstage wie heute, damit sich im irdischen Paradies das erste Grün zu regen beginnt. Und so findet der Besuch von Stift Melk seinen Abschluß unten im Städtchen bei Kaiserschmarren und Pizza.

Man tankt in Österreich übrigens deutlich günstiger als zuhause, insbesondere wenn man zwischen Linz und Passau die Landstraße entlang der Donau nimmt und dort auf eine Automaten-Tankstelle trifft: 1.448 € pro Liter, also rund 25 Cent weniger als zuhause. Hinderlich ist aber natürlich, so lange noch an der neuen Umfahrung gebaut wird, die Strecke durchs Linzer Stadtgebiet.

Category: Allgemein, Wien 2025  Comments off

Die seltsame Kaiserin

Schloss Schönbrunn erreicht man mit der U-Bahn-Linie 4, hat dann aber noch ein gutes Stück Fußweg zum Schlosstor. Oder man nimmt den Linienbus, der einen fast direkt bis ans Ziel bringt, inklusive einer Sightseeing-Tour durch eher selten besuchte Stadtbezirke von Wien. Den weitläufigen Vorhof muss man freilich in jedem Fall überqueren, ehe man schließlich samt Audioguide im ersten Saal steht. Aber welche Nummer eintasten? Irgendwo muss das Täfelchen ja sein! Über der Tür zum nächsten Saal steht ganz groß eine Eins. Aha, das „O“ über dem Eingang stand gar nicht für „Ostflügel“, sondern war eine Null.

Wie beschwingt es sich doch durch die Geschichte wandern läßt, wenn Johann Strauß die Hintergrundmusik beisteuert! Der Sohn im ersten, und im zweiten der Vater: dessen Radetzkymarsch paßt ja auch viel besser zum Gardezimmer als der Donauwalzer. Von wem wohl der Billardtisch im nachfolgenden Zimmer bespielt wurde? Und warum zeigen Wände und Möbel im nachfolgenden Schlafzimmer ausgerechnet ein Stechpalmendekor? Vielleicht, damit einem das Rosenblütenmuster im folgenden Raum umso wohltuender ins Auge springt?

Jeder Raum hat seinen eigenen, oft sehr speziellen Charakter. Es gibt ein Nußholzzimmer, ein Laternenzimmer, einen Gobelinsalon oder Jagdzimmer. Das „Millionenzimmer“ ist mit Rosenholz vertäfelt und von indischen Miniaturen durchwoben. Im Spiegelsaal soll der sechsjährige Mozart 1762 ein Konzert gegeben und danach die Kaiserin abgebusselt haben. Oder vielleicht auch umgekehrt. Und im Speisezimmer erfährt man ganz nebenbei, welches die Leibgerichte des Kaisers waren: Wiener Schnitzel, Rindsgulasch, Tafelspitz und natürlich Kaiserschmarrn. Darum heißt er ja auch so.

Der Schlosspark ist um diese Jahreszeit noch relativ uninteressant, weil winterlich kahl. Bestenfalls zeigen sich an sonnenexponierten Stellen ein paar Gelbsternchen oder blaue Veilchen. Aber man sich eine Bank suchen und die wärmende Frühlingssonne genießen. Wenn jetzt noch ein freundlicher Kellner vorbei käme und die Bestellung für einen Apfelstrudel und einen Verlängerten aufnähme! Nun, den besten Strudel von Wien soll es im Café Museum am Karlsplatz geben – vorausgesetzt, man findet den richtigen U-Bahn-Ausgang. Operngasse, hier muss es sein! Tatsächlich kann man das Café schon von der Rolltreppe aus sehen, und auch ein Platz an der Sonne ist schnell gefunden.

Den richtigen Aufgang muss auch finden, wer vom Karlsplatz den Linienbus 2A zum Sisi-Museum nehmen will. Natürlich käme man im aktuellen Verkehrsgewühl zu Fuß schneller voran, allerdings eben auch deutlich stressiger.

Der Eingang zum Sisi-Museum ist schnell gefunden, man darf sich nur nicht davon irritieren lassen, dass zuerst noch die Kordel beiseite genommen werden muss. Wahrscheinlich versucht man so die Besucherströme etwas zu entzerren, denn im Museum geht es relativ eng zu. Vermittelt wird die Lebensgeschichte einer Frau, die ihren Untertanen oft ein wenig seltsam vorgekommen sein muss, vor allem ihrer ausgiebigen Reiselust wegen, die angeblich ihrer Gesundheit dienen sollten, im Grunde genommen aber eher eine Flucht vor dem strengen Regiment ihrer Schwiegermutter darstellten, der nachgesagt wurde, sie sei der einzige Mann bei Hofe. Zudem liebte Elisabeth die Natur und das Meer. Besondere Schaustücke des Museums sind die beiden nachgeschneiderten Kleider, das Polterabendkleid und das Ungarische Krönungskleid.

Kaum weniger drangvoll geht es in den Kaiserappartements zu, denn es sind zwischenzeitlich auch einige geführte Touren unterwegs. Die Kaiserin hatte sich hier ein Turnzimmer einrichten lassen mit allerlei Geräten, an denen sie sich schlank und fit trainierte. Das Kaiserpaar hatte getrennte Schlafzimmer: spartanisch der Kaiser, seine Kaiserin mehr weiblich-blumig.

Der heutige, letzte Abend steht im Zeichen der Czardasfürstin, deren Neuinszenierung heute in der Wiener Volksoper Premiere hat. Wie man am besten mit den Öffis hinkommt? Nun, es gibt eine U-Bahn-Station mit dem Namen „Volkstheater“. Ist man dort ausgestiegen, muss man sich für den einen oder den anderen Ausgang entscheiden. Hilfreiche Hinweise fehlen leider, und wie Murphy‘s Gesetz so einen Fall regelt, ist ja bekannt. Aber es kommt noch härter: hier ist das falsche Haus, die Wiener Volksoper ist ganz woanders. Noch bleibt aber genug Zeit, um an den Schwedenplatz und von dort mit der Linie 41 zur Währinger Straße zu gelangen, nicht ohne ein paarmal nervös registriert zu haben, dass Wiener Straßenbahnen manchmal recht lange an roten Ampeln warten müssen.

Das Haus und die Vorstellung sind die Mühe aber definitiv wert, und selbst wer die Spielhandlung vorab nachlesen mußte, wird dennoch so manche bekannte Melodie darin entdecken. Natürlich gehört zu jeder Operette immer auch eine gewisse Portion Humor, etwa wenn die zum Ball geladenen Gäste namentlich vorgestellt werden: Gräfin Mariza, Baron Ochs oder gar eine gewisse Fürstin Gloria von Theorie und Praxis.

Ohne den unbeabsichtigten Umweg über die falsche Spielstätte fällt der Nachhauseweg deutlich kürzer aus: mit der U6 zur Gumpendorfer Straße und von dort weiter mit der Straßenbahn 6 direkt zum Reumannplatz. So die vom Navi vermittelte Theorie. Leichte Bedenken weckt  allein der Umstand, dass aus der fahrenden Hochbahn heraus bereits die herannahende Straßenbahn auszumachen ist. Erfreulicherweise wartet sie aber mit offenen Türen auf umsteigende Gäste, um sie nach kurzer Wartezeit – nein, der Südtiroler Platz liegt eigentlich nicht auf der erwarteten Strecke. Das macht aber nichts, denn man kann von dort ja auch ganz ohne Zeitverlust die U1 nehmen.

Category: Allgemein, Wien 2025  Comments off

Krumme Böden und tickende Uhren

Das Kunst Haus Wien wird gerne für das Hundertwasserhaus gehalten, tatsächlich handelt es sich aber um zwei verschiedene Gebäude. Man erreicht sie, indem man am Schwedenplatz die Straßenbahn 1 nimmt, am Radetzkyplatz aussteigt und ein paar Schritte zu Fuß geht.

Im Kunsthaus ist alles anders als gewohnt: Treppen und Fußböden sind uneben, denn dem Künstler zufolge ist die gerade Linie gottlos. Und im Brunnen, der mit bunten Steinen aus aller Welt erbaut ist, fließt das Wasser bergauf.

Die erste Etage ist dem Maler Hundertwasser gewidmet. Hier finden sich seine markanten Spiralen und viele andere der für ihn typischen Werke. Ein Stockwerk weiter oben geht es dann um die Architektur Hundertwassers, exemplarisch veranschaulicht durch das Modell „Hügelwiesenland”, dessen Häuser so konzipiert sind, dass man von oben nur die begrünten Dächer oder auch Innenhöfe wahrnimmt und sonst nichts. Im kleinen Kino läuft in Dauerschleife ein Film über Hundertwassers Segelschiff „Regentag“, und man sieht den Künstler nackt wie Gott ihn geschaffen hat ein Ruderboot rudernd.

Vorgestellt werden auch Hundertwassers Projekte zur natürlichen Kreislaufwirtschaft wie etwa die Humustoilette oder die Pflanzenkläranlage.

Der Ausnahmekünstler hat übrigens auch Landesflaggen entworfen und Bücher geschrieben. Es ist zudem anzunehmen, dass er seine Korrespondenz mit Hundertwasser-Briefmarken frankiert hat. Sicher hat er zu seinen Lebzeiten auch das Café im Erdgeschoß des Museums besucht und dabei gelegentlich jenes Örtchen aufgesucht, zu dem ein pinkelndes Kachelmännchen den Weg weist.

Wieder draußen auf der Straße gilt es, das von Hundertwasser gestaltete Wohnhaus zu suchen. Es liegt ein paar Straßen weiter und praktischerweise direkt an einer Straßenbahnhaltestelle.

Irgendwo im Ersten Bezirk befindet sich an etwas versteckter Stelle ein kleines Museum, das auf drei Etagen die Geschichte der mechanischen Uhren veranschaulicht, angefangen vom Mittelalter mit seinen schweren Turmuhren über die Zeit des Biedermeier bis hin zu den modernen Chronometern der Gegenwart.

Wie viele Zeiger hat eine Uhr? Nun, vor der Erfindung der Digitalanzeige hätte man auf diese Frage sicher mit „zwei“ oder „drei“ geantwortet, aber was eine richtige astronomische Uhr ist, braucht erheblich mehr davon und kommt auch nicht mit nur einem Ziffernblatt aus: die Astronomische Kunstuhr des Augustinermönchs David a Sancto Cajetano, zu ihrer Zeit ein viel bestauntes Wunderwerk, zeigt nicht nur die Stunden und Minuten an, sondern auch die Umlaufzeiten der Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn, dazu diverse periodische Parameter der Mondbahn, den Sonnenzirkel und vieles mehr.

Bei aller Bewunderung für die wuchtigen Zeitmaschinen sollte man aber auch die kleinsten Objekte des Uhrenmuseums nicht links liegen lassen: hier eine Taschenuhr mit verborgenem erotischem Motiv, dort eine in Form einer kleinen Geige.

Jede Epoche hatte ihre eigenen Uhrentrends. Eine Bilderuhr zum Beispiel wirkt auf den ersten Blick wie ein Ölgemälde, das an irgendeiner Stelle einen Kirchturm oder ähnliches zeigt, mit einer funktionierenden Uhr als Bildbestandteil. Die Vogeluhr wiederum läßt zur vollen Stunde ein kleines mechanisches Vögelchen zwitschern, und die in der Gaslaterne verbaute Schaltuhr öffnet zur passenden Tageszeit ein kleines Ventil samt Zünder, um die Beleuchtung zu aktivieren.

Eine schrankgroße Zimmerorgel ist mit einer sich drehenden Walze ausgestattet, deren Stifte allerlei Melodien hervorbringen, darunter auch ein Werk von Johann Strauss. Hörbar wird das alles aber nur auf dem Smartphone oder vielleicht bei einer Führung.

Ach ja, die Musik! Alle wollten sie in Wien, der Hauptstadt der Musik, leben und arbeiten. Aber einer von ihnen hat im Laufe seines kurzen Lebens mehr Wohnungen bewohnt als alle seine Kollegen zusammen. Von Michaeli 1784 bis Georgi 1787 bewohnte er zum Beispiel eine Etage jenes Hauses in der Großen Schulerstraße, das danach lange Zeit als Figarohaus bekannt war, heute aber allgemein Mozarthaus genannt wird. In keiner Wohnung blieb Mozart so lange. Hier war 1785 sein Vater Leopold Mozart zu Gast, hier fand  im Februar desselben Jahres der denkwürdige Besuch Joseph Haydns statt, und im Frühjahr 1787 soll auch noch der junge Beethoven hiergewesen sein. Viele bedeutende Werke sind an diesem Ort entstanden, darunter die Oper „Le nozze di Figaro” und mehrere Klavierkonzerte. Auch Mozarts Sohn Thomas Leopold wurde 1786 hier geboren, starb aber im Alter von nur einem Monat.

Wie das Wolferl und sein Stanzerl gelebt haben und welche Möbel sie besaßen, geht aus einem Bestandsverzeichnis hervor, das nach seinem Tod aufgenommen wurde. Fest steht, dass Mozart auch über einen gut sortierten Weinkeller verfügte. Edle Tropfen findet man dort heute zwar keine mehr, sehr wohl aber ansprechende Konzerte.

Wie herrlich es doch ist, auf dem Nachhauseweg durch die abendlichen Gassen Wiens noch ein wenig über das Gehörte zu plaudern, ehe man sich schließlich der Wiener U-Bahn anvertraut und mit den anderen Fahrgästen ein wenig „Reise nach Jerusalem“ spielt, denn während man noch dem letzten Aussteigenden Platz macht, sieht man schon den einen oder anderen Fahrast, der an seiner Tür mehr Glück hatte, den letzten freien Platz ansteuern – Pech gehabt. Aber so eine Fahrt mit den Wiener Linien dauert ja nicht lange. Bei den Straßenbahnen ist das freilich anders, die stehen oft frustrierend lange an der roten Ampel. Aber vom Stephans- zum Reumannplatz geht ja die U1, und wir müssen noch nicht einmal umsteigen.

Category: Allgemein, Wien 2025  Comments off

Rund um den Zirkus

Man kann nach Wien mit dem Zug reisen oder mit dem Auto. Welche Variante vorteilhafter ist, hängt vom Preis der Bahnfahrt ab und von eventuellen Zwischenzielen. In der Donaumetropole selbst ist das Auto allerdings wenig nützlich und kann in der Tiefgarage Reumannplatz bleiben, ganz in der Nähe unserer Ferienwohnung „Steiner Residence”.

Ein charakteristisches Merkmal des Stadtviertels „Favoriten“ ist sein rechteckiges Straßenraster mit wechselnden Einbahnstraßen und jeweils einem Kurzparkstreifen. So bleibt noch genug Platz für den breiten, in beide Richtungen befahrbaren Fahrradstreifen. Die erlaubte Viertelstunde, für die man eigentlich einen Parkschein bräuchte, reicht gerade so zum Ausladen und Hochtragen der Koffer, denn wir sind im zweiten Stockwerk untergebracht, und das Haus hat keinen Lift.

Wohnungsgrundrisse gibt es in vielen Varianten, das Appartement 15 liegt genau über der Diele und hat auch die Form einer solchen: auf der rechten Seite folgen dem Klo zunächst die längs liegende Küchenzeile und dann das Duschbad, bevor man am Ende das quer eingebaute Doppelbett erreicht. In die andere Richtung führt der Weg über den Balkon ins sogenannte Wohnzimmer, das aber ein Esszimmer mit Tisch und zwei Stühlen ist. Natürlich gibt es einen Flachbildfernseher und einen Safe und in der Küche neben Kühlschrank, Herd und Spülmaschine ein Mikrowellengerät, eine Nespressomaschine sowie Gläser, Geschirr und Besteck. Hier werden wir uns wohl fühlen, zumal auch ein großer und schöner Hofer-Supermarkt nur ein paar Schritte entfernt liegt.

Für unseren ersten Abend in Wien haben wir eine Zirkusvorstellung gebucht. Es ist kein gewöhnlicher Zirkus, sondern der kanadische „Cirque du soleil” mit seinem Programm „Kurios“. Auf den Eintrittskarten ist zwar eine Adresse angegeben, aber leider keine Empfehlung für den Nahverkehr. Das Navi schlägt vor, an der Haltestelle Baumgasse der Straßenbahnlinie 18 auszusteigen und von dort ein paar hundert Meter zu Fuß zu gehen, teils an der Straße entlang und teils zwischen den Häusern hindurch. Wenn da nur kein Zaun wäre! Aber es gibt ja andere Suchende, die man fragen kann, und schon findet man die passierbare Lücke und steht – vor der Rückfront des riesigen Zirkuszeltes. Vielleicht hätten wir doch von der anderen Seite kommen sollen!

Abgesehen davon, dass wir zum Aufgang 7 müssen und es nur Aufgänge von 1 bis 4 gibt, kann nun nichts mehr unsere Vorfreude trüben, zudem nun auch die bisher vermißten Zugangstreppen enthüllt werden.

Das Zirkuszelt ist riesig, und rund um die Manege sind allerlei geheimnisvolle Gerätschaften angeordnet, deren Funktion sich sicher bald erschließen wird. Und dann kommen sie auch schon, die unglaublich phantasievoll kostümierten Clowns und Artisten, und fesseln uns mit einer Vorstellung voller waghalsiger Kunststücke, begleitet von Spannung und Live-Musik. Besonders in Erinnerung bleibt die pantomimische Raubtierschau, aber auch der auf einer wackeligen Stuhlpyramide balancierende Akrobat oder die waghalsig durch die Luft fliegenden Artisten.

Category: Allgemein, Wien 2025  Comments off

Mit Sisi durch die Unterwelt

Was wäre ein Besuch in Wien ohne eine Begegnung mit der berühmten „Sisi”, wie sie heute jeder nennen darf, auch wenn er nicht wie damals zum engsten Familienkreis gehört? Eine ganz neue Art, die liebreizende junge Kaiserin aus der Nähe kennenzulernen, ist die virtuelle Bootsfahrt, wie sie vom „Sisi Amazing Journey” in der Habsburgergasse angeboten wird.

Die Fahrplanauskunft der Wiener Linien sollte man allerdings besser nicht befragen, wie man vom Hotel aus dort hingelangt. Denn anstelle des Linienbusses, der seine Haltestelle direkt an der Oper hat und auch, kaum dass man dort aus der D ausgestiegen ist, auch schon angefahren kommt, schlägt sie einen viertelstündigen Fußmarsch vor. Ob man nun läuft oder fährt, ist letztlich aber egal, denn das gebuchte Zeitfenster ist ja in beiden Fällen dasselbe.

Die Tour beginnt mit einem Einführungsfilm, dann wird die kleine Gruppe zu einem Raum geleitet, in dessen Mitte ein hölzernes Boot steht, mit Sitzbänken, über denen für jeden Passagier ein VR-Headset baumelt. Man nimmt also Platz, setzt die Taucherbrille auf – und findet sich wenige Augenblicke später zwar in demselben Boot, jedoch in völlig veränderter Umgebung wieder. Zudem scheint der Bootsrumpf auf dem Wasser zu schaukeln, während eine sympathische Gestalt, die sich als Kaiserin Elisabeth vorstellt, im Bug Platz nimmt und auf eine gewinnend herzliche Art, die sicherlich auch der echten Kaiserin zu eigen war, Boot und Passagier – die Mitreisenden sind offenbar unsichtbar geworden oder sitzen woanders – durch die Wiener Unterwelten geleitet, wobei auch schon einmal falsch abgebogen wird. Welche Folgen das für den weiteren Verlauf der Tour hat, sei hier nicht verraten, nur so viel: der Bootsrumpf rüttelt und schwankt, und der Fahrtwind bläst einem ins Gesicht, als flöge man wirklich hinein ins Schloss und bis hinauf in den Schönbrunner Himmel.

Mit ähnlichen Elementen wartet auch die Time Travel Tour auf, die ihr Domizil auf der gegenüberliegenden Straßenseite hat. Am Ende der langen, in die Tiefe führenden Treppe führen animierte Gemälde von Mozart, Sisi, einem Mönch, Maria Theresia und Sigmund Freud ein lockeres Gespräch quasi von Rahmen zu Rahmen, ehe auch hier die reale Welt hinter einer VR-generierten zurücktritt, in der die Besucher zudem auf ihren Sitzen ordentlich durchgeschüttelt werden. Und was man nicht alles zu sehen bekommt: die Pest, den Bau des Stephansdoms, die gewaltigen Stadtbefestigungen, die Belagerung durch die Türken: die Wiener Kaffeehauskultur soll aus dieser Zeit stammen. Wieder zurück in der realen Welt, gelangt man an einigen prominenten und durchaus gesprächigen Habsburgern vorbei in eine Grube mit Pesttoten wie jene, in der ein gewisser Bänkelsänger Augustin aus seinem Rausch erwacht sein soll, bevor sich im Anschluß die Welt der Wiener Malerei und natürlich der Wiener Musik für einen öffnet. Zur Geschichte Wiens gehört aber auch der Anschluß an das Deutsche Reich und der Bombenkrieg, vermittelt durch den Aufenthalt in einem düsteren Luftschutzkeller, dessen Boden spürbar unter den Explosionen erzittert, so dass man am Ende beklemmter wieder hinausgeht als man hereingekommen ist. Am Ende der Tour erwärmt, nun wieder per Brille dreidimensional, eine magische Fiakerfahrt das Herz des Besuchers, während zugleich echter Schnee vom Himmel rieselt. Aha, es hat jemand die Schneekugel geschüttelt.

Zweifellos zählt Johann Strauss zu den herausragendsten Persönlichkeiten Österreichs, aber es fallen einem auch noch viele andere Namen ein. So war etwa Marie Antoinette, als Ehefrau Ludwigs XVI. Königin der Franzosen, eine Wienerin. Auch der Judenretter Oskar Schindler wurde, obschon das mährische Zwittau heute als Svitavy zu Tschechien gehört, in Österreich geboren. Und „Governator” Arnold Schwarzenegger natürlich sowieso. Im Wachsfigurenkabinett der Madame Tussaud im Wiener Prater sind sie alle versammelt, zusammen mit Größen aus Musikgeschichte und Unterhaltungsbranche wie Haydn, Mozart und der Wahl-Wiener Beethoven, aber auch Herbert von Karajan, Udo Jürgens, Andreas Gaballier sowie natürlich der unvergessene Peter Alexander. Und dann wäre da auch noch unsere geliebte „Sisi”, ihres Zeichens Kaiserin von Österreich und später eine Paraderolle für Romy Schneider, die – anders als ihr historisches Vorbild – eine echte Wienerin war.

Übrigens hat das VR-Zeitalter auch im Madame Tussauds Einzug gehalten: wer will, stürzt sich per Brille die virtuelle Berg-Isel-Schanze hinab oder nimmt, weit weniger exponiert, neben „Bergdoktor” Hans Sigl auf dem Beifahrersitz seines Mercedes Platz.

Drei Tage und zwei Nächte sind natürlich viel zu kurz, um Wien „in Strauss und Braus” wirklich auszukosten, aber es war immerhin ein Anfang, und das Jahr ist ja noch jung. Die Heimreise per ICE verläuft wie die Hinfahrt, nur in umgekehrter Reihenfolge: sowie der Zug deutsche Schienen unter den Rädern verspürt, wechselt er in den Pannenmodus. Aber das kennt man ja und kann es, die herrliche Musik von Johann Strauss noch im Ohr, entspannt über sich ergehen lassen.

Category: Allgemein, Wien 2025  Comments off

Strauss immersiv

Erst vor ein paar Wochen ist Wien um ein wichtiges Museum reicher geworden. Die Rede ist vom Johann-Strauss-Museum, untergebracht in einem schönen alten Gebäude am Karlsplatz. Derzeit besteht die Fassade allerdings aus bedruckten Stoffbahnen, hinter denen ein Gerüst um das ganze Gebäude herumreicht.

Obschon sich die Ausstellung inhaltlich so umfassend mit dem Leben und Werk des bekannten Komponisten befaßt, wie es sich eben für ein biographisches Museum gehört, ist hier nichts so, wie man es von anderswo kennt: es gibt weder Vitrinen noch Lesetexte, nicht als kleine Täfelchen und erst recht nicht in wandfüllenden Dimensionen. Alles, was dieses Museum zu erzählen hat, wird vielmehr automatisch in die am Eingang ausgegebenen Kopfhörer eingespielt, so bald man den Raum oder den Bereich vor dem Exponat betritt. Gegen versehentliches Verlassen des aktiven Abschnitts helfen Bodenmarkierungen, gegen versehentliches Stehenbleiben, weil einen die eingespielte Musik gerade so beschwingt, eigentlich nur ein Walzerschritt oder auch deren zwei. Und so gerät der Museumsbesuch über das intellektuelle Erlebnis hinaus vor allem auch zu einem akustischen.

Das gilt speziell auch für die Operettengasse mit darin eingeblendeten Vorstellungen der „Fledermaus”, des „Zigeunerbaron” oder auch des „Wiener Blut” – jene Zusammenstellung bekannter Strauss-Melodien, die der 73-jährige zwar noch autorisiert hatte, deren Uraufführung er jedoch nicht mehr erlebte. Schade nur, dass an dieser Stelle nicht der zum Bild passende Ton in die Kopfhörer eingespielt wird, sondern eine andere Stelle aus derselben Operette, was auf den Verfasser ein wenig irritierend wirkt.

Höhepunkt des Museums ist zweifellos der Immersivraum ganz am Ende des Rundgangs: hier werden alle vier Wände raumhoch mit rechnergestützten Projektionen bespielt, die auf diverse Lebensaspekte und Werke Bezug nehmen. Der konsequente Einbezug der Kopfhörer auch in diesem Bereich erlaubt zudem eine an den Standort des Betrachters angepaßte Zuspielung: erklingt in Raummitte noch das ganze Orchester, wird beim näheren Herantreten an eine Geige, ein Cello oder eine Klarinette der Ton selektiv auf eben dieses Instrument fokussiert. Nach demselben Prinzip läßt sich wenig später auch in Erfahrung bringen, was die Frauen, die in Strauss’ Leben eine Rolle spielten, zu sagen haben. Wer aber in diesem letzten Raum des Johann-Strauss-Museums einfach nur seine Musik im visuell anregenden Ambiente des Immersivkinos genießen will, braucht einfach nur auf die betreffende Passage zu warten. Es lebe der Donauwalzer!

Geht man vom Museum kommend die Operngasse hinauf und läßt hinter der Staatsoper die Albertina links liegen, steht man schon bald vor dem Wiener Theatermuseum mit seiner Sonderausstellung über Johann Strauss, die hier noch bis Mitte Juni 2025 zu sehen sein wird. Hierfür hat das im prachtvollen Palais Lobkowitz untergekommene Haus eigens seine Dauerausstellung teilweise ausquartiert, um Platz zu schaffen für die Fledermaus samt Original-Partitur, die – obschon eher unauffällig – eines der Highlights darstellt.

Natürlich geht es auch hier um das Leben und Werk des Wiener Operettenkönigs, aber auch um den Walzer an sich, dessen Grundschritt ein kleines Schulungsvideo vermittelt. Thematisiert werden auch die jährlich aus dem Musikvereinssaal weltweit übertragenen Neujahrskonzerte der Wiener Philharmoniker. Aber wer hat eigentlich die animierten Schaubilder für die diversen Orchesterbesetzungen entworfen, deren jeweils gezeigte Handhabung der Instrumente einem jeden Musiker die Haare zu Berge stehen läßt?

Vor dem Verlassen des Museums sei noch rasch ein Blick in die Sammlung Richard Techner mit den schönen asiatischen Stabpuppen geworfen, dann neigt sich die Aufnahmefähigkeit des Verfassers allmählich dem roten Bereich entgegen. Vielleicht noch ein kurzer Blick in den Stephansdom? Der ja sehr verkehrsgünstig liegt, da sich unter dem zugehörigen Platz die beiden wichtigsten U-Bahn-Linien kreuzen?

Wohin geht man in Wien, wenn man trotz aller Begeisterung für den Walzerkönig auch einmal etwas anderes sehen und hören möchte? Nun, die Wiener Bühnen bespielen nicht weniger als drei Spielstätten, von denen das Raimund-Theater derzeit eines der berühmtesten Musicals auf dem Spielplan hat, nämlich das „Phantom der Oper” in der deutsch gesungenen originalen Fassung von Andrew Lloyd Webber.

Abgesehen von ein paar Sitzen „mit Sichteinschränkung” hat das Raimund nur gute und sehr gute Plätze. Zum Glück versperrt die Säule vor dem ersten Platz der Reihe 8 ob ihrer Schlankheit die Bühne nicht wesentlich. Als noch glücklicher erweist sich jedoch der Umstand, dass trotz ausverkauftem Haus die Reihe 7 bei Vorstellungsbeginn fast vollkommen leer geblieben ist: da dürfte wohl eine geschlossene Gruppe irgendwo hängen geblieben sein. Und so beginnt, kaum dass die Saaltüren ins Schloss gefallen sind, ein großes Aufrücken mit dem Ziel der eigenen Lageverbesserung. Leider währt dieses Glück nicht lange, denn schon beim ersten Applaus nähert sich von links der Kegel einer Taschenlampe, gefolgt von einer Saaldienerin mit den Vermißten im Schlepptau. Am Ende sitzen dann alle wieder auf dem Platz, der auf ihrem Ticket steht.

Die nun folgende, wirklich großartige Vorstellung hat nicht nur ein raffiniert wandlungsfähiges Bühnenbild zu bieten, sondern auch einiges an Überraschungen, Stichwort Kronleuchter. Mehr sei hier aber nicht verraten, nur eines noch: man ist schneller und bequemer wieder zuhause, wenn man an der Haltestelle Mariahilfer Gürtel der Linie 18 aus- und auch wieder einsteigt statt wie empfohlen an der Gumpendorfer Straße. Warum? Weil man dort, wo dann die Massen zusteigen, bereits im Wagen ist.

Category: Allgemein, Wien 2025  Comments off